Fricktal: Viele Kinder werden auf Corona getestet

  10.09.2020 Fricktal, Rheinfelden

In der grössten Fricktaler Kinder- und Jugendarztpraxis werden derzeit täglich rund 20 Corona-Tests durchgeführt. Die Kinderärzte raten aber von generellen Tests bei jeder Atemwegserkrankung ab.

Valentin Zumsteg

Die Corona-Tests gehören derzeit zum Alltag in der Gemeinschaftspraxis «Kinderund Jugendärzte am Werk» in Rheinfelden. «Zu Beginn der Corona-Krise haben wir relativ wenige Tests durchgeführt. Seit dem Ende der Sommerferien sind es massiv mehr. Derzeit sind es rund 20 Tests am Tag», erklärt Kinderarzt Stephan Menzinger. Er ist Geschäftsleiter der Praxis beim Rheinfelder Bahnhof, in der aktuell neun Kinderärztinnen und Kinderärzte arbeiten.

700 Tests, nur einer positiv
Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren mit Husten, Halsschmerzen und/oder Fieber sollen nach den Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit getestet werden. Die starke Zunahme der Tests hängt auch damit zusammen, dass viele Kinder und Jugendliche mit diesen Symptomen aus dem Kindergarten oder der Schule nach Hause geschickt werden, schildert Menzinger: «Ein Husten kann aber durchaus 14 Tage dauern. Also werden auch Kinder unter 12 Jahren getestet, denn solange kann niemand fehlen. Zudem ist die Betreuungssituation für viele berufstätige Eltern schwierig. Liegt ein negativer Test vor, dürfen die Kinder wieder in die Schule, den Kindergarten oder in die Kita», beschreibt Menzinger die Situation.

Seit Mitte März sind in der Rheinfelder Gemeinschaftspraxis insgesamt über 700 Corona-Tests durchgeführt worden. Davon fiel nur ein einziger positiv aus. «In zwei bis drei Fällen, in denen die Patienten unter anhaltendem Geruchsverlust litten, hat ein nachträglicher Bluttest nachgewiesen, dass sie sich doch mit dem Covid-19-Virus angesteckt hatten», sagt Menzinger. Insgesamt ist die Positivitätsrate sehr gering. «Ich bin mir aber sicher, dass viele Kinder und Jugendliche Corona hatten, aber an keinen oder nur ganz harmlosen Symptomen litten. Fakt ist, Kinder und Jugendliche erkranken relativ selten an Covid-19», führt Menzinger aus. Wird ein Test vorgenommen, dauert es zwischen 24 und 48 Stunden bis das Resultat vorliegt. Die Kosten für die Tests übernimmt seit Juni der Kanton.

Mehr depressive Verstimmungen
Während des Lockdowns, als die Schulen geschlossen blieben und die Kinder und Jugendlichen ihre Freunde nicht treffen konnten, gab es gemäss Menzinger eine deutliche Zunahme von depressiven Verstimmungen unter den Jungen.

Im Hinblick auf den kommenden Winter und die Grippesaison macht er sich etwas Sorgen: «Es ist fast unmöglich, die Symptome von Influenza und Corona auseinanderzuhalten. Generelles Testen bei jeder akuten Atemwegsinfektion bei jedem Kind ist weder zielführend noch praktikabel.» In diesem Zusammenhang verweist er auf eine Mitteilung des Ber u fsverbandes der Schweizer Kinder- und Jugendärzte: «Generelles Testen führt nicht zu einer Beruhigung und Stabilisierung des Schulalltags, sondern im Gegenteil zu vielen Schulabsenzen und Klassenschliessungen», heisst es darin. Stephan Menzinger und seine Kollegen wünschen sich, dass mit Augenmass getestet wird und der gesunde Menschenverstand zum Zuge kommt: «Jedes Kind erkrankt in den Wintermonaten mehrmals an viralen Atemwegsinfektionen. Die Forderung, alle bei jeder Neuerkrankung zu testen, überlastet die Kapazitäten von Praxen, Notfallstationen und Testzentren.» Stephan Menzinger ist aber optimistisch, dass bis Anfang 2021 ein Impfstoff verfügbar sein wird.


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