«Ziele habe ich noch grössere»
10.07.2024 PersönlichEin richtig Böser ist er nicht; noch nicht? Sämi Schmid (29) ist aber aktuell der beste Fricktaler Schwinger. Zuletzt stand der Wittnauer zweimal in einem Schlussgang.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Erleben wir derzeit den besten Sämi Schmid ...
Ein richtig Böser ist er nicht; noch nicht? Sämi Schmid (29) ist aber aktuell der beste Fricktaler Schwinger. Zuletzt stand der Wittnauer zweimal in einem Schlussgang.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Erleben wir derzeit den besten Sämi Schmid seiner Karriere?
Sämi Schmid: Betrachtet man meine Karriere bis jetzt, dann ja. Bleibe ich gesund, kann es aber noch weitergehen – Ziele habe ich sicher noch grössere. Deshalb hoffe ich, dass das jetzt noch nicht der beste Schmid seiner Karriere ist.
Wie erklären Sie sich Ihre starke Form?
Ich habe über die Jahre hinweg eine Routine entwickelt. Seit über zwanzig Jahren bin ich im Schwingsport dabei und durfte viel Erfahrung sammeln. Im Gegensatz zu früher mache ich mir nicht mehr so viel Druck. Ich gehe relativ locker an die Sache heran.
Zuletzt am Fricktaler Abendschwinget und davor sogar am Nordwestschweizerischen standen Sie im Schlussgang. Ist die Freude darüber grösser oder der Ärger, dass Sie beide Male den Schlussgang verloren haben?
Die Freude, dass ich am Nordwestschweizerischen überhaupt den Schlussgang erreicht habe, war riesig. Das kam sogar für mich etwas unerwartet. Die Enttäuschung über die Niederlage hielt sich in Grenzen, weil ich mein Tagesziel schon vor dem Schlussgang erreicht hatte. Im Schlussgang habe ich dann nicht mehr die richtige Spannung hinbekommen.
Die Niederlage im Schlussgang am Abendschwinget hat Sie also mehr gefuchst? Einen Alpiger nimmt man allerdings ja auch nicht mal so rasch zum Zmorge.
Das ist so. Doch ich denke schon, dass dort ein Sieg eher drin gelegen wäre. Mit diesem Ziel ging ich auch in den Schlussgang. So war die Enttäuschung dort etwas grösser. Grundsätzlich kann ich aber auch mit der Leistung am Abendschwinget zufrieden sein.
Mittlerweile brauchen Sie sich auch vor Eidgenossen nicht zu verstecken. Am Nordwestschweizerischen haben Sie mit Benjamin Gapany und Adrian Odermatt gleich deren zwei bezwungen. Wie wertvoll sind solche Siege?
Das gibt sicher Selbstvertrauen. Trifft ein Eidgenosse auf einen Nicht-Eidgenossen, schwingt er anders; er schwingt dann meistens offensiver. Das eröffnet mir jeweils die Möglichkeit, einen Konter anzubringen und so auch einen Eidgenossen nehmen zu können. Solche Chancen versuche ich zu nutzen.
Auch Eidgenosse, zweifacher, ist Ihr fünf Jahre älterer Bruder David, der zurückgetreten ist; er hat zudem zweimal das Nordwestschweizerische gewonnen. Weckt sowas zusätzlich Ihren Ehrgeiz?
Heute weniger als noch zu seinen Aktivzeiten. Ich würde es nicht Rivalität nennen, aber man wollte natürlich immer etwas besser sein als der Bruder und das am Schwingfest auch entsprechend zeigen.
Zeigen, dass es noch einen in der Familie gibt, der Schwingen kann.
Ja, genau (lacht). Ich glaube, dieses gegenseitige Pushen hat auch seine Leistung positiv beeinflusst.
Nerven allfällige Vergleiche mit Ihrem Bruder manchmal?
Eigentlich nicht. Wir haben eine relativ unterschiedliche Schwingweise, auch andere Körperposturen. Von dem her ist es schwierig, zwei derart unterschiedliche Persönlichkeiten miteinander zu vergleichen.
Ihr Bruder war ein Defensivkünstler. Sind Sie denn eher der Vollgasschwinger?
(lacht) Grundsätzlich: ja. Ich bin aber sehr gerne auch Konterschwinger, das ist eine meiner Stärken. Mit einem Konter konnte ich am Nordwestschweizerischen den Eidgenossen Benjamin Gapany nehmen.
Wann ist die Zeit reif für Ihren ersten Fest-Sieg an einem Kranzschwingen?
Ein Kranzfest zu gewinnen, ist nach wie vor ein Ziel von mir. Wenn es soweit ist, werden wir sehen.
Saisonhöhepunkt ist das Jubiläums-Schwingfest 125 Jahre Eidgenössischer Schwingerverband: ein Fest mit eidgenössischem Charakter, 120 Schwinger aus allen Teilverbänden, deren vierzehn stellen die Nordwestschweizer. Sind Sie dabei?
Entscheiden wird der Verband, aber ich denke, dass ich mit meinen bisherigen Saisonleistungen dabei sein werde.
Wer gewinnt diesen Saisonhöhepunkt in Appenzell?
Derjenige, der an diesem Tag der Beste ist. (lacht)
Die üblichen Verdächtigen also: Giger, aktuell Schlegel vielleicht. Haben Sie noch einen Geheimtipp? Sämi Schmid?
Der ist etwas zu weit weg von den Favoriten. Aber für ein gutes Resultat bin ich sicher zu haben.
Fit im Sägemehl
Eidgenossen: So nennt man jene Schwinger, die mindestens einmal an einem Eidgenössischen einen Kranz gewonnen haben (die besten fünfzehn Prozent erhalten diesen Kranz). Umgangssprachlich wird ein eidgenössischer Kranzschwinger als «Böser» bezeichnet.
Als regelmässige Feste von eidgenössischem Charakter gelten neben dem Eidgenössischen Schwingfest (alle drei Jahre) der Unspunnen- und der Kilchberg-Schwinget (alle sechs Jahre). Es nehmen folglich Schwinger aus allen fünf Teilverbänden teil. Von eidgenössischem Charakter war zudem der Expo-Schwinget aus dem Jahr 2002 in Murten.
Warum nimmt man einen Nick Alpiger nicht mal so zum Zmorge? Weil er ziemlich gut ist. Und ein Böser noch dazu. (rw)