«War toll, ein Teil davon zu sein»
09.07.2025 PersönlichIm «Fokusprojekt» an der ETH Zürich hat Klaus Möri aus Magden mit zehn anderen Studierenden einen Prototypen programmiert und gebaut, der Korallenriffe autonom füttern und aufforsten soll. Die Passion für das Projekt ist unüberhörbar.
Yasmin ...
Im «Fokusprojekt» an der ETH Zürich hat Klaus Möri aus Magden mit zehn anderen Studierenden einen Prototypen programmiert und gebaut, der Korallenriffe autonom füttern und aufforsten soll. Die Passion für das Projekt ist unüberhörbar.
Yasmin Malard
«Ich war nicht viel an der ETH dieses Jahr», erzählt der 23-jährige Klaus Möri und grinst. «Ich habe eigentlich mein ganzes Jahr hier verbracht.» «Hier» ist ein Labor in Zürich, welches die technische Hochschule seiner und zwei weiteren Forschungsgruppen zur Verfügung gestellt hat. Überall liegen Einzelteile für die Arbeit am Roboter herum, viele erstellt mithilfe eines 3D-Druckers. An den Tischen arbeiten Studierende mit Kopfhörern.
Für den Jahreskurs «Fokusprojekt» können sich Studierende im dritten Jahr des Maschinenbauingenieur-Bachelors bewerben. Zehn bis zwölf Projekte stehen zur Auswahl, ein Viertel der 400 Studierenden werden angenommen. Normalerweise stehen die Themen für die verschiedenen Projekte schon fest. In Klaus Möris Fall hat jedoch jemand aus seiner Gruppe die Idee in die Welt gerufen.
Auch wenn das Fokusprojekt mit Kreditpunkten belohnt wird, stecke man viel mehr rein als man bekomme, erzählt der junge Mann. Wegen der zeitaufwändigen Arbeit am Projekt, muss er nun ein zusätzliches Semester anhängen. Aber dafür: «Es ist das Highlight des Maschinenbaustudiums. Man lernt so viel in dem einen Jahr.» Vor allem, da die ETH sonst sehr theoretisch sei und viel Wert auf Detail gesetzt wird. «Dann merkt man, dass man scheitert, wenn man mal praktisch eine Schraube ansetzen muss. Man startet eigentlich bei null. Als würde man ein Start-up gründen.»
Team «ReefRangers»
Auch das Sponsoring mussten sie selbst organisieren, bevor sie richtig starten konnten. Einfach war es nicht immer, zu zehnt ein Jahr lang am selben Projekt zu arbeiten. Um die Teambildung zu fördern, sind die zehn «Reef Rangers», wie sie manchmal auch genannt werden, am Anfang des Projekts eine Woche zusammen in die Berge gereist. Das Ziel war es gewesen, herauszufinden, wie die Teilnehmer funktionieren und wie die Dynamik sich in der Gruppe verhält. Danach haben sie sich arbeitstechnisch aufgeteilt. Möri war primär an der Software-Entwicklung beteiligt, um die Algorithmen für den Roboter zu programmieren. Andere fokussierten sich auf die Hardware oder die Elektronik. «Ein bisschen Überblick über alles hatten wir schon, aber eigentlich vor allem Ahnung in unserem Spezialgebiet.»
Die Motivation dahinter
Klaus Möri hat einen Tauchschein gemacht und beim Tauchen gemerkt, wie schön er einerseits die natürlichen Korallenriffe empfindet und andererseits, wie nötig es ist, diese zu restaurieren, damit sie weiter ihren wertvollen Beitrag ans Klima leisten können, zum Beispiel Kohlenstoffdioxid binden und Lebensraum für einen grossen Teil der Unterwasserwelt bieten. Vielerorts auf der Welt sind die Korallenriffe durch die erhöhten Temperaturen und versauerten Ozeane gefährdet und sterben ab oder verbleichen.
«Es ist etwas, das sich lohnt, einzusetzen»
Im Allgemeinen müssten die Produkte, die bei den Projekten entstehen, nicht eingesetzt werden, sondern würden zuallererst als praktisches Übungsmodell für die Studierenden dienen. Bei dem Korallen-Roboter habe der ETH-Student aber das Potenzial gespürt, mehr daraus zu machen. «Es ist etwas, das sich lohnt, einzusetzen.» Tatsächlich haben sie schon einen möglichen Abnehmer: Ein Unternehmen aus Basel zeigte sich seit Anfang interessiert und deswegen wurde der Roboter auch spezifisch auf die Korallenfarm dieses Unternehmens und deren Wasserströmung, Wassertiefe und Sichtweite im Wasser angepasst. Die Organisation wies darauf hin, dass in vielen Orten auf der Welt Menschen persönlich zu den Korallenfarmen tauchen müssten. «Es ist sehr teuer, wenn ausgebildete Taucherinnen und Taucher mit aufwändiger Ausrüstung in den Malediven angestellt werden müssen, um nur ein paarmal in der Woche die Korallen zu füttern. Es wäre viel praktischer, einen Roboter zu haben, der die Korallen mit einer Kamera erkennt und die Fütteraufgabe automatisch erledigt.»
Ziel erfüllt. Jedenfalls im Pool funktioniert der Roboter schon prima. Bis er dann wirklich «in the wild» im Meer eingesetzt werden kann, dürfte es aber noch eine Zeit dauern, so Möri. Für das Uniprojekt seien sie vorerst fertig, optimieren könne man allerdings immer. Gewisse Studierende fangen bald schon ihre Bachelorarbeit in Zusammenhang mit dem Korallen-Roboter an, denn was noch fehlt, ist die Futter-Auffüllstation zu entwickeln, zu der die Roboter automatisch gehen sollten, um die neue Portion Planktonmischung für die Korallen zu beziehen, wenn ihr Futter-Tank leer ist.
Und nochmal von vorne
Der Weg dahin, auch wenn Klaus Möri mit Begeisterung spricht, beinhaltete viele Rückschläge. «Es gibt sehr viel, was uns zurückgeworfen hat. Wir hatten viele Probleme mit einer Box, die nicht wasserdicht war. Einmal haben wir alle elektronischen Teile kaputt gemacht, als wir den Roboter getestet haben und mussten nochmals neu anfangen. Es reicht nicht, sich theoretisch perfekt vorzubereiten, denn was in echt nicht funktionieren könnte, kann man sich im Labor gar nicht vorstellen. Immer, wenn wir etwas Neues eingebaut haben, mussten wir damit rechnen, dass etwas nicht mehr funktionierte. Das war frustrierend, schweisst aber auch das Team zusammen, wenn man Probleme gemeinsam lösen muss.»
Trotz des Frusts ist für Klaus Möri klar, dass er später im Bereich «Robotics» arbeiten möchte. Er habe durch das Projekt gemerkt, was ihn hauptsächlich am Studium interessiere. «Es wird immer gesagt, man soll das studieren, was einem Spass macht. Aber das herauszufinden, ist nicht so einfach, wenn man nur in den theoretischen Vorlesungen sitzt. Es war wirklich toll, ein Teil davon zu sein. Es macht mega Spass, Leuten zu erzählen, was man gemacht hat.»
Pausentag im Fricktal
Für ihn ist klar, dass neben der Uni auch Platz sein muss für einen Ausgleich. Deshalb versucht der Student, auch in der Lernphase, mindestens einen ganzen Tag in der Woche frei zu nehmen. «Wenn man keine Pause macht, kommt sowieso irgendwann nichts ‹Gschiides› mehr raus.» Der Sport hilft ihm dabei, komplett abzuschalten. Er liebt es, ins Gym zu gehen oder auch in die Limmat zu springen, die gerade neben dem Büro seines Forschungsprojekts vorbeif liesst. An seinem freien Tag geht er oft ins Fricktal, wo der grösste Teil seiner Familie und Freunde wohnt. Obwohl er mittlerweile eine WG in Zürich hat, kehrt er eigentlich jedes Wochenende nach Magden heim. «Jetzt im Studium geniesse ich die Ruhe und das Land hier viel mehr und merke, wie wertvoll es ist, hier zu wohnen. Die Natur ist schön hier in Magden, da gibt es keine vierspurige Strasse nebenan wie in Zürich. Hier komme ich mal weg vom Uni-Stress.»