Welche Zukunft hat unsere Demokratie?
30.10.2025 AargauKonferenz über Demokratie und die globalen Herausforderungen
Wie steht es um den Zustand demokratischer Systeme und die Legitimationsbasis demokratischer Entscheide in der Schweiz, in Deutschland und in Europa? Wie können demokratische Staaten in einer zunehmend digitalisierten ...
Konferenz über Demokratie und die globalen Herausforderungen
Wie steht es um den Zustand demokratischer Systeme und die Legitimationsbasis demokratischer Entscheide in der Schweiz, in Deutschland und in Europa? Wie können demokratische Staaten in einer zunehmend digitalisierten Welt ihre Interessen gegenüber anderen Akteuren wirksam vertreten?
Welche Instrumente stehen der Demokratie zur Verfügung, um mehrheitsfähige Lösungen zu finden? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich Referentinnen und Referenten sowie Teilnehmende aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft an der achten Demokratiekonferenz, die kürzlich in Aarau veranstaltet wurde. Inputreferate an beiden Tagen wurden durch Podiumsdiskussionen und Workshops ergänzt. Mit engagierten Reden eröffneten Landammann Dieter Egli und Barbara Bosch, baden-württembergische Staatsrätin, die Demokratiekonferenz im Kultur- und Kongresshaus Aarau. Beide unterstrichen die Relevanz des Konferenzthemas angesichts der sich rasch ändernden globalpolitischen und gesellschaftlichen Realitäten. Landammann Egli betonte, wie wichtig es sei, die politische Deutungshoheit zu sichern. Hierfür müssten Demokratien in der Bevölkerung sichtbar sein, indem sie sich an die neue, schnelle Art zu kommunizieren anpassten. «Ein schönes Beispiel kommt sinnigerweise aus den USA: Martin Luther King hat mit «I have a dream» die Blaupause geliefert für eine Drei-Sekunden-Aussage, die für eine bessere, eine demokratischere Welt steht.» Staatsrätin Bosch ihrerseits hob hervor, dass die Demokratie weltweit unter Druck gerate und die gemeinsame Demokratiekonferenz eine Plattform biete, um nationale Veränderungen zu analysieren und nach vorne zu blicken.
In seiner A nsprache legte Hefried Münkler, emeritierter Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin, die zentralen Herausforderungen dar, mit denen sich Demokratien konfrontiert sähen. Demokratien stünden heute in einem Spannungsfeld zwischen den Erwartungen einer beschleunigten, digitalen Gesellschaft und den notwendigen Aushandlungsprozessen, die Zeit, Kompromisse und Vertrauen erforderten, wobei sie sich ständig in Frage stellen und modernisieren müssten. Würden sie dies nicht tun, riskierten sie, technisch, moralisch und politisch überholt zu werden. Eine zentrale Komponente dieser Modernisierung sei es, die politische Mündigkeit und die mündigen Bürgerinnen und Bürger neu zu denken. Mahnende Worte sprach Veith Selk, Politik- und Sozialwissenschaftler. Er identifizierte in seinem Inputreferat eine Erosion des demokratischen Konsenses in den politischen Eliten wie auch in der Bevölkerung.
Im dritten Inputreferat erinnerte Damir Skenderovic, ordentlicher Professor für Zeitgeschichte an der Universität Freiburg, die Teilnehmenden daran, dass auch in einem Land wie der Schweiz, das stolz auf seine direktdemokratische Tradition sei, demokratische Strukturen nicht als selbstverständlich betrachtet werden dürften.
Lösungsansätze zur Stärkung der Demokratie
Am zweiten Konferenztag standen Innovationen und Lösungsansätze zur nachhaltigen Stärkung der Demokratie im Mittelpunkt. «Dialog ist die Basis für gemeinsame Werte,» so Grossratsvizepräsident Urs Plüss. Im Verlauf des Tages wurde klar, dass die Demokratie trotz vielfältiger Herausforderungen lern- und widerstandsfähig sowie insbesondere auch gestaltbar ist. Eine differenzierte Betrachtung zur weit verbreiteten Niedergangserzählung bot das Inputreferat von Nina Poppel, Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Moderatorin beim Südwestrundfunk (SWR).
Frau Poppel zeigte in ihrer kritischen Auseinandersetzung mit den Sozialen Medien, dass diese als Plattform politischer Teilhabe die Demokratie erweiterten, aber auch Risiken für die Demokratie mit sich brächten. Durch rechtsstaatliche Regulierung sozialer Medien sowie durch die Förderung von digitaler Transparenz und Bildung, hätten soziale Medien jedoch das Potenzial, ein wertvolles demokratisches Medium zu sein. Monika Waldis Weber, Direktionsmitglied des Zentrums für Demokratie Aarau, ergänzte diesen positiven Ausblick durch ihr Inputreferat. Sie präsentierte neue Ansätze im digitalen Bereich, welche die politische Mündigkeit junger Generationen fördern sollten.
Mit den Reden von Staatsrätin Barbara Bosch und Staatsschreiberin Joana Filippi fand der zweite Konferenztag seinen Abschluss. Filippi verabschiedete die 150 Gäste und gab ihnen auf den Weg, dass die persönliche Freiheit nur in einer lebendigen Demokratie gesichert werden könne: «Dafür lohnt sich der Einsatz – gestern, heute und morgen.» (WH)

