Baltische Staaten werden Teil des Europäischen Stromverbundnetzes
Anfang Februar wurden die nationalen Stromnetze von Estland, Lettland und Litauen vom russischen und weissrussischen Stromnetz abgekoppelt und mit dem Stromnetz von Kontinentaleuropa synchronisiert. Das ...
Baltische Staaten werden Teil des Europäischen Stromverbundnetzes
Anfang Februar wurden die nationalen Stromnetze von Estland, Lettland und Litauen vom russischen und weissrussischen Stromnetz abgekoppelt und mit dem Stromnetz von Kontinentaleuropa synchronisiert. Das Europäische Verbundnetz startete 1904 in Rheinfelden.
In der neusten Mitteilung des Verbands der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber in Brüssel wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Synchronisation der baltischen Stromnetze mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz am 9. Februar um ein historisches Ereignis und einen wichtigen Meilenstein handle. Für die baltischen Staaten werde damit die Energieresilienz – die erfolgreiche Bewältigung von Störereignissen – und die Energieunabhängigkeit erhöht. Die Stromverbindung mit Kontinentaleuropa erfolgt jetzt hauptsächlich über die polnisch-litauische Grenze sowie über Unterseekabel durchs baltische Meer mit Finnland und Schweden. Heute hat der Verbund 40 Mitglieder aus 36 Staaten. Die Schweiz ist mit «swissgrid» vertreten, Baden-Württemberg mit «TransnetBW». Als letztes Mitglied ist am 1. Januar 2024 die Ukraine aufgenommen worden. Aus der sicheren Stromversorgung der Stadt Basel im Jahr 1904 ist eine sichere Stromversorgung von über 400 Millionen Europäern entstanden.
Beginn in Rheinfelden
Der Start des Europäischen Stromverbundnetzes hat am 13. Februar 1904 bei der Brown Nizzola-Plattform in Rheinfelden stattgefunden. An diesem Tag erhielt die 25’000 Volt-Hochspannungsleitung vom Wasserkraftwerk Beznau zum Wasserkraftwerk Rheinfelden die Betriebsgenehmigung des Eidgenössischen Starkstrominspektorates. Damit war die erste Masche eines Kraftwerkverbundes auf Basis von Drehstrom mit einer Frequenz von 50 Hertz gelegt. Drehstrom ist heutiger Weltstandard, die 50 Hertz-Frequenz ist heute Standard in 4½ von 6 Kontinenten. Zweck dieses damaligen Verbundnetzes Beznau-Rheinfelden war die Versorgung der Stadt Basel mit elektrischem Strom.
Stern von Laufenburg 1958
Aus den lokalen Verbundnetzen von Kraftwerken entstanden schliesslich Landesnetze mit 220 000 Volt Hochspannung. 1958 wurden im «Stern von Laufenburg» die ersten drei Landesnetze von Deutschland, Frankreich und der Schweiz zusammengeschaltet und synchronisiert. Die Idee dazu stammte massgeblich aus der Schweiz, beim Projekt spielte der Friedensgedanke eine wesentliche Rolle. 1967 erfolgte dann die erstmalige Zusammenschaltung von 380 000 Volt-Ländernetzen wiederum in Laufenburg.
Letzte Woche hat der Vorstand der IG pro Steg beider Rheinfelden auf der Brown Nizzola-Plattform auf den 121. Geburtstag des Europäischen Stromsystems angestossen und an die damaligen Strompioniere und ihre Langzeitwirkungen erinnert. Dabei ist neben Agostino Nizzola, dem Schöpfer des Europäischen Stromverbundnetzes, auch Michael von Dolivo-Dobrowolsky, der Pionier für Drehstrom mit Plattform am deutschen Rheinufer zu erwähnen. Er wurde 1862 südlich von St. Petersburg in Russland geboren, wuchs in Odessa – heute Ukraine – auf und begann ein Studium der Chemie an der Universität RiGA – heute Lettland. Als fortschrittlicher Student bekam er Studienverbot in ganz Russland, worauf er 1883 das Land verliess und ins Deutsche Kaiserreich auswanderte. Er studierte Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt und entwickelte den Drehstrom, unseren heutigen Weltstandard. 1897/98 war er für den Einbau der «Ur-Turbine des Europäischen Verbundnetzes» im alten Kraftwerk Rheinfelden verantwortlich. (mgt/nfz)