Umgang mit Kriminalität und Informationssicherheit
01.05.2025 AargauBericht aus dem Grossen Rat
Wie immer nehme ich in meinem Bericht nur Stellung zu einzelnen Geschäften, welche im Grossen Rat traktandiert waren. Am Dienstag war auch der Jahresbericht 2024 der Geschäftsprüfungskommission (GPK) ein Thema. Die GPK übernimmt eine ...
Bericht aus dem Grossen Rat
Wie immer nehme ich in meinem Bericht nur Stellung zu einzelnen Geschäften, welche im Grossen Rat traktandiert waren. Am Dienstag war auch der Jahresbericht 2024 der Geschäftsprüfungskommission (GPK) ein Thema. Die GPK übernimmt eine zentrale Kontrollfunktion, indem sie prüft, wo andere Fachkommissionen an ihre Grenzen stossen. Künftig will sie den Austausch mit den Fachkommissionen intensivieren und Synergien besser nutzen. Sie trägt zur Effizienz bei, erkennt Fortschritte an und zeigt gezielt Verbesserungsmöglichkeiten auf. Eine gute und wichtige Sache.
Strukturkriminalität im Fokus
Zwei Motionen stellen die Bekämpfung der Strukturkriminalität ins Zentrum. Der Wille, diese Form der Kriminalität ernsthaft zu bekämpfen, ist parteiübergreifend vorhanden – doch über die Mittel herrscht keineswegs Einigkeit, da Strukturkriminialität präventiv nicht sichtbar ist. Beim Zugang zur präventiven Kontrolltätigkeit erkennen die GLP und weitere Fraktionen den Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Strukturkriminalität klar – doch sie bleibt kritisch gegenüber dem eingeschlagenen Weg. Die Motion verlangt eine Änderung des Polizeigesetzes, um ein erweitertes Zugangsrecht für präventive Kontrollen zu schaffen. Problematisch: Präventive Kontrolltätigkeit bei Strukturkriminalität ist schwer durchführbar, weil solche komplexen, oft organisierten Straftaten schon heute unter die Zuständigkeit der Strafbehörden fallen, die über die nötigen Kompetenzen verfügen. Die GLP hätte stattdessen auf eine Stärkung der Strafverfolgungsbehörden gesetzt – etwa durch den Ausbau von Personalressourcen, um schneller und effizienter eingreifen zu können. Ausserdem war auch innerhalb der einreichenden SVP der Rückhalt nicht einstimmig: Nicole Burger, erfahrene Staatsanwältin und SVP-Politikerin, stellte sich offen gegen die Motion. Dennoch wurde sie mit 88 zu 42 Stimmen angenommen.
Ähnlich verlief die Diskussion bei der zweiten Motion, die den Informationsaustausch zwischen Behörden gesetzlich verstetigen will. Auch hier anerkennt die GLP die Wichtigkeit des Themas und hätte einer Entgegennahme als Postulat zugestimmt, wie es im Vorfeld der Debatte mit den Motionärinnen und Motionären abgesprochen war. Kurzfristig entschieden sich diese jedoch, an der härteren Form der Motion festzuhalten. Die GLP und weitere Fraktionen lehnten ab – nicht aus Prinzip, sondern weil die Forderung so formuliert schlicht nicht wirkungsorientiert sei.
Strukturkriminalität existiert auch im Aargau – das ist unbestritten. Informationsaustausch zwischen Behörden ist notwendig, um sie effektiv zu bekämpfen. Aber: Eingriffe in die Rechtsstaatlichkeit und den Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht leichtfertig erfolgen. Das Bundesrecht setzt hier klare Schranken, die zu beachten sind. Trotzdem wurde auch diese Motion mit 88 zu 41 Stimmen angenommen.
Die Motion zur Lockerung der Altersguillotine bei der Feuerwehr wurde vom Grossen Rat mit deutlicher Mehrheit (100 zu 33 Stimmen) abgelehnt. Der Rat folgte damit der Empfehlung des Regierungsrates, der betonte, dass die Feuerwehren ihre Personalplanung eigenständig und bedarfsgerecht vornehmen können. Beim Gesetz über die Informationssicherheit ging es um den Bericht und Entwurf zur 1. Beratung. Wir alle gehen täglich mit sensiblen Informationen um – ob harmlos oder vertraulich. Doch oft fehlt das Bewusstsein für deren Schutz über den gesamten Übertragungsweg hinweg. Die Digitalisierung bringt viele Vorteile, erhöht aber auch die Risiken, da Daten nicht mehr einfach physisch gesichert werden können. Deshalb kritisiert die GLP verschiedene Punkte an der vorliegenden Gesetzesvorlage. Die GLP erwartet, dass sich der Regierungsrat ernsthaft mit Sicherheitsrisiken durch Cloud-Dienste und KI auseinandersetzt und diese in den Ausführungsbestimmungen berücksichtigt. Trotz dieser Kritik trat die GLP auf die Vorlage ein und stimmt ihr in überarbeiteter Form zu. Der Grosse Rat sah dies grossmehrheitlich ebenso. Die Motion betreffend Lohndeckelung für die Mitglieder der Konzernleitung der Axpo Holding AG wurde stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
Rechtsstaatliche Prinzipien wahren
Die Annahme der Motionen zur Bekämpfung von Strukturkriminalität und zum besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden könnte weitreichende Folgen für den Aargau haben. Einerseits wird die Polizei wohl mehr Befugnisse im Bereich der präventiven Kontrollen erhalten, was neue Eingriffsmöglichkeiten schafft – noch bevor konkrete Straftaten vorliegen. Das könnte die Wahrung der individuellen Rechte und Freiheiten spürbar belasten. Andererseits wird der Austausch von Informationen zwischen Behörden institutionalisiert. Während dies die Effizienz im Kampf gegen Strukturkriminalität steigern kann, steigt gleichzeitig die Gefahr eines staatlichen Datenhungers, der nicht immer verhältnismässig sein könnte. Die Balance zwischen Sicherheit und Schutz der Privatsphäre wird damit neu austariert – zum Risiko der Bürgerrechte. Unterm Strich: Die Richtung stimmt im Ziel, aber der Weg bleibt kritisch zu beobachten. Die Aargauerinnen und Aargauer sollten genau hinsehen, wie diese neuen gesetzlichen Grundlagen künftig in der Praxis umgesetzt werden – und ob die rechtsstaatlichen Prinzipien gewahrt bleiben.
BÉA BIEBER, RHEINFELDEN
RANDNOTIZ
Sechseläuten und Grossrat
Sechseläuten und Grosser Rat Aargau, beides habe ich innerhalb 24 Stunden «geniessen» dürfen – beide bringen viele Menschen zusammen, beide sind voller Tradition, und in beiden Fällen wird ab und zu heisse Luft produziert. Aber die «Unterschiede» bringen einem zum Schmunzeln: Beim Sechseläuten wird der Böögg verbrannt, im Grossen Rat manchmal eher gute Ideen, dies aus ideologischen Gründen. Am Sechseläutenumzug werden massenhaft Blumen verschenkt … im Grossen Rat dürfen wir oft über ein buntes Themenbouquet debattieren. Am Sechseläutenumzug feiern sich die Zünfter selber und erleben Glücksmomente … am Rednerpult im Grossen Rat in Aarau ist dies oft nicht anders ... In Zürich dauert das Drama nur ein paar Stunden – im Aargau, so befürchte ich, manchmal eine ganze Legislaturperiode. Beim Sechseläuten fragt man sich: «Wann explodiert der Böögg?» Im Grossen Rat: «Wann explodiert endlich jemand aus Frust?» Der Böögg ist beim Sechseläuten der Mittelpunkt – im Aargau wird manchmal politisch ein Böögg aus allem gemacht. Item ... als Fricktaler Grossrätin freute ich mich über den diesjährigen Sechesläuten-Gastkanton Zug, dem Chriesi-Kanton schlechthin … ich fühlte mich fast wie daheim.