«Ich finde die Kombination Bild und Gedicht sehr schön»

  05.03.2015 Kultur, Persönlich, Oeschgen, Musik, Kunst, Oberes Fricktal, Porträt

Sie haben dem Bild- und Poesiekalender «Original Fricktal 2015» ihre Worte geliehen: sechs Autoren aus dem Fricktal. Darunter ist auch Luzia Wunderlin aus Oeschgen. Die 38-Jährige schreibt Gedichte.

Wunderlin ist in Gipf-Oberfrick aufgewachsen. Seit acht Jahren lebt sie in Oeschgen. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von vier und acht Jahren.

Vom Tagebuch zum Gedichtband

Literatur hat sie schon immer interessiert. Es sind Geschichten und die Sprache, die sie faszinieren. Als Teenager hat sie Tagebuch geschrieben. «Es sind Texte entstanden, die Gedichte waren. Ohne Absicht, Gedichte zu schreiben», erklärt sie. «Ich habe eine Ausdrucksform gesucht, um meine innersten Gefühle auszudrücken.» Später hat sie auch angefangen in der Schule Gedichte zu schreiben. Zuerst keine Reime, sondern freie Verse.

An der Kantonsschule hat sie bei einem Aufsatz ein Gedicht eingebaut. «Der Lehrer fand es super, das hat mich ermuntert weiter zu schreiben», erklärt sie. Ihre Gedichte wurden in Text- und Gedichtsammlungen sowie in Schülerzeitungen gedruckt.

Die meisten Ideen zu ihren Gedichten entstanden draussen, beim Spazieren in der Natur. «Ich sehe ein Bild in der Natur, das mein Innenleben durch ein äusseres Bild ausdrückt», erklärt sie. Oft sei es aber auch umgekehrt. Durch ein Phänomen in der Natur erkennt sie ein Gefühl wieder. Ein Gedicht beschreibt beispielsweise wie es ihr geht, wenn sie intensiv Musik hört. Es ist das Bild eines Löwenzahns. «Zuerst blüht er, dann entstehen die Fallschirmchen, die der Wind davon trägt. Das ist das Gefühl, das ich bei Musik empfinde», erklärt sie.

Viele der Gedichte sind so unterwegs entstanden. Im Fricktal. Oder beim Reisen. Dabei sind auch Gedichte über «die Heimat» entstanden. «Ich hatte immer das Gefühl, dass ich hier rauskommen muss. Vor 20 fühlte ich mich nicht zugehörig. Heute schon. Hier ist mein Platz», sagt sie.

«Eigentlich schreibe ich nur für mich», sagt Wunderlin. Mit 21 Jahren hatte sie aber die Idee, die Gedichte nach aussen zu tragen. Sie veröffentlichte den Gedichtband «Sandgrau, Tulpengrün und Lippenrot».

Daraus las sie an öffentlichen und privaten Anlässen vor. Seit einigen Jahren verschickt die Firma Remax Frick zum Jahresende Gedichte von ihr an Kunden. Diese Beiträge bestehen aus einem Foto zu einem bestimmten Thema und einem dazu passenden Gedicht. Vor kurzem hat die Kulturkommission Oeschgen eine Ausstellung von ihren Gedichten im Gemeindehaus veranlasst. Dabei sind auch Bilder, die sie gemalt hat, zu sehen. «Ich finde die Kombination Bild und Gedicht sehr schön», erklärt sie. «Ich habe versucht, zu einigen Gedichten ein Bild zu malen. Ich fühle mich aber nicht als Malerin. Ich mache es einfach gerne», erklärt sie. Zu lesen sind einige Gedichte aus ihrem Gedichtband sowie weitere, auch neuere Lieblingsgedichte von ihr.

Wunderlin hat verschiedene Gedichtformen mit Rhythmen und Versen ausprobiert. Ihre Gedichte haben aber keine starre Form oder strickten Reime. «Ich bin keine Poesie-Expertin», wehrt sie ab. Sie schreibt aus Leidenschaft. Heute etwas weniger als damals mit 20 Jahren. «Ich brauche Zeit, um alleine zu sein.» Die Themen ihrer Gedichte hätten sich aber nicht gross verändert. «Ich habe Angst, dass dasselbe Thema wieder kommt. Ich will nicht über das Gleiche schreiben», erklärt sie.

Musik, ihr grösstes Talent

Wunderlin ist Instrumentallehrerin an der Schule in Frick und unterrichtet Blockflöte. Sie hat an der Musikhochschule Zürich studiert. Blockflöte im Hauptfach und Cembalo und Geige im Nebenfach. Ihre Schüler begleitet sie auch oft am Klavier. Sie geht als Streicherbegleiterin jeweils ins Musiklager mit. Sie spielt aber auch selber in einem Streicherensemble mit. Wunderlin besucht auch gerne an Konzerte. Aber: «Ich mache lieber Musik, als dass ich Musik höre. Wenn ich an ein Konzert gehe, bleibt immer etwas Unbefriedigendes zurück, am liebsten würde ich selber mitspielen», sagt sie lachend.

Die Musik begleitet sie seit ihrer Kindheit. «Ich habe früh angefangen, Lieder zu erfinden und zu singen», erklärt sie. «Musik ist – glaube ich – mein grösstes Talent», meint sie zögerlich.  

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Derzeit sind Gedichte und Bilder von Luzia Wunderlin im Gemeindehaus Oeschgen ausgestellt. Die Ausstellung läuft bis im Juni und kann von Montag bis Freitag, 8.30 bis 11.30 Uhr, Montagnachmittag von 14 bis 18 Uhr und Dienstag bis Donnerstag am Nachmittag von 14 bis 16 Uhr besucht werden.

 

Musik (von Luzia Wunderlin)

Und immer wieder
bin ich erstaunt,
wie leer mich Musik zurücklassen kann;
so leer und leicht,
dass ich weggetrieben werde
und irgendwo ankomme,
wo ich mich nicht zurechtfinde.

Schau den Löwenzahn an:
Kaum hat er sich eine Weile
in der Wärme gesonnt,
und schon formt er sich zur Kugel,
und in leichtem Frühlingswind
löst er sich langsam auf,
verteilt sich schwebend,
tanzt in der Luft –
und fällt zu Boden.


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