«Schon als Kind liebte ich es, Geschichten über früher zu hören»

  26.09.2020 Persönlich, Sisseln

Seit 50 Jahren ist Karoline Käser über Pro Senectute für die Senioren in Sisseln da

Seit ihrem 27. Lebensjahr engagiert sich Karoline Käser für die älteren Menschen in ihrem Wohnort Sisseln. Zu Beginn leitete sie das Seniorenturnen, später wurde sie Ortsvertreterin der Pro Senectute Aargau und organisierte deren Mittagstisch. In Zukunft möchte sie letzteren gerne als Gast besuchen.

Birke Luu

Karoline Käser ist der Rummel um ihre Person nicht ganz geheuer. Doch wenn man sich 50 Jahre lang aus vollem Herzen ehrenamtlich engagiert, dann darf das auch bekannt werden. So etwas ist schliesslich keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Leistung. Eine Lebensleistung.

Schuld an allem war wohl, dass Karoline Käser mit 27 Jahren Vorturnerin beim Frauenturnen in Sisseln war. Aus diesem Grund kam Pro Senectute auf sie zu, um auch in Sisseln ein Seniorenturnen einzuführen. Die junge Frau zögerte nicht lange, sagte zu. «Etwas für Ältere zu machen fand ich als Kind schon toll», erklärt die heute 77-Jährige diese Entscheidung. Sie hatte eine Grossmutter, die viel krank war und der sie oft geholfen hat. Deren Dankbarkeit war eine sehr positive Erfahrung, die sie stark geprägt und tief beeindruckt hat. Nach verschiedenen Prüfungen, die gebürtige Steinerin lacht bei dieser Erinnerung, durfte sie dann die neue Seniorenturngruppe leiten. «Das war eine schöne Zeit und hat uns allen viel Spass gemacht!» Selbst ihre kleinen Kinder durften später mitturnen, woran die ältere Generation grosse Freude hatte. Überhaupt haben sich die Senioren immer sehr auf das Mittagsturnen gefreut, erzählt Karoline Käser. «Früher sind die Alten nicht so oft fortgekommen wie heute. Das Turnen war damals also um einiges spezieller, zumal viele der älteren Leute davor noch nie in einer Turngruppe waren», erläutert sie.

Faszinierende Geschichten
Karoline Käser muss ihre Aufgabe sehr gut erfüllt haben, denn 1987 wurde sie Nachfolgerin von Heide Kneubühl als Ortsvertreterin von Pro Senectute in Sisseln. Nun leitete sie den monatlichen Mittagstisch, machte Geburtstagsbesuche bei den 75-Jährigen und war für die Herbstsammlung zuständig. Diese Spendensammlung, die früher «von Haus zu Haus» erfolgte, werde in Sisseln inzwischen zum Glück durch Postversand durchgeführt.

Die Geburtstagsbesuche hingegen machte sie gerne. «Ich habe ein paar Tage nach dem Geburtstag einfach geklingelt, ein Geschenk vorbeigebracht – und blieb dann bis zu drei Stunden bei jemandem, der bis dahin noch ein vollkommener Fremder war», lächelt die Ortsvertreterin. Den Jubilaren gab sie dabei Informationen über das Sisseler Seniorenangebot oder leitete sie an die Beratungsstelle von Pro Senectute in Frick weiter. Sie selbst erhielt aber auch etwas. «Schon als Kind liebte ich es, Geschichten von früher zu hören», strahlt Karoline Käser. «Die Älteren und deren Geschichten haben mich immer fasziniert und waren meine Vorbilder – wie als Kind schon meine Grosseltern.»

Den Geschichten über frühere Zeiten konnte die Ortsvertreterin auch beim monatlichen Mittagstisch lauschen. Sie schwärmt: «Beim Mittagstisch hatten wir es immer lustig. Nach dem Essen wurde entspannt geplaudert und auch schon mal bis abends gejasst.» Rund 25 Leute zwischen 65 und 88 Jahren seien zumeist da. Senioren, die sie den ganzen Monat oft nicht sehe, denn obgleich sie im selben Ort wohnt, gehen viele Ältere nicht häufig aus dem Haus. Umso wichtiger ist der Mittagstisch, der alle zusammenbringt, unterhaltet und den gerade im Alter so wichtigen sozialen Kontakt ermöglicht.

Nicht alt genug
50 Jahre voller Begegnungen mit ihren älteren Mitmenschen – was hat sich in dieser Zeit so alles geändert? Karoline Käser überlegt. Die Senioren haben heute deutlich mehr Zeit als früher. Vor 40 Jahren haben sich viele die Stunde für den Mittagstisch freischaufeln müssen, inzwischen jedoch bleiben die meisten länger sitzen und können den Nachmittag noch gemeinsam geniessen. Zudem stellt die Ortsvertreterin fest, dass die Menschen immer häufiger «nicht alt sein wollen». Ihr Alter zumindest nicht zugeben wollen, auch nicht vor sich selbst. «Zum Mittagstisch kann ich doch nicht hin, da bin ich noch nicht alt genug», hört sie dann auch häufiger, muss Überzeugungsarbeit leisten und neue Teilnehmer aktiv ansprechen und einladen.

Gleich geblieben seien hingegen die Freude und Dankbarkeit der Senioren über die vorhandenen Angebote. Sozialen Kontakt, gemeinsames Plaudern und Lachen oder auch mal Ausflüge als Gruppe, das braucht es nach wie vor. Gerade durch die Isolations-Erfahrung während der Corona-Zeit ist dies ganz deutlich geworden. So zieht sie denn auch ein äusserst positives Fazit: «Ich habe es nie bereut, all diese Freiwilligenarbeit für die älteren Menschen zu machen. Ich bin selbst sehr gerne unter Leuten, habe viel dazugelernt und von unzähligen verschiedenen Lebensgeschichten erfahren», resümiert sie ihr 50-jähriges Engagement.

Zukünftig möchte sie nun aber kürzer treten, eine Nachfolgerin ist bereits in Sicht. Karoline Käser freut sich darauf, mal rein als Gast zum Mittagstisch gehen zu können – «Das wird eine ganz neue Erfahrung», wie sie lachend zugibt. Und wenn ihre Nachfolgerin mal Hilfe brauche, sei sie ja nicht aus der Welt. Was sie ein halbes Jahrhundert lang mit Herzblut und Engagement aufgebaut hat, das wird sie auch in Zukunft nicht kaltlassen. Denn der Aufbau der Pro Senectute Seniorenangebote in Sisseln ist eine eindrückliche Leistung – ihre persönliche Lebensleistung. So lässt sie es sich auch nicht nehmen, weiterhin unter ihren älteren Mitmenschen dafür zu werben: «Nutzt unsere Seniorenangebote, probiert sie einfach mal aus und macht mit!»


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