«Ich bin hier viel näher am Geschehen»

  16.07.2017 Frick, Persönlich, Oberes Fricktal, Porträt

Von Simone Rufli

Er hat geputzt, gekocht, Wäsche gewaschen. Er war im Service tätig und in der Pflege und er hat im technischen Dienst mitgearbeitet. Er nimmt, wenn möglich, an den Rapporten teil, um zu hören, wie es seinen Bewohnern geht. Und dabei hätte Marco Bellafiore das alles gar nicht machen müssen. Denn er ist der Chef. «Das waren sehr wertvolle Einblicke, die ich nicht missen möchte», sagt der Heimleiter bestimmt.

 

Kontaktfreudig und offen

«Normalerweise», fährt Marco Bellafiore fort und blickt zur geschlossenen Bürotür, «steht sie offen.» Normalerweise ist der neue Heimleiter im Alterszentrum Bruggbach für alle sicht- und greifbar. Ob sich nun Heimbewohnerinnen mit ihm über die Zusammensetzung des Mittagessens unterhalten möchten, oder ein Mitarbeitender ein Problem zu besprechen hat, ob Angehörige eine Auskunft von ihm wünschen oder ein Musikverein einen Auftritt mit ihm durchgehen möchte, Marco Bellafiore ist stets bemüht, Zeit zu haben und zuzuhören. «Ich bin ein kontaktfreudiger Mensch», sagt er und lächelt. Seit dem 1. März ist der 55-Jährige Heimleiter in Frick. Zehn Jahre lang hat er als Leiter der Kommunikationsabteilung am Kantonsspital Baden bereits gefällte Entscheide gegenüber dem Personal und den Medien kommuniziert. Dann gab er einem inneren Drang nach und ist nun wieder in einer Position angelangt, die es ihm ermöglicht, selber mitzugestalten und Entscheide zu treffen. «Das war kein Blitzentscheid», betont er. «Zentrumsleitung und damit verbunden die Möglichkeit mitzugestalten und Entscheide zu fällen war für mich ein paar Jahre zuvor schon ein Thema, das ich dann aber nicht konsequent weiter verfolgt habe. Als ich zufälligerweise auf das Inserat vom Bruggbach gestossen bin, waren daher keine grundsätzlichen Überlegungen mehr nötig und der Entscheid schnell gefällt. Ich bin hier viel näher am Geschehen als in meinem vorherigen Job.» Bellafiore verfügt bereits über Führungserfahrung im Pflegebereich, hat auch schon Lernende ausgebildet.

 

Diplomierter Krankenpfleger

Marco Bellafiore ist in Wettingen als Sohn italienischer Einwanderer aufgewachsen und hat die Bezirksschule besucht, bevor er sich in Zürich an der Schule für Krankenpflege zum diplomierten Krankenpfleger ausbilden liess und sich in der Folge stets weitergebildet hat. Er wohnte über 20 Jahre lang in Fislisbach und lebt heute in Niederrohrdorf. Die beiden Töchter sind längst aus dem elterlichen Heim ausgeflogen, aber in der Region wohnen geblieben, das schätzt er sehr. Vernetzt sein, Kontakte pflegen – das ist ihm nicht nur bei der Arbeit wichtig, weshalb es für ihn auch nicht in Frage kommt, den Wohnort zu wechseln. «Ich bin immer noch im Turnverein Fislisbach – wobei im Verlauf der Jahre das Turnen schon fast ein bisschen zur Nebensache geworden ist», erzählt er und schmunzelt. Dass es ihm an Bewegung dennoch nicht mangelt, sieht man ihm an. «Das kommt vom Rennvelofahren und vom Tanzen». Bellafiore deutet auf seine sportliche Figur.

 

Eine Leidenschaft, die verbindet

Der Sport ist ihm Hobby und Ausgleich in einem. «Der Arbeitstag mag noch so anstrengend gewesen sein, nach zehn Minuten tanzen, fühle ich mich zufrieden und glücklich. Und das Tanzen verbindet mich auf eine wunderschöne Weise mit meiner Partnerin, die Tanzlehrerin ist.» Die Work-Life-Balance, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit, sei ihm sehr wichtig, betont der Heimleiter, bevor er das Gespräch kurz unterbricht, um den Telefonanruf eines Mitarbeiters entgegenzunehmen. Die Bettendisposition ist ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Heimleiter. Dazu gehört die Beratung von Angehörigen, das Abklären, wie dringlich eine Unterbringung ist, ob die Angehörigen überfordert sind, ob die Spitex bereits involviert ist. «Und wenn wir dann ein Bett haben, muss ich abklären, was es an Geräten, an Hilfsmitteln und Vorkehrungen braucht, um den Bewohner bei uns aufnehmen zu können.» Bellafiore ist auch Ansprechperson, wenn es in einem Doppel-Zimmer mal zwischenmenschlich nicht so klappt. Flexibel muss der Heimleiter sein und fähig, Prioritäten zu setzen. Droht da nicht die Gefahr, von der Arbeit vereinnahmt zu werden? –  «Nein.» Bellafiore schüttelt den Kopf. «Ich kann auch Arbeit delegieren. Die Bereichsleitungen tragen Verantwortung und haben mein Vertrauen.»

Warum hat er sich zum Mitgestalten und Verantwortung tragen eigentlich ein Alterszentrum ausgesucht? Marco Bellafiore lacht. «Wenn man jung ist, möchte man, dass sich die Patientensituationen immer schnell verändern. Dann wird man ein bisschen älter und schätzt es, dass die Veränderungen bei den Bewohnern in einem Alterszentrum langsamer vonstatten gehen. Der Betrieb ist trotzdem sehr dynamisch.» Wir machen uns auf den Weg durch die Cafeteria hinaus in den Garten. Marco Bellafiore hat für jeden und jede, die ihm begegnen ein freundliches Wort. Dann nimmt er den Faden wieder auf: «Patienten kommen heute meistens am Tag der Operation ins Spital und verlassen es sehr schnell wieder. Im Alterszentrum habe ich Zeit, die Bewohnerinnen und Bewohner über längere Zeit kennenzulernen.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote