Spannendes Nour-Chorkonzert
24.06.2025 RheinfeldenAuf der musikalischen Suche nach Gemeinsamkeiten der Religionen
Christliche, islamische und jüdische Lieder, gesungen vom Rheinfelder A-Cappella-Chor totalVocal, gelangen in der Johanniterkapelle zweimal zur Aufführung. Ein Experiment.
Nour wird im Koran im sogenannten ...
Auf der musikalischen Suche nach Gemeinsamkeiten der Religionen
Christliche, islamische und jüdische Lieder, gesungen vom Rheinfelder A-Cappella-Chor totalVocal, gelangen in der Johanniterkapelle zweimal zur Aufführung. Ein Experiment.
Nour wird im Koran im sogenannten «Lichtvers» beschrieben. Das Licht Gottes schimmert hinter Glas in einer Nische, wie ein leuchtender Stern. Lichte Momente erhoffen sich die 14 Sängerinnen und Sänger für das Publikum. Zur Begrüssung erklingt ein Kanon, in welchem das christliche Kyrie Eleison, das jüdische Shalom und das islamische La ilaha illa Allah verschmelzen. Damit wird die dem Konzertprogramm zugrunde liegende Frage aufgeworfen, ob es trotz der Unterschiedlichkeiten der drei Religionen Gemeinsamkeiten in der Erfahrung der Spiritualität gibt. «Ich meine, es gibt gute Gründe für eine Annahme, dass Christen, Juden und Muslime an denselben Gott glauben, auch wenn sie anders an ihn glauben», sagt Reinhold Bernhardt, em. Professor für Systematische Theologie an der Universität Basel. Zum Ensemble gehören zurzeit acht Sängerinnen und sechs Sänger: «Die Erfahrungen beim Proben waren recht unterschiedlich. Während gewisse Lieder sofort ins Herz trafen, mussten wir uns bei anderen auf einen anstrengenden Weg begeben. Hier kamen uns Tonalität, Rhythmus und Sprache zuerst sehr fremd vor. Es brauchte Geduld. Zu merken, dass es allmählich gelingen kann, das wurde für uns zu einer wertvollen Erfahrung.» Christlich-orthodoxe Varianten des Kyrie Eleison machen den Anfang des ersten Konzertteils: Modest Mussorgskij und Alfred Schnittke haben das Gospodi Pomiluj – russisch für «Herr, erbarme dich» – in einer russischen Weise, Jakiv Jazinevitsch hat es ukrainisch intoniert. Weiter geht es mit Variationen des Ave Maria von Hilber und Górecki. The Deer’s Cry basiert auf einer Heiligenlegende und wurde vom estnischen Komponisten Arvo Pärt vertont und 2008 uraufgeführt. Erzählt wird die wundersame Rettung des Mönchs Patrick und seiner Gefährten. Indem sie sich durch das Gebet in Hirsche verwandelten, sollen sie ihren Verfolgern entkommen sein. So blieben sie am Leben.
Ergänzung durch Art-Perfomance
Zwei unterschiedliche Werke machen den islamischen Teil des Konzertes aus. Allah Hu («Gott selbst») ist eine Sufi-Meditation eines malesischen Chors aus Südafrika. Sufi ist eine Bezeichnung für Männer und Frauen, die den Weg der islamischen Mystik einschlagen. Hergeleitet vom arabischen Wort Suf für Wolle. Es bezeichnete einst ein schlichtes Gewand und stand für eine einfache Lebensweise. Sufis streben nach einer spirituellen Reinigung und Verbindung mit Gott. Es ist im Grunde genommen eine Reise zur eigenen Seele. Zikr ist eine zentrale Praxis für Sufis. Dabei rezitieren sie Suren aus dem Koran und wiederholen das Glaubensbekenntnis, den Namen Allahs sowie Grüsse an den Propheten Mohammed (Salawat) in der Hoffnung, Gottesnähe zu erlangen. Die zur Aufführung gebrachte Komposition stammt vom Inder Allah Rakha Rahman. Der Rhythmus wird immer schneller. Die Zuhörenden können sich einen tanzenden, herumwirbelnden Derwisch dazu denken.
Der jüdische Teil beginnt mit dem Shalom aleichem und wird gefolgt von «Wind in the West» (hebräisch Ruach) des israelischen Komponisten Tzvi Avni, der als Kind aus Nazi-Deutschland nach Palästina f lüchtete. Das hebräische Wort Ruach bedeutet wörtlich Wind, kann aber auch mit Geist oder Atem übersetzt werden. Im Tanach (vergleichbar mit der Bibel) wird Ruach für physische Phänomene, aber auch für den Geist Gottes verwendet. Fallende Blätter – mit dem Wind von Westen – sammeln sich im Osten an. Westliche und jüdisch-orientalische Elemente vermengen sich inhaltlich und musikalisch.
Ergänzt wird das Chorkonzert durch eine Art-Performance der aus Kasachstan stammenden Musikerin und Komponistin Alsu Nigmatullina.
Die Leiterin von totalVocal, Julia Palac, interpretiert ein von Nigmatullina komponiertes Werk für Flöte. Beide Musikerinnen gestalten ausserdem gemeinsam eine besondere gesangliche Sufi-Meditation. (mgt/nfz)
Das Nour – Chorkonzert von totalVocal findet am Samstag, 28. Juni um 19 Uhr und am Sonntag, 29. Juni, um 17 Uhr (die Zeitangabe in 2x Rheinfelden ist falsch) in der Johanniterkapelle in Rheinfelden statt. Eintritt frei, Kollekte.