Auch in Hellikon hören die «Rössli»-Wirte auf
Immer weniger Beizen: Sucht man von Zuzgen bis Wegenstetten bald vergebens nach einem klassischen Restaurant?
Ronny Wittenwiler
Keine zwei Wochen ist es her, seit die NFZ im Rahmen eines ...
Auch in Hellikon hören die «Rössli»-Wirte auf
Immer weniger Beizen: Sucht man von Zuzgen bis Wegenstetten bald vergebens nach einem klassischen Restaurant?
Ronny Wittenwiler
Keine zwei Wochen ist es her, seit die NFZ im Rahmen eines «Wirtschaft Spezial 2023» unter anderem die Gastronomie in den Fokus rückte, genaugenommen das Beizensterben. Längst gibt es auch im Fricktal mehrere Gemeinden, in denen kein einziges Restaurant mehr existiert. Nun droht auch Hellikon, sich in diese Liste einzureihen. «Spätestens per 19. April hören wir auf», sagt Seppi Hasler. Seit neunzehn Jahren führt er mit seiner Frau Manuela das «Rössli». Das Wirte-Ehepaar hat das Restaurant zur Pacht ausgeschrieben und Interessenten hätten sich auch bereits gemeldet, sagt Hasler. Gefunden hat man sich aber noch nicht. «Den Interessenten war das Restaurant entweder zu klein oder zu gross; den meisten zu gross.» Nachdem bereits an Pfingsten das «Rössli» in Zuzgen seine Türen schloss: kommt es nun also ausgerechnet in der Nachbargemeinde zur Duplizität der Ereignisse und auch Hellikon verliert sein «Rössli» und damit, genau wie Zuzgen, ebenso sein letztes Restaurant im Dorf?
Kaum Beizen, viel Bedauern
«In den Städten und Agglomerationen boomt die Gastronomie, auf dem Land wird es zunehmend schwieriger», sagte Bruno Lustenberger, Präsident beim Wirteverband «GastroAargau», vor zwei Wochen zur NFZ. Diese Entwicklung scheint sich im Wegenstettertal besonders zu manifestieren. Noch vor Hellikon und Zuzgen machte in Wegenstetten das letzte klassische Restaurant dicht. Dass diese Tatsache die Menschen durchaus beschäftigt, zeigte sich anhand der vielen Reaktionen auf den Artikel von vor zwei Wochen. Über einhundert Kommentare gingen auf dem NFZ-Facebook-Account ein, meist verbunden mit grossem Bedauern. Daniel Hollinger, Gemeindeammann von Zuzgen, bezeichnet das Verschwinden des letzten Restaurants im Dorf als «Verlust des sozialen Umfeldes für die Dorfbevölkerung, für das ganze Tal. Wie ein Graben, der bleibt und nicht mehr auffüllbar ist. Die Kontakte am Stammtisch, auch manchmal nur kurze spontane, mit Jägern, Bauern, älteren und jüngeren Einwohnern, fehlen.»
Alles Rössli, oder was?
Der Zufall will es, dass ausgerechnet ein anderes «Rössli» im unteren Fricktal den umgekehrten Weg nimmt. War in Obermumpf mit dem «Rössli», auch dort die allerletzte verbleibende Beiz im kleinen Dorf, lange geschlossen, ist es seit Mai wieder geöffnet. In der Tat sei man in Obermumpf froh, dass das Restaurant wieder geöffnet ist, sagt Gemeindeammann Benedikt Gürtler. «Die Beiz oder das Restaurant im Dorf ist viel mehr als ein Ort, an dem man essen und trinken kann. Es ist auch ein sozialer Ort, ein Platz der Gemeinschaft. Ob Freundeskreise, die sich hier verabreden, ob das erste Date, der Familienausflug, das geschäftliche Essen oder die Einzelperson, die es geniesst, unter Mitmenschen die Zeitung zu lesen und einen Kaffee zu trinken: ein Restaurant im Dorf ist immer auch Begegnungsort.» Im Fischingertal hat mit Mumpf, Obermumpf und Schupfart jede Gemeinde ein klassisches Restaurant beziehungsweise einen Gasthof. Im gesamten Wegenstettertal hingegen bliebe nur noch Zeiningen übrig. Es sei denn, die Haslers in Hellikon werden doch noch fündig.