Beschuldigter im Mordfall vor Gericht

  17.03.2020 Gipf-Oberfrick, Laufenburg, Kriminalität

Heute Dienstag muss sich der Beschuldigte im Mordfall von Gipf-Oberfrick vor dem Bezirksgericht in Laufenburg für seine Tat verantworten. Zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus findet die Verhandlung unter Ausschluss von Zuschauern und Medienleuten statt. Die Anklageschrift wurde zur Verfügung gestellt.

Simone Rufli

Am Nachmittag des 11. April 2018 kam es in einem von Asylsuchenden bewohnten Einfamilienhaus an der Landstrasse in Gipf-Oberfrick zu einem brutalen Tötungsdelikt. Sowohl der Beschuldigte als auch sein Opfer stammen aus Eritrea. Heute nun steht der Beschuldigte vor dem Bezirksgericht in Laufenburg. Gegen ihn wird Anklage erhoben wegen Mord (Art. 112 StGB).

Der Beschuldigte attackierte sein Opfer an jenem Nachmittag im April 2018 mit einem Küchenmesser und stach mehrfach auf den Körper des Opfers ein. Gemäss Anklageschrift stach er weiter zu, als das Opfer bereits am Boden lag und zwar völlig wahllos. Weil das Opfer noch immer durch die Nase röchelte, holte er draussen einen 6 Kilo schweren Stein und schlug mehrfach mit grosser Wucht auf den Körper und den Kopf des Opfers ein. Dann schleifte er den noch immer lebenden Landsmann in den Heizungsraum im Untergeschoss, schloss die Türe hinter sich und begab sich in die Küche, wo er seine Hände wusch. Mit blutenden Händen und blutverschmierten Kleidern machte er sich zu Fuss auf den Weg zum Bahnhof Frick, wo er in ein Postauto nach Laufenburg einstieg und sich später im Spital verarzten liess. Etwa zur selben Zeit rief ein weiterer Bewohner der Liegenschaft in Gipf-Oberfrick die Polizei, nachdem er das viele Blut im Haus bemerkt hatte. Weil in der Folge eine Ambulanz vom Spital Laufenburg zum Tatort in Gipf-Oberfrick ausrückte, konnte der Zusammenhang zwischen Täter und Opfer mit derselben Adresse schnell gemacht werden. Der Beschuldigte wurde noch im Spital in Laufenburg vorläufig festgenommen. Gemäss Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin Aarau verstarb das Opfer am 11. April 2018 zwischen 14.30 und 22 Uhr (Zitat) «an einem Verbluten durch scharfe sowie stumpfe Gewalt auf nichtnatürliche Weise».

Asylgesuch abgelehnt
In der Anklageschrift wird der Beschuldigte als Einzelgänger beschrieben, der in der sonst guten Gemeinschaft der Eritreer sehr isoliert gelebt habe. Laut Anklageschrift missfiel ihm, dass die Ehefrau und die Kinder des Opfers mittels Familiennachzug in die Schweiz kommen konnten. Zitat: «Er war der Ansicht, dass dies nur möglich war, weil sie Christen sind. … Der Beschuldigte war auch der Meinung, dass das Opfer von der Gemeinde bevorzugt wurde und Vorteile genoss, die er nicht hatte.» Unter anderem sei er eifersüchtig gewesen, dass sein späteres Opfer mehr im Lernwerk arbeiten konnte als er. Der Beschuldigte war im August 2014 von Eritrea kommend in die Schweiz eingereist. Am 30. Mai 2016 hatte das Staatssekretariat für Migration (SEM) verfügt, dass er die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle und sein Asylgesuch wurde abgelehnt. Die verfügte Landesverweisung wurde zu jenem Zeitpunkt aber als unzulässig erachtet und zugunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgeschoben. Seit Juli 2016 wohnte der Beschuldigte an der Landstrasse 64 in Gipf-Oberfrick. In diesem Einfamilienhaus, dessen Zimmer einzeln vermietet werden, Küche und Aufenthaltsraum aber gemeinschaftlich genutzt werden, traf er auf sein Opfer. Gemäss Anklageschrift missfiel es dem Beschuldigten, dass er – anstatt sofort arbeiten zu können – ein Beschäftigungsprogramm besuchen und besser Deutsch lernen sollte. Zudem war er der Meinung, dass er zu wenig Geld bekomme. Das führte zu langen Diskussionen mit den zuständigen Behörden.

Das Opfer war im Juni 2014 in die Schweiz eingereist, wohnte bereits länger in Gipf-Oberfrick und wird als ruhige, zurückhaltende und respektvolle Person beschrieben, die nicht zu Gewaltausbrüchen neigte. Er erhielt regelmässig Besuch von seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern, die jeweils von Donnerstag bis Sonntag bei ihm wohnten und in der übrigen Zeit in einer anderen Unterkunft ausserhalb des Fricktals lebten.

Weitere Straftaten
Gegen den Beschuldigten wird nicht nur wegen Mord Anklage erhoben, sondern auch wegen Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB), Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB). Gemäss Anklageschrift hat der Beschuldigte der Ehefrau des späteren Mordopfers gedroht sie, ihren Ehemann sowie die beiden gemeinsamen Kinder umzubringen, nur weil sie Christen sind. Diese Drohungen und die wiederkehrenden, angsteinflössenden Begegnungen in den gemeinschaftlich genutzten Räumen versetzten die Frau in sehr grosse Angst. Damit nicht genug. Bereits Mitte März 2018 hatte der Beschuldigte eine Angestellte der Sozialen Dienste an ihrem Arbeitsplatz in Gipf-Oberfrick tätlich angegriffen und sie auch dann noch weitergeschlagen, als sie bereits am Boden lag. Die Urteilseröffnung wird gemäss Gerichtspräsident und Verfahrensleiter Beat Ackle für heute Abend erwartet.


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