«Ich freue mich auf die erste Trauung in Olsberg»

  11.07.2020 Magden, Olsberg

Stefanie Schmid (33), reformierte Pfarrerin in Magden und Olsberg

Seit anderthalb Jahren hat Stefanie Schmid die Seelsorge der Reformierten in Magden und Olsberg inne. Die junge Deutsche war zuvor zwei Jahre Pfarrerin in Badisch-Rheinfelden: Der Wechsel über die Staats- und Konfessionsgrenzen fiel ihr aber nicht schwer.

Boris Burkhardt

«Es stehen noch immer Umzugskisten im Pfarrhaus herum», sagt Pfarrerin Stefanie Schmid. Es ist ihr etwas peinlich; immerhin trat sie die Pfarrstelle in Magden bereits im Dezember 2018 an. Aber wer Pfarrer werden will, muss sich darauf einrichten, im Leben mehrmals umzuziehen. Bevor sie von der Pfarrwahlkommission in Magden im November 2018 gewählt worden war, verbrachte die 33-Jährige ihren zweijährigen Probedienst nicht weit weg, in der evangelischen Paulusgemeinde in Badisch-Rheinfelden. «In der Schweiz gibt es wenigstens Küchen in den Pfarrhäusern», sagt Schmid und lacht: «In Deutschland müssen wir sie selbst mitbringen.» Dennoch zügeln Pfarrer hüben wie drüben ihren vollen Hausstand, was manchen Laien überraschen mag, der sich Pfarrhäuser als voll möbliert vorgestellt hat.

Vielfältige christliche Sozialisierung
War der Umzug von Badisch-Rheinfelden nach Magden physisch also durchaus anspruchsvoll, hatte Schmid geistlich keine Probleme mit dem Wechsel. Die Evangelische Landeskirche in Baden, ihr vorheriger Arbeitgeber, ist uniert, verbindet also Luther, Zwingli und Calvin in Theologie und Liturgie: «Das hat mir schon geholfen.» Das wäre anders gewesen, wenn sie zum Beispiel aus den rein lutherischen Landeskirchen in Württemberg oder Bayern gekommen wäre. Ausserdem studierte Schmid anderthalb Jahre in Zürich, war also auch mit der schweizerisch-reformierten Tradition zuvor schon vertraut. Überhaupt hat Schmid eine sehr breitgefächerte christliche Sozialisierung quer durch alle Konfessionen erlebt: Der Vater erzog sie katholisch; als junge Erwachsene wuchs sie im freikirchlichen Umfeld auf.

Neue Gesangsbücher
Gerade wegen der vielfältigen Erfahrung ist Schmid aber etwa nicht der Meinung, die Grenzen zwischen den Konfessionen seien heute überflüssig geworden: «Es ist eher ein Beweis, dass verschiedene Lebensalter von verschiedenen Arten der Frömmigkeit angesprochen werden: Bei den Katholiken die Mystik, in den Freikirchen der Lobpreis und bei den Reformierten der Kopf.» Sie stutzt kurz und sagt dann mit entschuldigendem Lachen: «Das ist natürlich jetzt sehr pauschalisiert.» In Magden komme ihr sehr zugute, dass die Reformierten vielfach Zugezogene aus der ganzen Schweiz sind: «Sie bringen unterschiedliche Traditionen mit und sind sehr offen.» Sie sei in ihrer neuen Gemeinde «warmherzig» empfangen worden.

Für Pfarrer gelte dennoch die ungeschriebene Regel, im ersten Jahr nichts an den Abläufen der neuen Gemeinde zu ändern, sagt Schmid: «Nur neue Gesangbücher habe ich angeschafft.» Eine grössere Umstellung mit dem Wechsel in die Schweiz ist für sie die Seelsorge und das Gemeindeleben gewesen: «Es war mein Wunsch, in eine kleinere Gemeinde zu kommen. Da bleibt mehr Zeit für persönliche Kontakte.» Rund 1000 Reformierte leben im Kirchenkreis Magden und Olsberg als Teil der Kirchgemeinde Region Rheinfelden; in der Paulusgemeinde waren es mit 2500 mehr als doppelt so viele. Zur Badisch-Rheinfelder Gemeinde gehörte ausserdem die Trägerschaft eines Kindergartens und der Religionsunterricht, den Schmid in den ersten vier Schulklassen selbst gab, während das in Magden eigene Katechetinnen übernehmen.

In Magden ist Schmid für den Krabbelgottesdienst zuständig, für das «Kleine Kino» für Kinder von der ersten bis fünften Klasse und für den jährlichen Kinderkirchentag von der ersten bis vierten Klasse, an dem den Kindern biblische Geschichten erzählt werden. Genauso wie in Deutschland gehört in Magden natürlich auch der Konfirmandenunterricht zu ihren Aufgaben.

Internationales Pfarrkollegium
Eine Besonderheit hat der Kirchenkreis Magden /Olsberg jedoch, der in Deutschland so selten ist wie in der Schweiz: nämlich Olsberg. 130 der 370 Einwohner der kleinen Gemeinde sind laut Statistik reformiert; dreimal im Jahr hält Schmid den Gottesdienst in der Stiftskirche ab, zusätzlich einen an Weihnachten. An Kasualien hatte sie bisher einige Abdankungen zu gestalten – «aber noch keine Trauungen». Hinzu kommt, dass Olsberg trotz seiner geringen Grösse noch zwischen dem Aargau und Baselland geteilt ist: «Ich bin vermutlich der einzige Pfarrer in zwei Kantonen», lacht Schmid. Tatsächlich habe sie aber noch nie gefragt, wer von den Olsberger Kirchgängern aus dem Baselbieter Ortsteil kommt, der politisch zu Arisdorf gehört.

Schmid fühlt sich wohl in ihrem beruf lichen Umfeld und in ihrer neuen Heimat. Auch die Arbeit im «internationalen» Pfarrkollegium der Kirchgemeinde Region Rheinfelden mit zwei Deutschen, inklusive ihr, zwei Schweizern und einem Polen, funktioniere gut. Die Mitgliedschaft in Magdener Vereinen vermeidet sie allerdings bewusst: «Es ist mir wichtig, dass ich auch privat im Ort unterwegs sein kann, ohne überall Frau Pfarrerin zu sein.» Aber selbst im Fitnessstudio in Rheinfelden werde sie regelmässig angesprochen: «Ich bin selten unter anderthalb Stunden dort, weil immer Gespräche entstehen. Aber das plane ich so ein.» Einmal im Jahr zieht es Schmid aber noch in die Christuskirche in Badisch-Rheinfelden, wenn an Heiligabend die Weihnachtsstube als offenes Angebot öffnet, die sie in ihrer Zeit mitinitiierte.


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