Als die Eiszeit in Rheinfelden begann
11.10.2025 NaturDie Rheinfelderinnen und Rheinfelder haben lange von einer eigenen Kunsteisbahn geträumt. 1975 ging dieser Traum – dank dem Einsatz vieler Beteiligter – in Erfüllung. Zwei, die das Projekt erfolgreich vorangetrieben haben, erinnern sich.
Valentin Zumsteg
...Die Rheinfelderinnen und Rheinfelder haben lange von einer eigenen Kunsteisbahn geträumt. 1975 ging dieser Traum – dank dem Einsatz vieler Beteiligter – in Erfüllung. Zwei, die das Projekt erfolgreich vorangetrieben haben, erinnern sich.
Valentin Zumsteg
Die Stadt Rheinfelden ohne Kunsteisbahn? Das scheint heute unvorstellbar. Die Anlage, direkt neben dem Strandbad gelegen, gehört zum Zähringerstädtchen. Generationen von Kindern und Jugendlichen haben dort Eislaufen und Hockeyspielen gelernt. Winter für Winter besuchen Dutzende von Schulklassen aus dem Fricktal diese Freizeitanlage.
200 000 D-Mark aus dem Badischen
Eissport wird in Rheinfelden schon lange betrieben. Zu Beginn allerdings auf Natureis, zum Beispiel in den 1940er-Jahren beim damaligen Feldschlösschen-Weiher neben der Brauerei. Später verwandelte sich der heutige Schützen-Parkplatz – zumindest, wenn es kalt genug war – in ein Eisfeld. Doch lange Kälteperioden im Winter waren schon damals keine Selbstverständlichkeit mehr. So kam die Idee auf, dass Rheinfelden eine Kunsteisbahn bauen soll.
Die NFZ trifft zwei Männer, die geholfen haben, diesen Traum zu verwirklichen. Hans-Peter Thoma, mittlerweile 90 Jahre alt, war eine der treibenden Kräfte hinter diesem Projekt und Vizepräsident der Kunsteisbahn Rheinfelden AG. Der andere ist Architekt René Wendelspiess (83), der ebenfalls von Anfang an dem breitabgestützten Initiativkomitee angehörte, das die Kunsteisbahn verwirklichen wollte. Beide waren und sind Mitglieder des EHC Rheinfelden, Thoma war lange Präsident. Wenn sie von der damaligen Zeit erzählen, bekommen sie glänzende Augen. Es wird viel gelacht. «Schon 1959 als Hochbauzeichner-Lehrling habe ich Pläne für eine Kunsteisbahn in Rheinfelden gezeichnet», erinnert sich Wendelspiess. Doch diese liessen sich damals noch nicht umsetzen. Es brauchte weitere Anläufe. Der 18. Dezember 1970 war ein entscheidender Moment: Die Einwohnergemeinde-Versammlung von Rheinfelden genehmigte einen Projektierungskredit für die Kunsteisbahn und legte den Standort im Gebiet Augarten fest – dort, wo die Anlage heute steht. Es sollten Synergien mit dem Strandbad genutzt werden.
«Wichtig war auch das Stadtfest 1972, das ganz im Zeichen der geplanten Kunsteisbahn stand. Es brachte 150 000 Franken zugunsten des Baus ein», erzählt Hans-Peter Thoma. Das war ein deutliches Zeichen, dass die Bevölkerung hinter diesem Projekt stand. Im Sommer 1973 genehmigten die Ortsbürger- und die Einwohnergemeinde schliesslich zusammen 1,4 Millionen Franken für die Kunsteisbahn. Die umliegenden Gemeinden Kaiseraugst, Magden und Möhlin bewilligten je 5000 Franken für die Anlage. Hans-Peter Thoma und der damalige Stadtammann Richard Molinari sprachen auch in Badisch Rheinfelden vor, um dort ebenfalls eine
finanzielle Unterstützung des Projekts zu erreichen. Der Besuch war ein voller Erfolg, Bürgermeister Herbert King sagte 200 000 D-Mark zu. «So viel hatten wir nicht erwartet», schildert Hans-Peter Thoma mit einem Lachen. Die Baueingabe erfolgte bereits im Oktober 1973, die Baubewilligung wurde im Januar 1974 erteilt. Doch loslegen konnte man noch nicht: Das Projekt unterlag – wie viele andere auch – einer einjährigen Ausführungssperre, wegen der damaligen Überhitzung der Wirtschaft. Am 10. Februar 1975 konnte es aber endlich losgehen, die Bauarbeiten begannen. Einen Monat später erfolgte die Grundsteinlegung, im Juni wurde die Aufrichte gefeiert.
Warum kein Bier?
Nach nur acht Monaten Bauzeit war das Werk vollbracht, die Kunsteisbahn konnte den Betrieb aufnehmen. Rund 2,5 Millionen hat die Anlage gekostet, das Budget konnte eingehalten werden.
Zur Eröffnung und Einweihung gab es am 18. und 19. Oktober 1975 – also vor genau 50 Jahren – ein grosses Fest. Der HC Davos und der EHC Basel waren zu Gast, ebenso die Curling-Weltmeister von Zürich Crystal. Ein Riesenerfolg – und als solcher entpuppte sich auch die Kunsteisbahn. Nur einen Monat später, am 13. November, lautete eine Schlagzeile in der «Volksstimme aus dem Fricktal»: «Rheinfelder Kunsteisbahn schon überlastet?» Der Ansturm auf das neue Freizeitangebot war riesig. Deswegen wurde neben dem ersten Eisfeld mit einer Grösse von 30 x 60 Metern später auch noch ein kleineres Eisfeld realisiert – dies war von Anfang an als Erweiterungsmöglichkeit vorgesehen. Aber noch anderes gab zu reden: «Warum kein Bier auf der Kunsteisbahn?», hiess es im Januar 1976 in der «Volksstimme». Als Sportanlage durfte das Restaurant der Kunsteisbahn in der Anfangszeit keinen Alkohol ausschenken. Die gewieften Rheinfelder fanden aber einen Ausweg: «Als wir später einen separaten Eingang realisiert haben, war dies doch möglich», schildert René Wendelspiess, der die gesamte Anlage mit seinem Architekturbüro Jäggi & Wendelspiess geplant hatte.
Im Jahr 2000 wurden die Kunsteisbahn AG und das Strandbad in der neuen KuBa Freizeitcenter AG zusammengelegt. 2003 konnte die Überdachung des grossen Eisfeldes realisiert werden. Seither ist der Betrieb auf der Anlage weniger wetterabhängig.
Heute scheint die Kunsteisbahn in Rheinfelden nicht mehr wegzudenken. Dass sie gebaut werden konnte, ist dem Einsatz vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger zu verdanken.