Liebeserklärung ans Schwimmbi
Ronny Wittenwiler
Gewisse Erinnerungen kann man Jahrzehnte später wieder förmlich riechen. Ode an eine grossartige Zeit.
Es ist dreissig Grad im Schatten, als mir die Idee für diese Zeilen kommt, und ...
Liebeserklärung ans Schwimmbi
Ronny Wittenwiler
Gewisse Erinnerungen kann man Jahrzehnte später wieder förmlich riechen. Ode an eine grossartige Zeit.
Es ist dreissig Grad im Schatten, als mir die Idee für diese Zeilen kommt, und Brösmeli und Krümel frohlocken und rechnen im Zuge knallharter Recherche bereits mit einem ausgiebigen Test-Essen durch das Sortiment. Noch suche ich nach Argumenten dagegen – wie erkläre ich dem Chef die ausufernde Spesenabrechnung? – da erklärt Krümel feierlich: «Lass uns mit Pommes beginnen.» Zugegeben: Pommes in der Badi schmecken immer und ganz besonders tun sie das, wenn ordentlich Chlorduft die Nasenhöhle erobert. Ich kann die Achtzigerjahre förmlich riechen und beginne zu flunkern, als wir unten am Schwimmbi-Kiosk ankommen: «Also zu meiner Zeit als Kind, da hatten wir höchstens einen Einfränkler für eine Wasserglace.» Okay, wir hatten einfach das ganze Sackgeld obendrauf gepackt und es im Portemonnaie um den Hals getragen, was dann mit tropfenden Badehosen beim Schlangestehen eben doch noch für den siebten Hotdog-Himmel reichen sollte oder wenigstens fürs Ketchup-Brötchen, ohne Wurst.
Nichts, aber rein gar nichts, vermag in diesen Hitzetagen die Erinnerung an die eigene Kindheit stärker wachzurütteln als ein Besuch im Schwimmbi. Und überhaupt: Sind Sie eigentlich im Team Winnetou oder im Team Pralinato? Sind Sie im Team Dreimeterbrett-Körperwelten oder im Team Stauen-auf-der-Rutschbahn-bis-der-Bademeister-kommt?
Bevor ich komplett in die Vergangenheit eintauche, holen mich Krümel und Brösmeli wieder ins Jetzt. Los, ins Wasser! lautet die eindringliche Bitte, ja vielmehr der Befehl, und ich entgegne mit der Mutter aller eisernen Gesetze: «Nach dem Essen muss man zuerst eine Stunde warten!» Darauf mein Rasennachbar, ein ähnlich blasser Mitvierziger, auf dem Badetuch nebenan: «Also wir mussten damals immer bloss eine halbe Stunde warten.» Also doch: Schon in den Achtzigern hatte die Hälfte der Eltern ihre Kinder angeflunkert. Ich weiss bloss nicht, welche Hälfte.
Darauf eine gute, alte Rakete.
Und welcher Badi-Typ warst du?
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