Fricktalerin hat den Verein «trauern hilft» gegründet
Christine Kaufmann will verschiedene Angebote der Trauerbegleitung besser miteinander vernetzen.
«Trauern muss an Schrecken verlieren», findet sie.
Ronny Wittenwiler
Sie war acht Jahre alt, ...
Fricktalerin hat den Verein «trauern hilft» gegründet
Christine Kaufmann will verschiedene Angebote der Trauerbegleitung besser miteinander vernetzen.
«Trauern muss an Schrecken verlieren», findet sie.
Ronny Wittenwiler
Sie war acht Jahre alt, als ihr Vater die Diagnose erhielt. «Wir wussten, dass unser Papi sterben wird.» Heute ist Christine Kaufmann eine erwachsene Frau. Damals aber als Kind, aufgewachsen in Eiken, hätte ihr geholfen, was sie jetzt für die Region Nordwestschweiz aufbauen will: Eine Plattform, die Familien mit Kindern und Jugendlichen eine Orientierungshilfe ist in verschiedenen Phasen der Trauer. Denn für Christine Kaufmann ist klar: «trauern hilft.» Und so heisst auch der von ihr gegründete Verein.
Angebote sichtbar machen
Kaufmann, und das hat mit ihrer eigenen Geschichte zu tun, machte im letzten Jahr die Ausbildung zur Familientrauerbegleiterin. Als sie sich fragte, wie ausgebildete Kolleginnen und Kollegen die Trauerbegleitung bewerben, sei ihr aufgefallen, wie es solchen Angeboten vor allem an allgemeiner Sichtbarkeit fehle. «Ich möchte mit dem neuen Verein ein Gefäss schaffen, welches möglichst viele Angebote im Bereich der Trauerbegleitung miteinander vernetzt.»
Die Gründung des Vereins, den Kaufmann gleich selbst präsidiert, erfolgte im Dezember. Nun gehe es darum, in die öffentliche Wahrnehmung zu gelangen, denn das Thema ist aus Sicht von Kaufmann von Belang. «Trauern muss an Schrecken verlieren.» Mit im Vorstand engagiert sich ein Kinder- und Jugendpsychologe, eine Familientrauerbegleiterin und ein Bestatter. «Wir sind offen für ganz viel Know-how. Jeder und jede soll seine Expertise aus seinem Bereich miteinfliessen lassen für den Aufbau.»
Wie ein erster Anker
Nach der Diagnose habe der Vater noch rund fünf Jahre gelebt, sagt Christine Kaufmann. Aber weder das bevorstehende Sterben noch der Verlust danach seien innerhalb der Familie wirklich thematisiert worden. «Wir alle waren mit der Situation überfordert und funktionierten einfach, jeder für sich allein.» Retrospektiv sei ihr klar geworden, wie dieses Unterdrücken von Gefühlen in frühester Kindheit ihrer physischen und psychischen Gesundheit bis ins Erwachsenenalter zugesetzt habe. Gerade hier soll der Verein so etwas wie ein erster Anker in schweren Zeiten werden. Trauerbegleitung sei auch Präventionsarbeit, findet Kaufmann. Bei Kindern ganz besonders. «Trauer ist keine Krankheit, sondern etwas Gesundes. Der Trauer aber keinen Platz zu geben, kann krank machen.»
Ob sie heute noch oft an ihn denke? «Ich hatte ihn jahrelang ausgeklammert, weil ich einfach weiter funktionierte. Durch die Aufarbeitung meiner eigenen Geschichte hole ich mir meinen Papi wieder zurück und kann ihm den Platz in meinem Leben geben, den er eigentlich schon immer verdient hätte.» Christine Kaufmanns Vater starb an der Nervenkrankheit ALS. Trauern hat ihr geholfen.
www.trauernhilft.ch