Rheinfelden gibt grünes Licht für Seilpark

  20.06.2024 Brennpunkt

Kontroverse Diskussion an der Einwohnergemeinde-Versammlung

Der geplante Seilpark im Gebiet Wasserloch/Schiffacker gab an der Gemeindeversammlung viel zu reden. Mit 71 Ja gegen 57 Nein fiel der Entscheid relativ knapp zugunsten des neuen Freizeitangebots aus.

Valentin Zumsteg

Zwei Welten prallten an der Rheinfelder Einwohnergemeinde-Versammlung vom Donnerstagabend aufeinander: Auf der einen Seite standen die Befürworter des geplanten Seilparks im Gebiet Wasserloch/Schiffacker, auf der anderen Seite die klaren Gegner dieses Projekts. «Der Stadtrat möchte für die Bevölkerung in Stadtnähe ein neues Freizeitangebot von überregionaler Bedeutung schaffen», sagte Stadträtin Claudia Rohrer bei der Präsentation der Vorlage. «Es heisst immer, die Jugend sei heute naturfern. Wir wollen einen spannenden Zugang aufzeigen. Ein Seilpark verbindet Erlebnis, Selbsterfahrung, Abenteuer, Natur und Sport.» Die Stadträtin betonte weiter, dass sich die Einwohnergemeinde – im Gegensatz zur Ortsbürgergemeinde – nicht finanziell an diesem Projekt beteiligen werde. Sie muss nur die planungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen. «Natürlich handelt es sich um einen Eingriff in die Natur. Dieser ist aber mit Kompensationsmassnahmen verbunden», betonte Claudia Rohrer an der Versammlung, an der 138 der total 7588 Stimmberechtigten teilnahmen. Der vorgesehene Standort sei ideal, weil es dort bereits Sportanlagen mit entsprechender Infrastruktur gebe.

«Total daneben»
Nach der Vorstellung des Projekts gab es eine angeregte Diskussion: «Ich finde total daneben, was da geplant wird. Damit bringt man den Kindern die Natur nicht näher; das ist nur ein Nervenkitzel», sagte Jürg Keller. Rheinfelden sei eine Energiestadt, da passe es nicht, wenn mit einer solchen Attraktion Mehrverkehr verursacht werde. Zudem wies er daraufhin, dass zusätzlich zum Seilpark eine Pumptrack-Anlage für Mountain-Bikes angedacht sei. «Eine solche Pumptrack-Anlage ist ein Verbrechen für den Waldboden.» Keller stand mit seiner Kritik nicht alleine da: Einwände gab es zum Beispiel von Jägerseite. «Ein solcher Seilpark wäre in diesem Gebiet völlig am falschen Ort. Das Wasserloch ist ein wichtiger Wildtierkorridor», sagte Werner Rüegg von der Jagdgesellschaft.

Ähnlich sieht es Albi Wuhrmann, Präsident des Natur- und Vogelschutz Rheinfelden: «Aus unserer Sicht ist es unerwünscht, dass der Wald noch mehr belastet wird, als er heute schon ist. Wir sollten dieses Projekt nicht an diesem Standort ausführen.» In die gleiche Kerbe hieb Ruedi Berner: «Dieses Projekt ist vor 20 Jahren entstanden. Es ist aus der Zeit gefallen. Lasst den Wald für Leute, die Ruhe wollen.»

«Kinderlachen ist das Schönste»
Anderer Meinung war Thomas Güdel: «Kinderlachen ist das Schönste, was es gibt. Dieses Projekt ist für Kinder und Familien, die nicht am Computer sitzen. Lasst uns etwas für sie machen.» Dem stimmte Lehrer Rafael Steiger zu, der gerade eine Schulreise mit einem Besuch eines Seilparks verknüpft hatte. «Die Beweglichkeit und Risikobereitschaft der Jugendlichen hat abgenommen. Es ist wichtig, dass sie ihre Grenzen kennenlernen können und die Komfortzone verlassen.» Auch Ruedi Vogel plädierte für dieses Projekt und machte darauf aufmerksam, dass die Ortsbürgergemeinde am Montag im Gebiet Beuggenboden ein Naturschutzreservat von 23,6 Hektaren bewilligt hat. «Das ist ein Mehrfaches der Fläche dieses Seilparks.»

Nach eingehender Debatte ging es an die mit Spannung erwartete Abstimmung: Mit 71 Ja gegen 57 Nein bewilligte die Gemeindeversammlung die Schaffung einer Freizeitzone Wald auf einer Fläche von 3,65 Hektaren. Dazu braucht es eine Teiländerung des Nutzungsplans Kulturland sowie der Bau- und Nutzungsordnung. Weiter benötigt das Projekt vor der Realisierung auch eine Baubewilligung. Es dauert also noch, bis der Seilpark eröffnet werden kann.


Versammlung tritt Kompetenz ab

Für einige Diskussionen an der Einwohnergemeinde-Versammlung vom Donnerstag sorgten die neuen Reglemente im Zusammenhang mit der Wasserversorgung und der Wasserentsorgung. Die von Stadträtin Claudia Rohrer vorgestellten Anpassungen und Neuerungen waren grösstenteils unumstritten. Zu reden gab jedoch, dass der Stadtrat künftig über die Anpassungen der Gebühren in einem definierten Rahmen bestimmen kann (reduzierte Kompetenz). Bisher lagen diese Entscheide bei der Gemeindeversammlung. Anne Reich stellte im Namen der SP den Antrag, die Kompetenz weiterhin bei den Stimmbürgern zu belassen. Ruedi Berner und Peter Scholer befürworteten diesen Antrag. «Das Wasser ist ein lebenswichtiges Gut. Es soll in der Kompetenz der Gemeindeversammlung bleiben», so Berner. Der entsprechende Antrag der SP fand jedoch keine Mehrheit, er wurde mit 40 Ja gegen 76 Nein abgelehnt. Die Versammlung genehmigte anschliessend den stadträtlichen Antrag mit grossem Mehr. Damit können die Reglemente erneuert werden und der Stadtrat entscheidet künftig mit beschränkter Kompetenz über die Wasser- und Abwassergebühren.

Die übrigen Geschäfte der Gemeindeversammlung sorgten für keine Debatten: Sowohl die Jahresrechnung 2023 als auch die Kreditabrechnungen fanden breite Zustimmung. (vzu)


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