«Musizieren ist unsere Form von Freundschaft»
08.10.2025 PersönlichAm 19. September ist die zweite Single von Parasolic erschienen. So heisst die Band, in der Jan Soder Musik macht. Aufgewachsen ist der 22-Jährige im Fricktal, haupttätig als Student in Geografie und Politikwissenschaften, arbeitend als Musikjournalist und aufblühend als ...
Am 19. September ist die zweite Single von Parasolic erschienen. So heisst die Band, in der Jan Soder Musik macht. Aufgewachsen ist der 22-Jährige im Fricktal, haupttätig als Student in Geografie und Politikwissenschaften, arbeitend als Musikjournalist und aufblühend als Gitarrenspieler.
Yasmin Malard
«Es gibt kein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner Weise mit Musik in Kontakt bin, sei es Musik hören, spielen, darüber schreiben oder recherchieren», sagt Jan Soder. Die Musik fliesst auch in seine Arbeit, denn er schreibt als Musikjournalist bei «Bajour» und arbeitet nebenbei für das «imagine Festival». In dieser Branche Vollzeit zu arbeiten, würde er auf jeden Fall gerne machen, wenn «die Aussichen rosiger wären». Er findet die Machtstrukturen der Musikbranche bedenklich; eine Handvoll profitiere übermässig, während viele andere auf der Strecke blieben. «Das ist Selbstausbeutung, was wir machen. Nein», sagt er und lacht, «ich habe nicht den Anspruch, der nächste Popstar zu werden. Ich hoffe einfach, dass es lokale Live-Musik noch ausserhalb von Altersheim und Kirche geben wird.»
Fünf Stimmen, ein Klang
Das Quintett Parasolic kennt sich grösstenteils vom Gymnasium Muttenz, genauer: aus dem Chor. Diese Wurzeln prägen den Sound bis heute. Alle Mitglieder aus dieser Zeit sind neben dem Spielen ihrer Instrumente am Gesang beteiligt, oft mehrstimmig. Vor knapp einem Jahr wollten sie sich auf einen neuen Namen einigen. Beim ersten Konzert sei ihr Bandname nämlich schrecklich gewesen, erinnert sich Jan Soder mit einem Grinsen.
Zwischen Licht und Schatten
«Parasolic» spielt auf das französische parasol (Sonnenschirm) an: Der Sonnenschirm als Symbol, das den hellen, unbeschwerten Discopop von der introspektiven, dunkleren Note abgrenzt. Es sei eine Zeit gegangen, bis die Band einen gemeinsamen Nenner gefunden hatte, da der musikalische Background der Mitglieder unterschiedlicher nicht sein könnte – von der Ausbildung in klassischem Gesang bis zum Metal-Liebhaber. Nun bewegen sie sich irgendwo zwischen den Genres Art Pop und Alternative. «Ist auch nicht so relevant für uns. Heute besteht unser Stil viel weniger aus zwei Seiten (Licht und Schatten) als einem Ganzen.»
Dies spiegelt sich auch im Songwriting wider. Während am Anfang vor allem Jan Soder und Saxophonist Maurice Weisskopf federführend waren, schreiben sie mittlerweile viel zusammen. Proben gibt es jede Woche. «Uns ist diese Regelmässigkeit wichtig. Die Band ist zeittechnisch gesehen wie ein kleines Start-Up, das wir in der Freizeit grossziehen. Und Musizieren ist unsere Form von Freundschaft.»
Zwischen Reue und Vergeben
Songs geschrieben hat die Band schon mehrere, im Studio aufgenommen und veröffentlicht bis anhin zwei. Inhaltlich kreisen sie beide um das Thema Doppelmoral. Der von Jan geschriebene Song «Forgiving» beleuchtet die Konfrontation mit dem eigenen Verhalten. «Es geht um Kleinigkeiten in Beziehungen – Dinge, die man unüberlegt tut und die trotzdem beim Gegenüber etwas auslösen.» Eine zentrale Zeile lautet: «You don’t know what you forgive me for.» «Ich weiss nicht, ob wir zu wenig vergeben – aber reflektieren tun wir definitiv zu wenig», sagt Jan nachdenklich. Für ihn ist Musikmachen eine Form der Selbstbegegnung: «Therapie klingt übertrieben, aber es ist schon ein Befassen mit sich selbst.»
Und nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Welt. «Es gäbe noch viele Sachen, die passieren und die man in den Songs thematisieren könnte. Wir müssen uns nicht einbilden, dass die Welt eine bessere ist, wenn wir einen Song darüber schreiben. Manchmal ist es nicht der Inhalt allein, der bewegt – sondern die Tatsache, dass man singt. Auch Schlager hat schliesslich seine Existenzberechtigung.»
Fordernde KI
Auch wenn Künstliche Intelligenz (KI) mittlerweile ganze Songs kreieren kann, glaubt Jan Soder, dass der Bedarf nach Live-Musik nicht schwinden wird: «Auch wenn die KI soundtechnisch wahrscheinlich alles drauf hat, ist keine Person dahinter.» Einen vertrauensbasierten Bezug zu den Fans erachtet er nämlich als wichtig, neben Authentizität und Kreativität. «Die KI zwingt uns vielleicht, noch innovativer zu sein.»
Musik-Katalyst Möhlin
Die grösste Bühne bisher betrat er vor ein paar Wochen am Jugendkulturfestival in Basel auf dem Barfüsserplatz. Ansonsten spielt er in verschiedenen kleinen Lokalen im Raum Basel – im Fricktal seien die Möglichkeiten begrenzt. Dabei nahm gerade hier Jan Soders musikalischer Anfang seinen Lauf. In der Musikschule in Möhlin profitierte er seit der zweiten Primarklasse von Gitarrenstunden, obwohl er, wie er mit einem Schmunzeln meint, dazumal kein vorbildlicher Gitarrenschüler gewesen sei. Später kam ein Schlüsselmoment, als ein Gitarrist für eine Schulband gesucht wurde. Jan sprang ein und verliebte sich neu in sein Instrument. «Das hat es zu diesem Zeitpunkt sehr gebraucht. Ohne diese Band in Möhlin wäre ich heute sicher ein anderer Musiker.»
Ein Ziel für die Zukunft sei ein ganzes Album aufzunehmen, am Musikwettbewerb «BandXnordwest» mitzumachen und viele weitere Konzerte zu spielen. «Am Anfang waren es unsere Friends, die in der ersten Reihe Freude gehabt haben, jetzt sind es manchmal Menschen, die wir nicht kennen.»