Wie der Mensch, so das Bild
15.11.2024 Gipf-OberfrickPortrait des Fricktaler Politikers Robert Reimann wechselt die Hand
Er begann als Gemeinderat im damals kleinen Wölflinswil und schaffte es bis zum Präsidenten des Ständerats. Dank einer Schenkung seiner Schwiegertochter bleibt ein Gemälde des Fricktaler Politikers ...
Portrait des Fricktaler Politikers Robert Reimann wechselt die Hand
Er begann als Gemeinderat im damals kleinen Wölflinswil und schaffte es bis zum Präsidenten des Ständerats. Dank einer Schenkung seiner Schwiegertochter bleibt ein Gemälde des Fricktaler Politikers nun der Nachwelt erhalten.
Simone Rufli
Sollte das Gemälde im Rahmen einer thematisch passenden Ausstellung einmal ausgestellt werden, würde sie das natürlich freuen, meinte Lilly Reimann und gab das Gemälde in die Obhut von Matthias Berger, Leiter Museumstechnik im Kunsthaus Aargau. Beim Gemälde handelt es sich um ein Portrait ihres Schwiegervaters Robert Reimann, mit Ölfarben kunstvoll auf die Leinwand gebracht vom Zürcher Kunstmaler Gajdon Tivadar im Jahr 1967. Mit der Schenkung ans Kunsthaus Aargau gingen für sie zwei Wünsche in Erfüllung, so Lilly Reimann: «Professionelle Lagerung und Erhalt des Gemäldes für die Nachwelt.»
Sohn eines Kleinbauern
Robert Reimann war zu Lebzeiten nicht nur im Fricktal, sondern schweizweit kein Unbekannter. Geboren in Wölflinswil am 17. Dezember 1911 als Sohn eines Kleinbauern und Ziegeleiarbeiters, schaffte er es auf dem politischen Parkett bis ins Bundeshaus. Er sei vom Naturell her bewahrend und sozial veranlagt gewesen und habe schon früh die besonderen Probleme und Nöte der Arbeiter kennengelernt, schreibt Julius Binder im Buch «Menschlicher Staat». Das Buch erhielt Robert Reimann im Dezember 1981 zum 70. Geburtstag geschenkt, von Freunden und Weggefährten. «Sein Engagement für eine bessere Gesellschaft und für einen besseren Staat spürte das Volk», kann man darin lesen.
Robert Reimann lernte Maschinen- zeichner bei der BBC in Baden. Mit dem Velo fuhr er von Wölflinswil an den Bahnhof in Frick und von dort mit der Bahn nach Baden. Eine Postautoverbindung von Wölflinswil aus gab es damals (1928-1932) noch nicht. Später war er im Unternehmen als Konstruktionschef der Abteilung Hochspannungsapparate tätig, bevor er von 1970 bis 1976 dem Konzernstab Führungspersonal angehörte.
24 Jahre lang Gemeindeammann
Reimann war Mitglied der CVP (der heutigen Mitte-Partei), für die er von 1933 bis 1935 im Gemeinderat von Wölflinswil sass, bevor er dem Dorf während 24 Jahren als Gemeindeammann vorstand (1937 bis 1961). Daneben vertrat er seine Partei von 1941 bis 1965 im Grossen Rat in Aarau – den er 1961 bis 1962 präsidierte – und von 1955 bis 1963 im Nationalrat. Sein erster Vorstoss in der grossen Kammer: Die Interpellation 7170, die Fluorschäden im Fricktal betraf. Von 1961 bis 1972 war er zudem Präsident der CVP Aargau. Auf seine Tätigkeit im Nationalrat folgte 1963 die Wahl in den Ständerat, dem er bis 1979 angehörte und den er 1978 präsidierte. Lilly Reimann nimmt einen Ordner zu Hand und blättert durch Fotos: vom Empfang am Bahnhof in Frick, vom Postauto-Korso und Spalier stehenden Menschen; aufgenommen am 28. November 1977, zwei Tage nach seiner Wahl zum Ständeratspräsidenten.
Wölflinswil treu geblieben
Robert Reimann starb am 28. August 1987. Er habe sich zeitlebens für Bildung, Technik, Forschung und Industrie eingesetzt, und gleichwohl nie die sozialen Anliegen aus den Augen verloren, kann man im Buch lesen. Und auch, dass er Wölflinswil immer treu geblieben ist. Warum, das erklärte er in der Dorfchronik anno 1971 so: «Ein Mensch mag noch so weit vorstossen, wenn er aber die Beziehungen zur Heimat und das Vertrauen seiner einfachen Mitbürger verspielt, bewegt er sich im luftleeren Raum. … So habe ich mich schon früh und mit den Jahren immer mehr, für das Bleiben im Dorf entschieden.»
Zitate von Robert Reimann gibt es in dem Buch viele. Manch eines erscheint heute bedeutender denn je. Das zum Beispiel: «Die Freiheit ist kein Geschenk des Himmels, sondern ein Zustand, der mit innerem Engagement immer neu verdient werden muss.»