«Meine Lebensqualität ist absolut gut»
03.07.2024 Persönlich, Hottwil, SportEr war schon immer sehr sportlich. Seit Luca Olgiati an den Rollstuhl gebunden ist, ist Sport in seinem Leben noch wichtiger geworden. Das ist aber nicht die einzige Veränderung der letzten Jahre für den Vize-Europameister im Para-Badminton.
Janine Tschopp
Kaum ...
Er war schon immer sehr sportlich. Seit Luca Olgiati an den Rollstuhl gebunden ist, ist Sport in seinem Leben noch wichtiger geworden. Das ist aber nicht die einzige Veränderung der letzten Jahre für den Vize-Europameister im Para-Badminton.
Janine Tschopp
Kaum geklingelt, geht die Türe auf. Luca Olgiati begrüsst die Besucherin und bittet sie in die Wohnung. Er bewegt sich im Rollstuhl sehr schnell und sicher. «Mit dem Rollstuhl mobil zu sein, geht gut», erklärt der 36-Jährige. Es gibt wenige andere Einschränkungen, mit welchen er mehr Mühe hat.
Februar 2016
«Es war ein Selbstunfall. Ich hatte das Gelände schlecht eingeschätzt», erzählt Luca Olgiati von einem Tag im Februar 2016, der sein Leben drastisch verändern sollte. Nach dem Sturz mit dem Snowboard realisierte er sofort, dass er seine Beine nicht mehr bewegen konnte. «Am Anfang hat man noch ein bisschen Hoffnung, dass es wieder gut wird.» Mittlerweile liegt der Unfall acht Jahre zurück, und die Chance, dass die Nerven im Rückenmark wieder zusammenwachsen, ist nicht mehr gross. «Man rechnet nie damit, dass einem so etwas passiert», sagt er. Er habe aber zu keiner Zeit mit dem Schicksal gehadert. Viele Dinge, die man im Leben tue, seien gefährlich. «Ich würde am gleichen Ort wieder snowboarden.» Wenn man immer alle Risiken ausschliessen wolle, könne man nichts mehr unternehmen.
Schon immer sportlich
Sport hatte in Luca Olgiatis Leben schon immer einen hohen Stellenwert. So spielte er vor seinem Unfall unter anderem auch Squash und Badminton. Dass Sport einmal sein Beruf werden würde, hätte er nicht geglaubt. 2015 schloss er sein Studium als Geomatik-Ingenieur ETH ab. «Ich habe meinen Beruf sehr gerne», sagt er mit grosser Überzeugung. Nach intensiven Jahren als Para-Badmintonspieler entschloss er sich vor zwei Jahren seinen 50-Prozent-Job als Geomatik-Ingenieur dem Sport zuliebe vorerst aufzugeben.
Ausser am Sonntag trainiert Luca Olgiati jeden Tag mehrmals intensiv. Von Badminton- über Kraft- und Ausdauer-Training ist alles dabei. Dazu kommen Mentaltrainings, Physiotherapien und Spielanalysen.
Nur ein Jahr nach seinem Unfall qualifizierte er sich für die Para-Weltmeisterschaft in Korea. Es folgten viele sportliche Erfolge, unter anderem die Silbermedaille an der Para-Europameisterschaft 2023 in Rotterdam.
Die letzten eineinhalb Jahre standen ganz im Zeichen der Qualifikation für die Paralympics, welche vom 28. August bis 8. September 2024 in Paris ausgetragen werden. Abgesehen von den vielen Trainings, nahm Luca Olgiati in den letzten Monaten auch an zahlreichen Turnieren teil. Kanada, Australien, Thailand, Schottland… «Die Reisen quer über die ganze Welt sind ziemlich anstrengend. Man muss schauen, dass dabei die Regeneration nicht zu kurz kommt.»
Für Paris qualifiziert
Der Aufwand hat sich gelohnt. Denn seit ein paar Wochen ist klar, dass sich der Wahl-Fricktaler für die Paralympics in Paris qualifiziert hat. Die Selektion durch den Verband «Swiss Paralympic» wird am 19. Juli 2024 erfolgen.
Ausser Luca Olgiati haben sich nur zwei weitere Schweizer Para-Badmintonspielerinnen für Paris qualifiziert. Eine davon ist Ilaria Renggli, die wie Olgiati seit ein paar Jahren im Fricktalischen Hottwil lebt.
Welches Ziel peilt Olgiati, der zum ersten Mal an den Paralympics dabei sein wird, in Paris an? «Einen Rang zu nennen ist schwierig, denn die Platzierung hängt stark von den Auslosungen, respektive der Stärke der Gegner ab. Mein Ziel ist sicher, alle Gegner mit meiner optimalen Leistung zu fordern.»
«Basteln» als Hobby
Wenn Luca Olgiati für einmal nicht trainiert oder irgendwo auf der Welt an einem Turnier teilnimmt, «bastelt» er gerne. Dabei meint er nicht Basteln mit Schere und Papier, sondern Basteln aus der Sicht eines Ingenieurs. Er schraubt und tüftelt an Geräten, die ihm als Rollstuhlfahrer das Leben erleichtern.
Den Eindruck, den man während dem Gespräch mit Luca Olgiati bekommt, fasst er in Worte: «Meine Lebensqualität ist absolut gut. Ich bin zwar nicht mehr mit dem gleichen Tempo unterwegs wie vor dem Unfall, aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben.» Eine vorbildliche Einstellung.
Vielleicht wird Olgiatis Zufriedenheit in ein paar Wochen noch mit einem guten Resultat in Paris gesteigert…