Unruhige Zeiten im Fricktal
17.02.2024 FricktalEine Arbeitsgruppe widmet sich den Kriegswirren vor 525 Jahren
Im Jahr 1499 war der Schwabenkrieg im Fricktal deutlich spürbar. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt und geplündert. Heute zeugen noch archäologische Entdeckungen davon. Gezeigt werden sie nun mit einer ...
Eine Arbeitsgruppe widmet sich den Kriegswirren vor 525 Jahren
Im Jahr 1499 war der Schwabenkrieg im Fricktal deutlich spürbar. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt und geplündert. Heute zeugen noch archäologische Entdeckungen davon. Gezeigt werden sie nun mit einer Wanderausstellung in mehreren Fricktaler Gemeinden.
Susanne Hörth
Der mittlerweile zwei Jahre dauernde russische Angriffskrieg in der Ukraine oder der 2023 begonnene und bereits fünfte Krieg im Gaza-Israel-Konf likt wie auch weitere aktuelle Beispiele verdeutlichen einmal mehr, dass ein Weltfrieden Wunschdenken bleibt. Den Geschichtsbüchern geht somit dieser immer mit viel Leid einhergehende Inhalt nicht aus. Ein Blick in historische Schriften zeigt, auch das heutige Fricktal wurde in früheren Zeiten durch Kriege stark gebeutelt. Einer davon ist der Schwabenkrieg. «Er dürfte einem grossen Teil der Schweizerinnen und Schweizer kaum mehr bekannt sein. Ich selbst hörte im Rahmen des Geschichtsunterrichtes an der Bezirksschule Ende der 1970er-Jahre davon», erzählt der Ueker Historiker Linus Hüsser.
Die «Arbeitsgruppe 1499» unter der Leitung von Kantonsarchäologe Thomas Doppler, dem Fricktaler und Archäologiemitarbeiter David Wälchli, Archäologin Andrea Winkler sowie Historiker Linus Hüsser hat sich intensiv mit den Geschehnissen vor 525 Jahren auseinandergesetzt. Daraus ist unter anderem ein umfassender Beitrag zum Schwabenkrieg im Fricktal entstanden, welcher in der diesjährigen Jahresschrift der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde abgedruckt ist. Die Vernissage von «Vom Jura zum Schwarzwald» findet am 26. Februar in Stein statt.
Weiter, so der Historiker, organisieren die Historische Gesellschaft des Aargaus und die Fricktalisch-Badische Vereinigung Mitte Jahr einen Anlass zum Schwabenkrieg. Zusätzlich wird über das ganze Jahr hinweg eine Wandervitrine in jenen Fricktaler Gemeinden, die das Projekt unterstützen, jeweils für eine Woche aufgestellt. «In jeder dieser Gemeinden wird am ersten Ausstellungstag der Vitrine ein Kurzreferat oder eine szenische Darbietung ins Thema einführen», führt dazu Hüsser aus. Vertieft auf den Schwabenkrieg eingehend, erklärt der Historiker: «Im Rahmen der Geistigen Landesverteidigung, also angesichts der Bedrohung durch Hitlerdeutschland, wurden der Schweizer Bevölkerung und besonders den Schülern die Heldentaten der Eidgenossen in Schlachten wie Sempach 1386 und Murten 1476 vermehrt in Erinnerung gerufen. Auch die während des Schwabenkrieges stattgefundene Schlacht von Dornach am 22. Juli 1499 gehörte dazu.»
Auslöser für Kriege hätten meist mehrere Ursachen. Beim Schwabenkrieg erwähnt Linus Hüsser unter anderem die Ende des 15. Jahrhunderts noch immer bestehende Rivalität zwischen den Habsburgern und dem habsburgtreuen Adel einerseits und den Eidgenossen und ihren Verbündeten andererseits.
Plünderungen und Verwüstungen
Er verneint die Frage, ob es im Fricktal und benachbarten Gebieten damals auch Schlachten gegeben habe. «Die Bevölkerung litt jedoch unter Plünderungs- und Verwüstungszügen. Die Städte Rheinfelden, Säckingen und Laufenburg dienten dem habsburgtreuen Schwäbischen Bund als militärische Stützpunkte, von denen aus Überfälle in die nahe Eidgenossenschaft unternommen wurden, manchmal mit Beteiligung der Fricktaler. Andererseits fielen eidgenössische Kriegsknechte plündernd ins Fricktal ein und fackelten ganze Dörfer ab.»
Spuren davon sind bis heute auffindbar.
Der Schwabenkrieg von 1499 und das Fricktal
Seit den 1980er-Jahren fanden die Freiwilligen Bodenforscher der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde (FBVH) und die Kantonsarchäologie Aargau in neun Fricktaler Gemeinden spätmittelalterliche Brandschichten. Nun werden die Resultate in einer Wanderausstellung in 21 Fricktaler Gemeinden gezeigt.
Die Freiwilligen Bodenforscher der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde (FBVH) haben in den letzten 30 Jahren wertvolle Arbeit im Fricktal geleistet, hält der Kanton Aargau in einer Mitteilung im Zusammenhang mit dem Schwabenkrieg von 1499 fest. Die Bodenforscher führten in Absprache mit der Kantonsarchäologie mehrere Ausgrabungen durch, lange bevor es das Freiwilligenprogramm gab. Die Funde und Befunde kamen zumeist bei Abbrüchen von alten Bauernhäusern im Untergrund dieser Bauten zum Vorschein. Sie stammen aus den Gemeinden Eiken, Frick, Gipf-Oberfrick, Kaiseraugst, Kaisten, Möhlin, Oeschgen, Wölflinswil und Zeiningen und bilden eine einmalig dichte Quellenlage.
In einem Kooperationsprojekt der Kantonsarchäologie und der FBVH, unterstützt durch den Swisslos-Fonds des Kantons Aargau, wurden die Funde und Befunde nun 2022 bis 2023 ausgewertet. Die untersuchten Brandhorizonte stammen aus 15 Grabungen, die über ein Gebiet von 20 Kilometern im Fricktal verteilt waren. Die Brandschuttschichten befanden sich in Kellern, verfüllten Balkengräben und Gruben oder waren zu einer Schicht ausplaniert worden. Diese Funde sind aussagekräftige Momentaufnahmen aus dem Spätmittelalter. Die Funde zeigen auf, wie ländliche Haushalte im Spätmittelalter ausgestattet waren. Zwar fehlen Objekte aus organischem Material wie beispielsweise Holzgefässe, dennoch zeigt die Haushaltskeramik eine bereits aus anderen Fundstellen bekannte Vielfalt an Gefässen zum Kochen, Servieren und Ausschenken. Ein Grossteil der Keramikgefässe lässt sich in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts datieren. Die Ofenkeramik, die Motive darauf sowie die Münzfunde bestätigen diese Zeitstellung.
Spuren des Schwabenkriegs?
Die weite Verbreitung der Brandschichten mit ähnlicher Datierung lässt an ein übergeordnetes Ereignis im Fricktal denken. Die Brandschatzungen des Schwabenkriegs 1499 bieten dafür eine mögliche Erklärung. Das Fricktal war als Teil der habsburgischen Vorlande während vielen Jahrhunderten eine Grenzregion, die durch Konflikte und Kriege geprägt war. Die Ergebnisse zeigen, dass das Fricktal während des Schwabenkrieges Brandschatzungen und Plünderungszüge erdulden musste. Erstaunlich ist dabei, dass dies in der historischen Forschung bislang kaum beachtet wurde, obwohl schriftliche Quellen davon berichten. Die Ergebnisse des Auswertungsprojekts revidieren dieses Bild.
Wanderausstellung und Buchvernissage
Eine Wanderausstellung mit Originalfunden gastiert vom 26. Februar bis zum 15. Dezember 2024 in 21 Fricktaler Gemeinden.
Am 26. Februar findet im Gemeindehaus Stein zugleich mit dem ersten Standort der Wandervitrine die Vernissage der diesjährigen Jahresschrift der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde statt. «Vom Jura zum Schwarzwald» widmet sich in der neuen Ausgabe umfassend dem Schwabenkrieg. Der Abschluss des Gedenkjahres findet in Rheinfelden statt. (mgt)