Trügerisches Grün und ein Protokoll des Schauderns
30.07.2024 BrennpunktTrügerisches Grün
Vor dem Ertrinken im Rhein gerettet – mehrere Vorfälle in den letzten Tagen
Möhlin und Rheinfelden in der vorletzten, Laufenburg in der vergangenen Woche: Bloss dank Rettungskräften und einigem Glück ...
Trügerisches Grün
Vor dem Ertrinken im Rhein gerettet – mehrere Vorfälle in den letzten Tagen
Möhlin und Rheinfelden in der vorletzten, Laufenburg in der vergangenen Woche: Bloss dank Rettungskräften und einigem Glück gab es zuletzt bei prekären Vorfällen am Rhein keine Toten zu beklagen.
Ronny Wittenwiler
Trotz der sonnigen letzten Tage führt der Rhein noch immer viel Wasser. In schönem Grün fliesst er durchs Fricktal und vielleicht macht gerade das seine trügerische Anziehungskraft aus. Denn: Verfärbt sich der Rhein bei starken Niederschlägen jeweils zu einer braunen Suppe, denkt kaum jemand an eine Ausfahrt mit dem Schlauchboot, geschweige denn daran, im Fluss zu baden. Kaum aber wechselt die Farbe, vergessen viele, was der Rhein bei Hochwasser trotzdem bleibt: ein offenes Gewässer, auf dem Unerfahrenheit teuer bezahlt wird. In den letzten Tagen mussten mehrere Personen vor einem Unfall beziehungsweise vor dem Ertrinken gerettet werden.
Mit dem Schlauchboot Richtung Stauwehr
Dieser Zeitung sind drei Ereignisse in den letzten zwölf Tagen bekannt. Der erste Vorfall ereignete sich am Freitagnachmittag, 19. Juli. Auf einem Schlauchboot trieben Erwachsene zusammen mit einem zwölfjährigen Jungen den Fluss hinunter und gerieten in Panik, als sie aufgrund der massiven und ganz offensichtlich von ihnen unterschätzten Strömung nicht mehr rechtzeitig an Land zu kommen drohten – vor den geöffneten Schleusen beim Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt. Vom Ufer aus beobachteten Personen den Vorfall und alarmierten die Polizei, welche die Rheinrettung aufbot. Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, bestätigt den Vorfall. Letztlich hätten es die in Not Geratenen aus eigener Kraft an Land geschafft. Eine Frau, womöglich aufgrund eines Schocks, sei im Anschluss medizinisch betreut worden, erzählt ein Beobachter gegenüber der NFZ.
Keine gute Schwimmerin
Nur einen Tag später, am Samstag, 20. Juli, der nächste Vorfall bloss ein paar Kilometer rheinabwärts in Rheinfelden. Zeugen hörten, wie eine 56-Jährige um Hilfe schrie. Mehrmals soll sie unter Wasser geraten sein, schliesslich konnte sie sich mit Glück an einem Gehölz festhalten. Die Rheinrettung barg die Frau, und sie wurde zur Kontrolle ins Spital gebracht. Gemäss ihren eigenen Angaben sei die Frau keine gute Schwimmerin, sagt Bernhard Graser mit Bezug auf das Ereignisprotokoll. Mit der eigentlichen Absicht, beim Inseli in Rheinfelden bloss ein wenig die Füsse und Beine ins Wasser zu halten, sei sie von der Strömung überrascht und mitgetragen worden.
Strömung unterschätzt
Und dann, nur fünf Tage später, am vergangenen Donnerstag, schon der nächste Vorfall, dieses Mal in Laufenburg. Um 18 Uhr ging die Meldung ein, wonach eine Frau beobachtet wurde, die mit einer Schwimmhilfe unterwegs war, von der Strömung fortgetragen wurde und nach aussichtsloser Hilfe von Drittpersonen ausser Sichtweite geriet. Hier wurde ebenso die Rheinrettung gerufen. «Auch das endete glimpflich», sagt Bernhard Graser, spricht aber von einem klassischen Fall. «In den meisten Fällen wird die Strömung völlig unterschätzt. Der Pegel der Fliessgewässer ist nach wie vor hoch. Es ist nicht ratsam, darin zu baden, wenn man kein wirklich guter Schwimmer ist.»
Es sind zwar – ob von Polizei oder der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft – immer wieder dieselben Tipps; dass dieses Gebetsmühlenartige allerdings vonnöten ist, haben die jüngsten Vorfälle im Fricktal in nur wenigen Tagen gezeigt. Nur mit Glück und dank der Einsatzkräfte gab es keine Toten zu beklagen. Es scheint, als hätte gerade dieses Grün des Rheins eine trügerische Anziehungskraft, ungeachtet der Wassermassen, die der Fluss nach wie vor führt. In den letzten Jahren kam es im Fricktal immer wieder zu Bade- und Schwimmunfällen mit Todesfolge.
Laut den Ertrinkungsstatistiken der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG ertrinken in der Schweiz durchschnittlich jedes Jahr rund 50 Personen und Ertrinken bleibt die zweithäufigste Unfall-Todesursache bei Kindern. Zu den tödlichen Ertrinkungsfällen kommen noch zahlreiche Fälle von Beinahe-Ertrinken hinzu, die mitunter schwerwiegende Auswirkungen auf das weitere Leben haben. (Quelle: SLGR)