Güterzug-Entgleisung in Rheinfelden erfolgte absichtlich

  31.01.2020 Brennpunkt, Rheinfelden

Warum ist im Dezember in Rheinfelden ein Güterzug entgleist? Neue Informationen zeigen, dass die Entgleisung vom Sicherheitssystem absichtlich herbeigeführt wurde, weil der Lokführer das Signal verwechselte.

Walter Herzog

Am 17. Dezember 2019, kurz vor 22 Uhr, ist in Rheinfelden ein Güterzug der SBB-Cargo-International entgleist. Der Zug war von Cava Tigozzi (Italien) nach Wanne-Eickel (Deutschland) unterwegs. Der Vorfall ereignete sich westlich des Bahnhofs Rheinfelden, auf der Höhe der Brauerei Feldschlösschen in Richtung Augarten (die NFZ berichtete). Die Lokomotive und der erste Wagen sprangen aus den Gleisen. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. «Der Güterzug hatte kein Gefahrengut geladen. Es wurde auch niemand verletzt», erklärte damals die Mediensprecherin der SBB. Der Bahnbetrieb musste vorübergehend unterbrochen werden. Die Güterwagen wurden noch in der Nacht abtransportiert, die Lokomotive in den Folgetagen. Wieso es zur Entgleisung kam, war bis jetzt nicht bekannt. Gemäss Informationen, welche der Neuen Fricktaler Zeitung vorliegen, war die Entgleisung jedoch kein Unfall, sondern absichtlich herbeigeführt, um eine mögliche Zugskollision zu vermeiden.

Gemäss Informationen aus gut unterrichteten Kreisen ereignete sich an jenem Abend beim Bahnhof Pratteln ein Personenunfall, welcher zu Gleissperrungen und Zugsumdispositionen führte. In diesem Zusammenhang musste auch der von Zürich kommende Güterzug im Bahnhof Rheinfelden gestoppt werden. Das Signal stand daher auf Rot. Dennoch fuhr der Lokführer des Güterzugs los, offenbar deutete er das grüne Licht auf dem danebenliegenden Durchfahrgleis falsch. Wie die NFZ erfahren hat, sass ein deutscher Lokomotivführer im Steuerstand, welcher erst seit ein paar Tagen bei der SBB angestellt war. Die Signalisation auf dem deutschen Bahnnetz ist anders angebracht als in der Schweiz. Bei der Bahn in Deutschland herrscht Rechtsverkehr, in der Schweiz fahren die Züge links.

Das automatische Sicherheitssystem der Bahn registrierte jedoch den fälschlicherweise losfahrenden Gü- terzug. Um eine mögliche Kollision zu vermeiden, schaltete es automatisch die Schutzweiche und leitete den Güterzug ausgangs Bahnhof Rheinfelden vom Hauptgleis auf ein Stumpengleis, ein Gleis, welches nach ein paar Metern im Schotter endet. Dort kam die Lokomotive schliesslich zum Stillstand. Auf wiederholtes Nachfragen der NFZ bestätigte die SBB gestern diesen Vorfall: «Der Zug befuhr nicht das Durchfahrgleis, sondern war auf ein anderes Gleis umgeleitet und dort angehalten worden. Nach bisherigen Erkenntnissen verwechselte der Lokführer das für ihn massgebliche Signal und fuhr in tiefem Tempo an. Der Zug fuhr über die Schutzweiche, die – wie genau für solche Fälle vorgesehen – den Zug daraufhin auf ein Stumpengleis führte, wodurch der Zug dann im Gleisbett zum Stehen kam.» Die Entgleisung des Güterzuges erfolgte somit absichtlich, um ein grösseres Unglück zu verhindern. Wie hoch der Sachschaden an der Lokomotive, an einem Güterwagen und an der Infrastruktur ausfällt, konnte die SBB noch nicht beziffern.

Die automatische Schutzweiche hat somit den menschlichen Fehler korrigiert und Schlimmeres verhindert. Dennoch war auch viel Glück dabei, dass es relativ glimpflich ablief. Einerseits hatte der Güterzug kein Gefahrengut geladen und anderseits war das Tempo der Fahrt noch nicht sehr hoch, sodass die Lokomotive und der Zug noch im Schotter, kurz vor dem Abhang, zum Stillstand kamen und nicht das Bord hinunter stürzten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der Güterzug im schlimmsten Fall mit gefährlichen Chemikalien beladen gewesen und verunfallt wäre. Das Gebiet unterhalb der Bahnlinie gilt als Gewässerschutzzone.


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