Nach dem Grossbrand vom Juli
06.12.2025 Gipf-OberfrickIm «Adler» in Gipf-Oberfrick ist wieder Leben eingekehrt
Autos vor der Türe, Gäste an den Tischen, Restaurant und Saal weihnachtlich dekoriert – und mitten drin Annerös Rickenbach in ihrem Element. Im Gasthof scheint der 19. Juli 2025 weit weg. Vor vier Wochen hat die Wirtin den «Adler» wieder geöffnet.
Simone Rufli
«Ich will, dass die Leute sich wieder wohl fühlen.» Annerös Rickenbach streift das Tischtuch glatt und rückt das weihnachtliche Gesteck auf dem Tisch zurecht. Aus der Küche dringt der Duft von frischen Backwaren. Annerös Rickenbach backt und wenn sie nicht backt, dann kocht sie für ihre Gäste. Und die kommen jetzt wieder; aus Gipf-Oberfrick, viele aus den umliegenden Dörfern und auch von weit ausserhalb des Fricktals; in Gruppen, als Einzelpersonen, als Car-Reisende. «Mich kennt man in der ganzen Schweiz», sagt sie, hebt die Schultern und lächelt. Und so macht sie auch mit 78 Jahren und einigen körperlichen Beschwerden weiter – weil die Kundschaft ihre Gastfreundschaft schätzt, und ihre Küche, und ihre Herzlichkeit. Und weil das Wirten und der «Adler» ganz einfach ihr Leben sind.
Fünf Monate zuvor
Es war in der Nacht auf den 19. Juli als in der Scheune neben dem Gasthof Adler in Gipf-Oberfrick Feuer ausbrach und sich innert Kürze zu einem Grossbrand entwickelte. Die Scheune brannte komplett nieder, das Feuer griff auf die angrenzenden Gebäudeteile über, auch im Dach des Restaurants gab es Glutherde. Feuerwehren aus dem ganzen Fricktal standen während Stunden mit rund 100 Mann im Einsatz. Glück im Unglück: Personen kamen keine zu Schaden. Wirtin Annerös Rickenbach – sie wohnte unmittelbar neben der Scheune – konnte frühzeitig evakuiert werden. Ihr Lebenswerk in Flammen – der Schock sass tief. Brechen aber liess sich Annerös Rickenbach nicht. Bereits am 22. Juli liess sie in der NFZ verlauten: «Wir geben nicht auf! Gipf-Oberfrick behält seinen ‹Adler›». Und jetzt also – das Lebensmittelinspektorat hat das Okay gegeben – ist die Wirtschaft wieder geöffnet. Montag und Dienstag den ganzen Tag, an den anderen Tagen von 8 bis 13 Uhr.
Noch sei nicht ganz alles geklärt mit der Versicherung, mit der Gemeinde, erzählt sie auf dem Weg in den Saal. «Aber es ist alles bereit für die Chlauswoche», sagt sie und zeigt schmunzelnd hinauf zum Deko-Engel mit den braunen Haaren.
Annerös Rickenbach kam als 20-Jährige aus dem Emmental ins Fricktal. 50 Jahre lang hat sie mit ihrem Mann Ruedi den «Adler» geführt. Als er vor sieben Jahren verstarb, führte sie den Gasthof allein weiter. Ums Geld mache sie sich auch jetzt nach dem Brand nicht so viele Sorgen. Was Annerös Rickenbach zu ihrem Glück braucht? «Ich brauche Gäste! Und dafür bin ich auf die Bevölkerung angewiesen.»

