Schwierige Situation an der Sprachheilschule
24.06.2025 SteinEine angespannte Atmosphäre, viele personelle Abgänge und krankheitsbedingte Ausfälle: Das und weitere alarmierende Zeichen an der Steiner Sprachheilschule (Zentrum ASS) versetzen Eltern in grosse Sorge. Laut Institutionsleitung liegen die Gründe für die Verunsicherungen ...
Eine angespannte Atmosphäre, viele personelle Abgänge und krankheitsbedingte Ausfälle: Das und weitere alarmierende Zeichen an der Steiner Sprachheilschule (Zentrum ASS) versetzen Eltern in grosse Sorge. Laut Institutionsleitung liegen die Gründe für die Verunsicherungen in einer Neuausrichtung der Schule.
Susanne Hörth
Ein Ort, an dem Kinder mit einer Sprachbeeinträchtigung individuell gefördert werden, ist das Zentrum ASS (ZASS). Es bietet Tagesschulen an mehreren Orten im Aargau an, eine davon in Stein. Ihr Kind habe hier tolle Fortschritte machen dürfen, insbesondere auch dank einer umfassenden spezialisierten Betreuung, erzählt eine Fricktalerin (Name der Redaktion bekannt). Voller Lob berichtet sie auch über das kompetente Lehrerkollegium, welches sich mit Herzblut für die Kinder engagiert. Was so positiv beginnt, geht mit einem «Aber» weiter. Denn seit einigen Monaten bereiten verschiedene Entwicklungen an der Schule nicht nur ihr, sondern mehreren Eltern grosse Sorge. Eine zunehmend angespannte Atmosphäre würde sich ausbreiten. «In den letzten Wochen kam es zu einer auffälligen Häufung von Kündigungen. Zudem häufen sich krankheitsbedingte Ausfälle im Team», berichtet die Mutter, die auch im Namen mehrerer besorgter Eltern spricht.
«Unsicherheit und Vertrauensverlust»
An der ZASS in Stein werden vom Kindergarten bis und mit der sechsten Primarschule rund 50 Mädchen und Buben mit einer Sprachbeeinträchtigung unterrichtet. Um den Kindern die bestmögliche Unterstützung zu geben, sind Lehrpersonen, Klassenassistenzen, Logopädinnen und Fachpersonal für die Psychomotorik täglich im Einsatz. «Alle fünf Bezugspersonen meines Kindes werden nach den Sommerferien nicht mehr da sein», verdeutlicht die Mutter, welch gravierende Auswirkungen die Vorkommnisse auf die Schülerinnen und Schüler haben. Ihr Kind sei kein Einzelfall. «Es herrscht eine bedrückende Stimmung in der Schule, geprägt von Unsicherheit und Vertrauensverlust.»
Kaum oder späte Informationen bei wichtigen Ereignissen oder ein bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht vorliegender Stundenplan für das neue Schuljahr sind weitere Indizien für die Eltern, dass auch das Organisatorische bei der ZASS in Stein aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die Fricktalerin hat sich per Mail an den Stiftungsratspräsidenten Urs Martin, er ist zugleich Personalverantwortlicher beim Departement Finanzen und Ressourcen des Kantons Aargau, gewandt. Das gleiche Schreiben ging an Peter Walther, Leiter der Abteilung Sonderschulen, Heime und Werkstätten beim Bildungsdepartment. Die Fachstellen werden gebeten, hinzuschauen und zu handeln.
Stiftungsratspräsident Urs Martin hat auf das Mail reagiert und die Eltern wissen lassen, dass er bereits im Austausch mit Peter Walter sei. Am Montagmorgen wurden die Eltern von Institutionsleiterin Eveline Marcarini und Schulleiterin Daniela Lauber Bärlocher über Veränderungen an der ZASS informiert. Gegenüber der NFZ erklärt Eveline Marcarini, dass die Sorgen der Eltern sehr ernst genommen werden. Sie bestätigt, dass sich in diesem Jahr überdurchschnittlich viele Mitarbeitende entschieden hätten, dass Zentrum ASS zu verlassen. Die Gründe würden im Zusammenhang mit einer Neuausrichtung stehen. Im Auftrag der Abteilung Sonderschulen, Heime und Werkstätten des Kantons Aargau muss das bestehende Angebot am Zentrum ASS erweitert werden. «Künftig werden neben Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen auch Schülerinnen und Schüler mit sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen aufgenommen und gezielt gefördert.» Dies erfordere eine Anpassung, sowohl inhaltlich, fachlich als auch personell.
Veränderungen an der Sprachheilschule
Am Zentrum ASS (ZASS) in Stein ist das Gleichgewicht zurzeit etwas durcheinandergeraten. Eltern sind in grosser Sorge (siehe Seite 1). Ihre Anliegen werden sehr ernst genommen, erklärt Institutionsleiterin Eveline Marcarini gegenüber der NFZ. Die von einigen Eltern mit Besorgnis wahrgenommene angespannte Situation an der Sprachheilschule im Gleichzug mit vielen personellen Abgängen, erklärt sie mit einer Umstrukturierung. Wurden am ZASS bisher Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen gezielt gefördert, wird dieses Angebot im Auftrag des Kantons ab neuem Schuljahr auf Schülerinnen und Schüler mit sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen erweitert. Das mache die pädagogische Arbeit komplexer und differenzierter, so Eveline Marcarini. «Andererseits wird auch die Logopädie verstärkt in das Klassengeschehen eingebunden. Dadurch sind zum einen neue Formen der multiprofessionellen Zusammenarbeit gefragt, zum anderen verändert sich die bestehende Arbeitsweise der Logopädinnen und Logopäden am Zentrum ASS.»
Veränderung in mehreren Bereichen
Zur Frage nach der Häufung von Kündigungen unter anderem bei Lehrkräften und Logopädinnen / Logopäden, gibt sie an: «Die Neuausrichtung unserer Institution betreffen nicht nur das pädagogische Profil, sondern auch organisatorische Abläufe, fachliche Anforderungen sowie die Formen der Zusammenarbeit im Team.» Die Veränderungsprozesse seien intensiv begleitet worden. Den Mitarbeitenden hätte man Hand für individuelle Lösungen, beispielsweise in Form von Weiterbildungen, geboten. Gleichwohl hätten sich überdurchschnittlich viele der von den Anpassungen betroffenen Mitarbeitenden entschieden, das ZASS zu verlassen. «Solche Entwicklungen sind in Phasen des Wandels zwar nicht ungewöhnlich, insbesondere dann, wenn sich Aufgabengebiete, Erwartungen und Rahmenbedingungen stark verändern. Trotzdem bedauern wir den Weggang der kompetenten und geschätzten Mitarbeitenden sehr.» Um die Eltern bestmöglich über die Entwicklungen zu informieren sowie auf Fragen und Sorgen einzugehen, findet am ZASS in Stein morgen Dienstag ein Elternabend statt. «Im Rahmen dieser Veranstaltung werden wir die Erziehungsberechtigten über die Entwicklungen informieren und versuchen, offene Fragen zu klären.»
Die Institutionsleiterin verneint die Frage, ob aktuell schon alle Stellen auf das neue Schuljahr besetzt seien. Sie verweist auf den Fachkräftemangel in der gesamten Bildungslandschaft, insbesondere bei den Sonderschulen. Dennoch sei es gelungen, zahlreiche neue Fachpersonen gewinnen zu können. «Der Schulbetrieb ist für das kommende Schuljahr 2025/26 in keiner Weise gefährdet», betont sie. Eine Veränderung im neuen Schuljahr betreffe auch die Klassengrössen. Diese werden von bisher zwölf auf neu zehn Kinder reduziert. (sh)