41 Jahre lang die Stadtfinanzen verwaltet
06.06.2013 Gemeinden, Porträt, Oberes Fricktal, Laufenburg, PersönlichIm Jahre 1949 in Kaisten geboren, wuchs Florian Gertiser als zweitjüngstes Kind mit sechs Geschwistern auf. Vater war Maurer, Mutter «Adler»-Wirtin. Nach dem damals üblichen Welschlandjahr absolvierte er von 1965 bis 1968 die kaufmännische Lehre auf der Gemeindeverwaltung Laufenburg; wechselte anschliessend auf die Neue Aargauer Bank in Laufenburg. Was er damals nicht wusste: Er sollte nie mehr von Laufenburg als Arbeitsort weg kommen. Gertisers blieben überhaupt mit der heimatlichen Scholle eng verbunden: Fünf der sieben Geschwister leben heute immer noch in Kaisten, eine Schwester im Gäu und Florian im Nachbardorf Laufenburg. Hier wurde ihm bald zur Gewissheit: «Finanzzahlen und Buchhaltung sind meine Welt.»
1972 folgte er der Ausschreibung der Stadtverwaltung Laufenburg, welche für die Finanzverwaltung einen Nachfolger für Beat Bugmann brauchte. Damals war Dr. Leo Binkert Stadtammann und Alois Leu erst kurz Stadtschreiber. Seinen Arbeitsplatz erhielt er im ersten Stock des Rathauses am Laufenplatz zugewiesen, mit Blick in die enge Laufengasse. Im Parterre war noch die Kantonspolizei einquartiert, im zweiten Obergeschoss die Kanzlei und darüber noch eine «Ledigenwohnung für einen Kantonspolizisten», so Gertiser. Heute, 41 Jahre später, ist es immer noch vom 1. Stock derselbe Ausblick in die Laufengasse auf das Stadtgefüge, das so unerschütterlich hält, wie das von Gertiser gewebte Finanzgeflecht.
Vom Buchungsautomaten zum PC
Viele Erschütterungen und Risse galt es im Laufe der Jahre auszuhalten. «Grosse Brocken waren in der Anfangszeit die Altstadtverkabelung, der Kanalisationsbau, der Stollenbau vom Roten Löwen zum Rhytürli, das Oberstufenschulzentrum Blauen 1977 und 78 und die auf Jahresbeginn 2010 in Kraft getretene Fusion mit Sulz», sagt Gertiser. Mit den Aufgaben wuchs die Schlagkraft der Verwaltung. Zu Beginn tippte man noch auf mechanischen Schreibmaschinen, es gab aber schon monströse Tischrechner, später einen Buchungsautomaten und Adressiermaschinen, denn auch die Strom- und die Wasserrechnung waren der Gemeindeverwaltung angegliedert. Erst über Magnetkontenkarten wurde es noch später möglich, die Buchhaltung mit der Adresskartei sinnvoll zu verknüpfen, bis der PC Einzug hielt.
Sehr belastend war nach den Worten Gertisers die Fusionszeit, galt es doch die beiden Verwaltungen mit zwei unterschiedlichen EDV-Systemen zusammenzuführen. Im Vorfeld wurde das Steueramt in den Ortsteil Sulz ausgegliedert und die Sulzer Finanzverwaltung nach Laufenburg gezügelt, aber bis zum Fusionszeitpunkt eigenständig durch Roland Obrist verwaltet. Seit der Fusion befindet sich das Betreibungsamt bekanntlich auch im Gemeindehaus Sulz. Als sich im Jahre 2008 abzeichnete, dass sich in der Schweiz Bund, Kantone und Gemeinden auf das neue harmonisierte Rechnungslegungsmodell HRM2 einschiessen würden, setzten sich Gertiser und Obrist dafür ein, die Neuerung ins Fusionsprojekt einfliessen zu lassen. So wurden die Grundlagen für die Umsetzung von HRM2 in einer Projektgruppe mit Beteiligung der Gemeinden Laufenburg/Sulz, Mettauertal, Birr, Brugg und Fislisbach erarbeitet. «Der neue Aufbau beziehungsweise die Trennung von Arten und Funktionen führt zu einem einheitlicheren und transparenteren Kontenplan. Wichtig aber, die Vermögenswerte der Gemeinden werden erstmals richtig aufgezeigt. Das notwendige Verwaltungsvermögen ist weiterhin nicht veräusserbar, aber es wird mit den tatsächlichen Werten bilanziert.»
Eigenständigkeit ist geblieben
Gertiser schätzt im Nachhinein die Fusion als gelungen ein: «Sie war im Grunde genommen eine Verwaltungsoptimierung und gemeinsam sind wir stärker». Man dürfe ruhigen Gewissen sagen, dass die Eigenständigkeit der Ortsteile geblieben ist. Die Ortsteile haben weiterhin ihre Sport-, Musik- und Schiessvereine. Verschiedene kulturelle Organisationen sind aktiv. Auf der Abteilung Finanzen werden heute die Rechnungen der Einwohnergemeinde, der Ortsbürgergemeinde, der Kreisschule Regio Laufenburg, der zwei katholischen Kirchgemeinden Laufenburg und Sulz, des Fricktal Regio Planungsverbandes und der Pfister-Hellstern-Stiftung geführt.
Mehr als der Arbeitsaufwand belastet Gertiser seit einigen Jahren eine andere Realität: Die sinkende Zahlungsmoral, was das Bezugs- und Mahnwesen aufwändiger macht. Doch sie vermag seine unermüdliche Freude an der Arbeit nicht zu schmälern, auch nicht nach 41 Jahren: «Einmal fragte mich eine Lehrtochter, ob ich nicht einmal den Arbeitsort wechseln wolle, um Abwechslung zu haben. Meine Antwort war, dass ich täglich auf Neues stosse, mit Ideen konfrontiert werde, mit Plänen und Projekten, die finanziert werden wollten, mit Strategien, langfristigen Finanzplanungen. Es waren und sind spannende Auseinandersetzungen. Ich gehe immer noch jeden Tag gerne zur Arbeit.» Er sass auch im Bildungsausschuss des Verbandes Finanzfachleute Aargauer Gemeinden und befasste sich dort mit Kurs- und Weiterbildungsangeboten, welche verbandsintern oder zusammen mit dem Kaufmännischen Verein Aarau realisiert wurden, eine Vorstufe zu den heutigen Ausbildungsgängen der Fachhochschule Aargau.
Die Gartenarbeiten warten
Und auch sonst war Gertiser der Stadt Laufenburg immer eng verbunden, übte über dreissig Jahre lang das Amt des Sektionschefs aus, war Verwaltungsrat und Kassier bei der damaligen Immobiliengesellschaft Roter Löwe AG, ist Kassier bei der Wohnbaugenossenschaft Laufenburg, ist fast gleich lang wie Finanzverwalter Posaunist der Stadtmusik, früher auch Präsident und liebt es, in der Umgebung Velo zu fahren und zu wandern. «Wenn ich pensioniert bin, werde ich meine Frau bei Haus- und Gartenarbeiten vermehrt entlasten, das kam eindeutig zu kurz», nimmt er sich vor, «aber sonst lasse ich die neue Situation einmal auf mich zukommen.» Er freut sich auch auf Rebarbeiten im eigenen Rebberg, den er zusammen mit zwei Geschwistern in Kaisten besitzt.