«En Therapie wär sicher tüürer»

  29.10.2019 Frick, Musik

«Liederlich» im Fricker Meck am Samstag

Seit 21 Jahren ermöglicht die Kulturvereinigung Urschrei vielfältige Kunst in Frick. Am Samstag zogen vier bekannte Troubadours von «Liederlich», dem Schweizer Liedermacherfestival, ein zahlreiches Publikum an.

Clara Rohr-Willers

Ob in Frick, Olten, Zug oder Zürich: seit 2012 begeistert «Liederlich» alljährlich die Deutschschweizer Liebhaber der Troubadourkunst. Aus der Urformation mit dem etablierten Kabarettisten Flurin Caviezel sowie den drei Sängern Reto Zeller, Res Wepfer und Fabian Lau, die am Samstag im Meck zu hören waren, geht das «Liederlich» immer im November und im März in einer neuen Kombination «en route».

«Wer bisch du?» und «Werum bisch du do?» fragte Reto Zeller, künstlerischer Leiter und Moderator von «Liederlich», und ging auf Tuchfühlung mit den Zuhörerinnen und Zuhörern. Ob es lieber «Kunst denke» als Leere ertrage? «En Therapie isch sicher tüürer», befand er.

Dass im Publikum Kenner von Troubadourgrössen wie Jacob Stickelberger sassen, bestätigte sich, als Reto Zeller das Lied «Zwe Züg» neu interpretierte. In der modernen Version verhindert der konstante Blick aufs Handy das Liebesglück. Zu Zeiten von Jacob Stickelbergers Komposition konnte die räumliche Distanz der beiden wortwörtlich frisch Verliebten in den beiden unterschiedlichen Zügen noch nicht mit einem Telefon überwunden werden. Drei Schlussvarianten offerierte der Innerschweizer Reto Zeller dem Publikum und konfrontierte es mit den menschlichen Sehnsüchten nach Melancholie, Tragik oder eben Happy End.

«Karl vom Fricktal und Mimmo Calucci»
«De Chrigel Riesen isch am Piano», stellte der Sänger Christian Johannes Käser seinen Compagnon Christian Riesen vor, der mit einem steten lausbübischen Grinsen zu Käsers Improvisationen in die Tasten schlug oder sanft griff. Käser gewann das Publikum einerseits mit seinem authentischen Ostschweizer Akzent, andererseits mit viel Schwung und Auftrittslust. Aus Stichworten aus dem Publikum entstanden Lieder wie jenes von Karl vom Fricktal, der seine liebe Gudrun am Bez-Abschlussfest an einen Mimmo Calucci aufgeben musste, der mit schickem Scheitel und Macho-Gehabe auf den ersten Blick mehr hergab. Dass Karl und Gudrun durch einige Zufälle viel später im Leben doch noch zu einander fanden, verstand sich von selbst und führte zu fröhlichem Gelächter des Publikums, das sich an Käsers erfrischender Fabulierkunst freute. «Mich beeindruckte, dass man anhand von dreissig zufälligen Stichworten aus dem Publikum ein vierminütiges Lied improvisieren kann, welches sich erst noch reimt», fügte ein Zuschauer im Pausengespräch hinzu.

«Ein Abend voller Verantwortung und Spass»
Der deutsche Satiriker Fabian Lau ging Themen wie Sucht und Einsamkeit oder zerrüttete Ehen auf den Grund und scheute keine Abgründe. Die Direktheit des Darmstädters könnte brüskieren, doch beim Nachdenken erweisen sich seine Fragen und pastenden Antworten als durchaus berechtigt. Denn was bedeutet es, mit einem Süchtigen Weihnachten zu feiern? «Ein Abend voll Verantwortung und Spass», sang er und konfrontierte das Publikum mit den widersprüchlichen Gefühlen, mit denen man manchmal klarkommen muss. Sowohl Fabian Lau als auch Reto Zeller unterstrichen die Wirkung ihrer Gesangstexte mit Gitarrenklängen.

Eine besonders hohe klangliche und rhythmische Vielfalt an der Gitarre demonstrierte Res Wepfer, Preisträger des Salzburger Stier und Mitglied des ehemaligen Pfannestil Chammer Sexdeets. Sein analytischer, trockener Blick auf alles Menschliche und Unmenschliche, gesanglich teils nahe beim Sprechgesang, wurde von vielfältigen Gitarrenrhythmen und -klängen kontrastiert. «Läck, was hämmer alles gmacht und erreicht?», sang er. «Und was mache mer demit?»


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