Meisterflieger und Testpilot
14.04.2016 Möhlin, Sport, PersönlichVon Boris Burkhardt
Nein, ein Modellauto wäre Andreas Haller zu wenig. «Das hat man an einem Tag zusammengebaut», sagt der 28-jährige Möhliner. An seinem Jet BAE Hawk im Massstab 1:3,75 mit 2,55 Metern Spannweite und 3,20 Metern Rumpflänge hingegen hat er 450 Arbeitsstunden gewerkelt: Elektronik, Pneumatik, Cockpit, LED, Radbremse, Lackierung – es gibt so vieles, was es für einen Modellflieger zu beachten gibt. Und Andreas Haller kennt sich aus: Er war Schweizermeister in der Indoor-Kategorie.
Hobby liegt in der Familie
«Alles, was Schrauben hat und sich bewegt» fasziniert Haller schon seit Kindheit. Sein Vater, ebenfalls aktiver Modellflieger, ist dabei nicht unschuldig: Bereits mit sechs Jahren baute Haller sein erstes Flugzeug; mit zwölf Jahren nahm er am ersten Wettfliegen teil. Auch sein jüngerer Bruder teilt das Familienhobby. Selbst Hallers Berufswahl wurde durch seine Leidenschaft beeinflusst: Haller arbeitet als Montageleiter bei der Firma Rohrer AG in Möhlin. Die Frauen der Familie nehmen die Fliegerei ihrer Männer gelassen, wenn man Haller glaubt: «Meine Verlobte fliegt nicht selbst. Aber sie kommt mit mir auf den Flugplatz und geniesst die Sonne.»
Im vierten Anlauf hat es geklappt
Modellflug scheint ein perfekter Familiensport zu sein. Der harte Kern trifft sich jeden Donnerstag zum gemeinsamen Fliegen. Heute fliegt Haller etwa zehn Stunden in der Woche. In der Zeit, als er sich um den Landestitel bemühte, war er doppelt so oft auf dem Flugfeld. Von Anfang an war für ihn aber klar: «Das Ziel ist die Schweizermeisterschaft. Wenn ich das erreicht habe, beende ich die Wettbewerbskarriere.»
Vier Anläufe, die ihn auf die dritten und zweiten Plätze brachten, hat Haller gebraucht, bis es im März 2011 in Goldau dann endlich klappte. Gegen zwölf Konkurrenten setzte er sich damals durch. Die Europameisterschaft habe ihn allerdings nicht mehr gereizt, was zuletzt auch finanzielle Gründe habe: «Man wird dann nur noch bedingt unterstützt.» Im Modellfliegen gibt es laut Haller «Dutzende Kategorien», zu denen auch Segelflieger und Helikopter gehören.
Haller als Testpilot
Heute ist der junge Veteran vor allem mit Showfliegen beschäftigt. Auf Modellflugtagen zeigt er sein Können, in der Regel ehrenamtlich. Auch eine weitere Aufgabe habe er, wie er amüsiert berichtet: Privatpersonen geben ihm ihre neu zusammengebauten Flugzeuge, damit er sie ausgiebig testet. «Wenn es bei dir zu Bruch geht, wäre das bei mir sowieso passiert», ist laut Haller ihre Devise.
Wenn das Wetter schlecht ist und alle Modelle auf dem neuesten Stand, kann es auch vorkommen, dass sich Haller mal eine Woche nicht mit seinen Flugzeugen beschäftigt. In zwei Kellerräumen lagern drei grosse Outdoor-Flugzeuge, neben erwähntem Jet auch ein Propeller-Kunstflieger Sukhoi 29 im Massstab 1:3 mit je drei Metern Spannweite und Rumpflänge, sowie zwei Segelflugzeuge und drei kleinere Indoor-Flugzeuge – darunter eines in Rosa vom Junggesellenabschied. Eines der Segelflugzeuge hat sechs Meter Spannweite, aber nur ein Drittel des Gewichts des Jets.
Trotz unsicherer Zukunft: Er will weiter fliegen
Modellfliegen ist ein teures Hobby; auch wenn Haller nicht gerne darüber spricht: «Ich profitiere zum Glück von meinem Namen in der Szene und bekomme die meisten Teile zum Einkaufspreis.»
Wie die Zukunft des Modellfliegens in Möhlin weitergeht, ist noch offen. Bekannterweise muß die Modellfluggruppe Ficktal bis Ende des Jahres ihren Flugbetrieb einstellen. Wo, weiß Haller noch nicht; aber er ist sicher: «Ich werde hundertprozentig weiter fliegen.»