Religionsunterricht nur noch gemeinsam
04.05.2025 WegenstettenLandeskirchen arbeiten zusammen
Ab dem kommenden Schuljahr wird der Religionsunterricht im Wegenstettertal ökumenisch durchgeführt.
Das Koordinationsteam aus Vertreterinnen der drei Landeskirchen – reformiert, römisch-katholisch und christkatholisch – hat dieses neue Modell nach dreijähriger Vorbereitung entwickelt. Ziel ist es, den Kindern wohnortnahen Unterricht zu ermöglichen und organisatorische Hürden für Eltern zu verringern.
Viele Kinder besuchen derzeit den Religionsunterricht ausserhalb ihres Wohnorts und ohne vertraute Klassenkameraden – eine Belastung für die Kinder und ihre Familien. Der neue Ansatz vereinfacht die Organisation, fördert das Gemeinschaftsgefühl und spiegelt die Realität vieler konfessionell gemischter Familien wider. «Was uns verbindet, ist grösser als das, was uns trennt», fasst die römisch-katholische Jugendarbeiterin Lena Heskamp die ökumenische Grundhaltung zusammen. Die praktische Umsetzung sieht vor, dass der Religionsunterricht für die 1. bis 4. Klassen jeweils an einem schulfreien Nachmittag in den Schulstandorten Hellikon, Wegenstetten, Zuzgen und Zeiningen stattfindet – in Schul- oder kirchlichen Räumen. Für die 5. bis 8. Klassen wird die bewährte Reli-Werkstatt, in Form von erlebnispädagogischen Wahlangeboten, fortgeführt. Neu gibt es ein separates Programm für die 5. und 6. Klasse und ein Programm für die 7. und 8. Klasse.
Das Zweisäulen-Prinzip
Ein wichtiges Prinzip des neuen Modells ist das sogenannte Zweisäulen-Prinzip: Die erste Säule bildet der gemeinsame Unterricht mit konfessionsübergreifenden Inhalten (zirka 80 bis 90 % der Themen). Die zweite Säule widmet sich spezifisch konfessionellen Inhalten wie Taufe, Erstkommunion, Abendmahl oder Firmung, die weiterhin im Rahmen eigener Anlässe in den jeweiligen Kirchgemeinden vermittelt werden. So sollen die konfessionellen Identitäten der Kinder nicht verloren gehen. Die Römisch-katholische Kirche etwa plant, mit ihren Schülern kirchliche Feste wie Fronleichnam aktiv zu gestalten.
Das ökumenische Modell verbessert nicht nur die Organisation, sondern nutzt auch personelle und räumliche Ressourcen effizienter – ohne Stellenkürzungen, betont das Team. Die beteiligten Katechetinnen und Pfarrpersonen verfügen über ökumenische Unterrichtserfahrung und haben gemeinsam einen neuen konfessionsübergreifenden Lehrplan entwickelt. Dieser berücksichtigt die zahlreichen thematischen Überschneidungen der Konfessionen.
Informationsanlass für Eltern
Bereits im Vorfeld wurde das Konzept mit Eltern diskutiert – die Rückmeldungen waren durchwegs positiv, insbesondere von konfessionell gemischten Familien. Viele überlegen nun erstmals, ihre Kinder zum Religionsunterricht anzumelden, betont etwa Lena Heskamp. Am 10. Juni findet eine Informationsveranstaltung für die Eltern der künftigen 1.- bis 4.-Klässler im reformierten Kirchgemeindezentrum Zuzgen statt. Dort können Fragen gestellt und die Lehrpersonen persönlich kennengelernt werden. Das Koordinationsteam zeigt sich offen für den Dialog und plant, erste Erfahrungen im Laufe des Schuljahres gemeinsam mit Eltern und Beteiligten zu reflektieren und bei Bedarf anzupassen.
Ein Blick über die Region hinaus zeigt: In anderen Kantonen wie Basel-Landschaft, Basel-Stadt oder Solothurn wird der Religionsunterricht bereits seit Längerem ökumenisch erteilt – das dort erprobte Zweisäulen-Modell wurde für das Wegenstettertal übernommen und lokal angepasst. Das bisherige Modell der Reli-Werkstatt im Tal gilt als erfolgreich und wird nun systematisch weiterentwickelt. Mit dem neuen Konzept soll nicht nur die Teilnahme am Religionsunterricht gefördert, sondern auch ein Bewusstsein für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der christlichen Kirchen geschaffen werden – ein zeitgemässes Modell für eine zunehmend vielfältige Gesellschaft. (mgt)