«Selbst Kinder können gegen ihre Eltern gewinnen»

  20.06.2020 Magden, Persönlich, Sport

Sebastian Heijdenberg hat als überzeugter Golfer Visionen für seinen Sport

Der Golfsport hatte bislang das Image eines Luxussports. Doch in den letzten Jahren tat sich etwas. Für den engagierten Golfcoach Sebastian Heijdenberg, 37, besitzt Golf das Potential, um in Zukunft ein Familiensport zu werden.

Birke Luu

Gut, es mag sein, dass seine Sichtweise ein wenig von seiner aktuellen Lebenssituation beeinf lusst wird, schliesslich hat Sebastian Heijdenberg vor ein paar Jahren eine eigene Familie gegründet, doch seine Ausführungen zur Zukunft des Golfsports klingen plausibel – und erfrischend. Wer ist dieser Golf-Profi, der im Fricktal als Golflehrer aktiv ist?

Vom Golf-Profi zum Golf-Coach
Sebastian Heijdenberg, genannt Sebby, kommt aus Schweden, wuchs aber auch in Frankreich und der Schweiz auf. In Basel machte er seinen Schulabschluss an der International School, danach studierte er Businessmanagement in London – «als Backup, falls das mit der Profi-Golfkarriere nicht funktionieren sollte», wie der Schwede verrät. Parallel absolvierte er dort eine professionelle Golflehrer-Ausbildung, spielte extrem viel Golf und wollte Profi-Golfer werden. Doch eine Rückenverletzung stoppte seine Ambitionen. Trotz intensiver Behandlung und anschliessenden monatelangen Trainings in Dubai – «Die Wärme dort war super für meinen Rücken» – wurde dann klar, dass aus der Profi-Karriere nichts werden würde. Er musste sich neu orientieren, kehrte zu seinen Eltern, die in Basel lebten, zurück und begann nun erstmals, sich in der Schweiz richtig einzuleben. Er lernte Deutsch, arbeitete in Pratteln bei Ikea. 2011 nahm er dann eine Stelle als Golflehrer in Rheinfelden an, der Beginn seiner neuen Karriere als Coach, wobei er nun sein Business-Wissen und Golf-Know-how kombinieren konnte.

Von der Ikea-Familie zur Golf-Familie
Doch wie war Heijdenberg überhaupt zum Golf-Sport gekommen? «Wir waren eine Ikea-Familie. Mein Vater war dort ein hohes Tier und meine Eltern somit viel unterwegs, da liebte ich die gemeinsame Zeit mit ihnen.» Diese Familienzeit ergab sich beim gemeinsamen Golfen, das Sebby als Schwedischen Nationalsport mit fünf Jahren erlernte. Ab 15 trainierte er regelmässig und wurde schnell besser. Seine Profi-Karriere kam in Reichweite – und platzte jäh. Ein Grund zur Verbitterung? Nein, der smarte Golf-Enthusiast hat sich damit arrangiert und seinen Fokus neu ausgerichtet. «Ich mag Menschen, kann sie gut verstehen und möchte meinen Kunden nun als Lehrer den Golf-Sport so näherbringen, dass sie sich rasch verbessern können.» Er ist jung und dynamisch, engagiert und kann andere motivieren. Seine Passion sei heute das Coachen und Unterrichten – und natürlich seine Frau und Kinder, die ebenfalls golfen und ihn teils zur Arbeit begleiten würden. «Wir sind eben eine echte Golf-Familie», lacht der Schwede, der eine Baslerin geheiratet hat.

Vom Luxus- zum Familiensport
Sebastian Heijdenberg ist schick angezogen, ganz wie man es von einem Golfer erwartet. Dennoch behauptet er, ein Country-Boy zu sein: «Ich brauche die Stadt nicht, mag die Ruhe draussen.» Gerne campt er mit dem California-Bus, besucht damit Verwandte in Schweden. Dort sei das Golfen ein Volkssport, den sich jeder leisten könne, und gleichzeitig ein sehr soziales Event. «Es geht darum, gemeinsam draussen zu sein und Spass zu haben», erklärt er die schwedische Golf-Philosophie. Dazu passt dann auch das dortige Schneeund Eis-Golf sowie Nacht-Golf mit leuchtenden Bällen und anschliessendem Barbecue. Urban-Golf gebe es hingegen nur in Städten, Nackt-Golf kenne er nur aus Frankreich. «Alles, was die Leute zum Golfen bringt, ist genial», meint der heutige Magdener begeistert. Mit seiner Familie hätte er auch Megaspass beim Minigolf, allerdings sei er dabei schrecklich schlecht, da ja dort immer Hindernisse vor den Löchern stünden, wie er lachend zugibt. Doch als Einstiegsdroge für Familien tauge diese Golf-Variante. Und Golf, das hätte sich in den letzten 20 Jahren in der Schweiz stark verändert. Klar gebe es auch viele ältere Spieler und Clubs für Betuchte, aber das wandle sich. Migros hätte da einiges bewirkt, Golfplätze günstiger gemacht. Heute gebe es vielfach attraktive Einstiegsangebote und günstigen Gruppenunterricht, so dass dieser Sport inzwischen für praktisch alle machbar sei. Davon zeuge die hohe Nachfrage, auch im Fricktal.

Aha, also finanziell stemmbar, ein paar Plätze in der Nähe – Rheinfelden, Frick, Rickenbach (D) – und gesunde Bewegung an der frischen Luft, aber warum sollten gerade Familien auf diesen Sport fliegen? Schliesslich zeichnen sich diese durch besonders unterschiedliches Können aus? «Gerade deswegen!», versichert Sebby Heijdenberg enthusiastisch. «Trotz unterschiedlicher Level können alle zusammenspielen. Auch der Jüngste oder Schlechteste kann dabei gewinnen!» Jeder spiele gegen sein eigenes Handicap und wer das am besten meistere, habe gewonnen. So mache das auch den ungeübteren Spielern Spass. Für die anderen gelte: «Man kann diesen Sport nie perfekt machen, die Herausforderung hört nie auf», lacht der langjährige Profi.

Vom Outdoor- zum Indoor-Training
Eine Herausforderung als Coach sei, seinen Kunden das optimale Training anbieten zu können. Seit 2016 fand dies grösstenteils auf seiner Driving-Range in Grenzach (D) statt, wo er auch seine Golfschule, Heijdenberg Golf Schools, gründete. Da Golf jedoch sehr wetterabhängig ist, suchte er nach einer neuen Lösung und fand in einem alten Augster Gasthof einen Raum, der hoch genug ist, um nun sein Trainingsangebot um Indoor-Golf erweitern zu können. «Indoor-Golf ist wirklich spannend. Man kann jeden Schlag genau analysieren und wird dadurch extrem schnell besser», schwärmt er. Echte Golfplätze würden simuliert, auf denen man unter kontrollierten Bedingungen trainieren könne. Und für Kinder habe er spezielle Golf-Spiele im Angebot, so dass das Indoor-Golfen auch für diese ein Spass wäre. Doch lange Rede, kurzer Sinn, Sebastian Heijdenberg weiss, dass viele Leute in der Schweiz noch Hemmungen vor dem Golfsport haben. Und er weiss auch: «Dass es wirklich Spass macht, glaubt man erst, wenn man es selbst ausprobiert hat».


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