«Man muss Leute gern haben»

  26.01.2020 Persönlich, Sisseln

Respektvoll und hilfsbereit: Wer Karl Widmer kennt, weiss, diese Eigenschaften treffen eins zu eins auf den Sissler zu. Er schüttelt den Kopf, winkt energisch ab, als sich das Gespräch um seine Person zu drehen beginnt. «Es geht mir stets um die Menschen oder um eine Sache, nicht um meine Person.» Eine solche Sache ist die Erwachsenenbildung. Dafür engagiert sich Widmer seit vielen Jahren.

Susanne Hörth

Bildung hört nie auf. Davon ist Karl Widmer überzeugt. Deshalb setzt er sich auch aktiv dafür ein, dass im oberen Fricktal für bildungswillige Erwachsene ein entsprechendes Kursangebot bereitsteht. Der Sissler bemüht sich um die Erwachsenenbildung tak (Tages und Abendkurse) seit 1998. Schon vor tak war Widmer die Vermittlung von Wissen ein grosses Anliegen. So präsidierte er bis zur Zusammenlegung mit Rheinfelden 1998 den Schulvorstand der kaufmännischen Berufsschule Laufenburg. Man traf ihn in jenen Jahren auch einmal pro Woche in einem der Schulzimmer an. Er unterrichtete angehende Kauf leute im Fach Büro- und Sekretariatstechnik. «Das war ein ziemlicher Aufwand», erinnert sich Widmer. Aber trotzdem: «Das war man den Lehrlingen schuldig.» Weit über 20 Lernende hat er zudem in seinem Berufsalltag betreut. Bis zu seiner Pensionierung vor zehn Jahren war Karl Widmer vier Jahrzehnte lang Gemeindeschreiber von Sisseln.

Weiterhin eine Erwachsenenbildung
Mit der Zusammenführung der beiden kaufmännischen Schulen im Fricktal und neu nur noch einem Standort in Rheinfelden war für Karl Widmer und einigen Gleichgesinnten klar: «Wir wollten die Erwachsenenbildung nicht verlieren.» Diese wurde in der Folge unter dem Patronat des Kaufmännischen Vereins Laufenburg und ab 2007 durch den Verein Tages- und Abendkurse, kurz tak, weiter geführt. Der Kaufmännischen Verein Laufenburg wurde in jenem Jahr in den Kaufmännischen Verband Aargau West integriert. Nach wie vor setzt sich Widmer an vorderster Front für die Erwachsenenbildung im Raum Laufenburg und Frick ein. Wenn er zwar auch bescheiden abwinkt, so ist er bis heute der Dreh- und Angelpunkt von tak. Seine Treue im Vorstand wird belohnt von der langjährigen Mitarbeit der Lehrkräfte. Viele von ihnen sind auch schon 20 Jahre und länger dabei.

Es entspricht einem Bedürfnis, weiss Widmer und belegt seine Bemerkung mit den Zahlen von 2019. Es wurden 40 Kurse für Englisch, 11 für Italienisch, 20 für Spanisch, 8 für Französisch und 2 für Deutsch für Fremdsprachige angeboten und besucht. Neben dem Sprachangebot finden regelmässig auch Informatikkurse sowie PC-Kurse für Senioren statt. Unterrichtet wird nicht nur in den Schulungsräumen in Laufenburg (hinterer Wasen und Schulhaus Blauen) und Frick (Ebnet und Mehrzweckgebäude Racht). «Wir gehen auch in Firmen und bieten dort Sprach- und Informatikkurse für Mitarbeitergruppen an», so Widmer.

Was hingegen nicht mehr angeboten wird, ist die Sparte Allgemeinbildung. Unter diesem Begriff fanden bis vor einigen Jahren Kurse beispielsweise für die Erziehung, einfache Reparaturarbeiten, Bastelkurse und so weiter statt. «Zum einen war die Organisation sehr aufwändig; zum anderen aber wollten wir auch nicht die Frauenvereine mit ihren ähnlichen Angeboten konkurrenzieren.» Ebenfalls nicht mehr im Angebot ist der «Kurs für Einbürgerungswillige». Diesen hatte Karl Widmer jeweils selbst unterrichtet. «Diese Kurse waren eine Zeitlang sehr gut besucht. Seit aber der Kanton digitales Schulungsmaterial in Form von Fragebögen anbietet, hat die Zahl der Teilnehmer kontinuierlich abgenommen.»

Von wegen Aufgeben
Karl Widmer erinnert sich an die Anfangszeiten der Erwachsenenbildung im Jahre 1998. Damals hiess es: «Wir geben diesem Vorhaben höchstens zwei Jahre. Dann gibt Widmer auf.» Von wegen. Jetzt, mehr als 20 Jahre später, richtet sich der vermeintliche Aufgeber auf und lacht: «Wir sind stolz, dass es uns noch gibt.»

Dass es nicht immer einfach war, auch nicht einfacher werden wird, verschweigt er nicht. Er weiss, dass er das Zugpferd der Erwachsenenbildung tak im Bezirk Laufenburg ist. Zieht er nicht mehr, ist die Zukunft von tak ungewiss. Er sucht deshalb Leute, die im Vorstand mithelfen oder die gerne ihr Wissen und Können an andere vermitteln.

Der Erwachsenenbildung bleibt Karl Widmer (vorläufig) treu. Was er hingegen jetzt schon definitiv weiss: «Es ist ganz sicher meine letzte Amtsperiode bei der Kirchenpf lege.» Die katholische Kirchgemeinde Eiken-Münchwilen-Sisseln präsidiert er seit zehn Jahren. Ein Amt, welches ständig auch einen Spagat von der Kirchenpflege verlangt. «Es gilt, die Kirchengänger zu verstehen und dabei auch die pastorale Seite nicht ausser Acht zu lassen.» Leute, die sich für eine Aufgabe in der Kirchgemeinde zur Verfügung stellen, fehlen. «Es ist oft nicht einfach, die Vorgaben von Rom umsetzen und gleichzeitig die Erwartung der Bevölkerung erfüllen», fügt Karl Widmer als einer der Gründe an.

Zu seinem persönlichen Einsatz für das Gemeinwohl sagt der 75-Jährige: «Ich habe die Leute gern. Sich für etwas einsetzen ist wichtig und lohnt sich.» Karl Widmer weiss aber auch, dass er sich mit Rücksicht auf die Gesundheit vermehrt Zeit für sich selbst und für seine Frau nehmen muss. Er hat sich deshalb vorgenommen, sein Leben im neuen Jahr etwas bewusster zu geniessen.


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