Zurück ins mittelalterliche Wölflinswil
06.02.2024 WölflinswilFür das Publikum stand am Infoabend eine Zeitreise auf dem Programm
Die Parterreräume im Alten Gemeindehaus in Wölflinswil waren am Freitagabend überfüllt. Gegen 100 Interessierte wollten mehr erfahren über die Besiedlung, die Bodenfunde und die ...
Für das Publikum stand am Infoabend eine Zeitreise auf dem Programm
Die Parterreräume im Alten Gemeindehaus in Wölflinswil waren am Freitagabend überfüllt. Gegen 100 Interessierte wollten mehr erfahren über die Besiedlung, die Bodenfunde und die Talerschliessung im Mittelalter.
Peter Bircher
Mit den zwei Referenten Werner Fasolin und David Wälchli von der Kantonsarchäologie konnte der Verein «Dorf plus» zwei starke «Kaliber» in die Runde holen. Beide haben in der Freizeit mit der Bodenforschung in kleinen Schritten begonnen und sind nun seit Jahrzehnten aktiv, beziehungsweise die «Graber vom Dienst» geworden. Sie waren auch beide während vieler Jahre engagiert im Vorstand der Fricktal – Badischen Vereinigung für Heimatkunde.
Mitteldorf und Wohnüberbauung «Steimet»
Im ehemaligen «Bürlimeierhus», nahe dem Dorfplatz, wurde beim Abbruch typische Bauernhaus-Keramik aus dem 17. Jahrhundert entdeckt. Aus dem verschwundenen Ständerhaus im Boden konnte Fasolin noch einen starken Holzknebel vorzeigen, welcher ähnlich wie ein Seigel bei einer Holzleiter direkt in den Hochstud eingeschlagen wurde, womit man trittweise in die Firstzone gelangen konnte. Wälchli konnte über die «Steimet»- Fundstelle am nördlichen Dorfrand aus dem Vollen schöpfen. Die Kantonsarchäologie hat hier mit Grosseinsatz umfassend sondiert, gegraben und aus historischer Sicht aussergewöhnliche Funde ans Tageslicht befördert. Wölflinswil muss bereits im Frühmittelalter ein wichtiger Ort gewesen sein. In Akten und Aufzeichnungen war immer wieder vom «Eisenwerk» die Rede. Hier liegt der Schlüssel, dass Landesherren immer wieder, wie auch in Herznach, Landschaftsraum begehrten und Abbaustellen für das Eisenerz sichern wollten. So war in Wölflinswil das kleine Tälchen der Grabmatt eine wichtige Erschliessung direkt in das riesige Erzlager auf Röti/Fürberg. Viel Drangsal und die Unbill des 30-jährigen Krieges liessen dieses bedeutende Gewerbe zu Grunde gehen. Erst nach Jahrhunderten gelangte dann der Erzabbau in Herznach, bedingt durch die Nöte des 2. Weltkrieges, zu neuer Blüte (Bergwerk Herznach 1937 bis 1967). Die Eisenverhüttung im Mittelalter im Benkental benötigte viel Wasser, was mit der teilweisen Kanalisierung des Talbaches zugeführt wurde. Man brauchte ebenfalls Unmengen von Holz. In der Folge wurden die Wälder radikal genutzt, was zu starken Überschwemmungen im Talgrund führte. So erstaunt es nicht, dass sich auf dem Siedlungsplatz «Steimet» über die Jahrhunderte zwischen fünf und zehn Meter hohes Erdreich ablagerte. Dass nun die Kantonsarchäologie tief unter diesem Erdreich besondere Funde machen konnte, ist aussergewöhnlich. So wurde eine kostbare Fibel, welche aus dem 11. Jahrhundert stammt, gefunden mit der Lamm Gottes-Darstellung, dem Agnus Dei. Oder ein geschnitztes Futteral für ein Messer, aber auch Beschläge aus Bronze oder eine Gürtelschnalle, welche auch schon als Grabbeigabe festgestellt wurde.
Nach den Römern gab es nicht gleich Städte oder Burgen
Die kleine Dorfsiedlung, wie sie in Wölf linswil erforscht wurde, zeigt eine langsam fortschreitende alemannische Landnahme vor der Errichtung von Burgen wie der Homberg und die mit Mauern und Türmen bewehrten Städte wie Laufenburg und Rheinfelden. Keine Angst, die Wölflinswiler werden diese Feststellung eines frühzeitlichen Erbes als ländliche Dorfbewohner schon richtig einstufen können. Die Geschichte bleibt ein hochinteressantes Feld für Erkenntnisse und erstaunliche Zusammenhänge über Jahrhunderte bis zur Gegenwart. Dass wir heute in der Bodenforschung zu neuen Erkenntnissen kommen, hat schlicht und einfach damit zu tun, dass es so viele Baustellen gibt und grosse Greifbagger bei Fundstellen einvernehmlich gepaart mit der mühsamen Handund Sucharbeit der Graber im Dienst der Kantonsarchäologie zum Einsatz kommen. Bild: Dank für die umfassende Information an Werner Fasolin und David Wälchli als «Graber vom Dienst».