«Sie sind so direkt und unverfälscht»

  05.07.2020 Hellikon, Persönlich, Wegenstetten

Christine Meier und ihr grosses Herz für Tiere

Sie ist eine engagierte Natur- und Tierfreundin: Christine Meier aus Hellikon. Auf ihrer Notpflegestation für Fledermäuse ist im Moment einiges los.

Janine Tschopp

Wunderschön ist es hier. Auf dem Fürstenhof, hoch oben über Hellikon, auf zirka 555 Metern über Meer. Christine Meier findet das auch. «Wie in den Ferien», sagt sie, als sie sich mit der Journalistin in den Garten setzt. Aufgewachsen ist sie am Stadtrand von Olten. «Die Liebe halt», antwortet sie auf die Frage, was sie denn aufs Land verschlagen habe. Ihr Mann ist auf dem Helliker Fürstenhof aufgewachsen, und sie ist vor 16 Jahren von Olten zu ihm gezogen. Nun wohnt sie mit ihm, ihren beiden gemeinsamen Kindern (12 und 14 Jahre alt) und vielen Tieren auf dem Bauernhof. Es gefällt ihr auf dem Land, und es gefällt ihr auch, bei der Arbeit, die auf einem Bauernhof anfällt, mit anzupacken.

Zu Tieren hat sie eine Affinität seit ihrer Kindheit. «Ich bin klassisch mit Meerschweinchen aufgewachsen», lacht sie. Zudem verbrachte sie als Mädchen einen grossen Teil ihrer Freizeit in der Tierhandlung vis-à-vis, um bei den Vierbeinern zu sein und mitzuhelfen. Auch nach der Schulzeit war sie oft im örtlichen Tierladen anzutreffen und lernte dann Zoofachverkäuferin und Tierpflegerin. Sie könne es einfach gut mit Tieren, sagt Christine Meier. «Sie sind so direkt und unverfälscht.» Hat sie alle Tiere gern? «Schmetterlinge nicht so. Als Kind hatte ich sogar Panik vor ihnen, weil ich mich durch sie ‹bedrängt› fühlte.»

Notpflegestation für Fledermäuse
Christine Meier und ihre Familie leben auf dem Fürstenhof zusammen mit Alpakas, Kühen und Katzen. Dann erzählt sie voller Freude, dass bei ihnen im Dach auch eine Kolonie Fledermäuse wohne. «Da kann ich nichts dafür», sagt sie ergänzend mit einem Schmunzeln. Wofür sie aber etwas kann, ist, dass derzeit zusätzlich ein paar ganz kleine, noch f lugunfähige Fledermäuse bei ihr leben. Denn als aktives Mitglied des Naturschutzvereins Hellikon betreut die 55-Jährige seit vier Jahren eine Fledermaus-Notpflegestation. Organisiert werden die Notpflegestationen durch die Stiftung Fledermausschutz. Es laufe momentan sehr viel. «Vorgestern hatte ich 13 Fledermäuse zu betreuen», berichtet sie. Dass im Frühjahr und im Sommer viel los sei, habe damit zu tun, dass dann die Jungen zur Welt kommen. Wenn diese von ihrer Mutter getrennt werden, haben sie alleine kaum eine Chance zu überleben. Gründe für die Trennung können beispielsweise Unfälle oder die Zerstörung eines Quartiers sein. Oftmals werden die «Wohnungen» der Fledermäuse durch den Menschen unabsichtlich zerstört, zum Beispiel im Zuge einer Renovation. Auch kommt es vor, dass Fledermäuse zu Katzenopfern werden. «Gerade heute Vormittag musste ich eine kleine Fledermaus deswegen einschläfern lassen», berichtet Christine Meier.

Ihre Aufgabe bei der Tierpflegestation ist es, Fledermäuse «raubflugfähig» zu machen. Das heisst, das Tier muss in der Lage sein, sich selber Nahrung zu suchen. «Das ist das einzige Ziel. Gelingt das nicht, muss ich sie einschläfern lassen.» Um die kleinen Fledermäuse «aufzupäppeln», setzt sich die Tierfreundin mit Leib und Seele ein. So nimmt sie die kleinen Säuger, die ihre Mutter verloren haben, auch mit zur Arbeit und gibt ihnen aus einer Mini-Schoppenf lasche stündlich ein paar Tröpfchen Katzenaufzugsmilch. Christine Meier zeigt der Journalistin die kleinen Fledermäuse, die derzeit von ihr betreut werden. Während sie erzählt, streichelt sie die Tiere, die nur ein paar Zentimeter gross sind, liebevoll und erzählt, dass sie zu gegebenem Zeitpunkt Flugübungen mit ihnen machen werde. «Du hast Hunger, gell», sagt sie zu einem ihrer Schützlinge, der gerade sein kleines Maul öffnet.

Aktion «Flederfreund»
Vor kurzem haben die Naturschutzvereine Hellikon und Zeiningen, mit Unterstützung des Juraparks Aargau, die Aktion «Flederfreund» ins Leben gerufen. Braune Langohrf ledermäuse verstecken sich, wie einige der anderen 30 Fledermausarten der Schweiz, tagsüber in Baumhöhlen oder Fassadenspalten von Gebäuden. Da es immer weniger natürliche «Fledermauswohnungen», wie zum Beispiel hohle Baumstämme oder aufgesprungene Borken toter Bäume gibt, werden den Tieren «Stuben» zur Verfügung gestellt. In den letzten Wochen wurden in Wegenstetten, Hellikon, Zeiningen und Zuzgen 127 Fledermauskästen aus Holzbeton aufgehängt.

Christine Meier erzählt, dass in einem nächsten Schritt auch «Wohnungen» für die Spaltenbewohner unter den Fledermäusen montiert werden. «Wir werden Anlässe organisieren, an welchen die Kinder die Kästen zusammenbauen können.»

Auch wenn es noch so schön ist auf dem Fürstenhof, wurde es nach eineinhalb Stunden Zeit, das Gespräch mit Christine Meier abzuschliessen. Denn es gibt viele hungrige Mäuler, die darauf warten, dass die engagierte Naturfreundin sie wieder füttert. Und auch ihre Familie freut sich, wenn am Mittag ein warmes Essen auf dem Tisch steht.


Flederfreund werden

Die Fledermauskästen der Aktion «Flederfreund» wurden über Patenschaften und Gönner finanziert. Für 25 «Stuben» suchen die Naturschutzvereine Hellikon und Zeiningen noch Paten. Der Preis pro Stube beträgt 49 Franken. Weitere Informationen unter www.nsvhellikon.ch. Wer eine verletzte, verirrte oder geschwächte Fledermaus findet, kann Christine Meier unter der Telefon-Nummer 079 346 12 22 kontaktieren. (jtz)


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