Tagsüber wärmte die Frühlingssonne, am Abend loderte das Feuer am vier Meter hohen Rad und im Nachthimmel verglühten die fliegenden Scheiben.
Karin Pfister
«Brauchtum soll gelebt werden», sagte Josef Hauswirth, der nach 53 Jahren als aktiver ...
Tagsüber wärmte die Frühlingssonne, am Abend loderte das Feuer am vier Meter hohen Rad und im Nachthimmel verglühten die fliegenden Scheiben.
Karin Pfister
«Brauchtum soll gelebt werden», sagte Josef Hauswirth, der nach 53 Jahren als aktiver Schiibesprenger in den Veteranenstatus wechselte und am Nachmittag bei den Vorbereitungen für das grosse Feuer am Abend half. Dass der Funkensonntag erst im Frühling stattfindet, ist eher selten. «Dass das Wetter so bombastisch ist, das kam in den vergangenen Jahrzehnten nur wenige Male vor», wusste Marcel Hauswirth vom Verein Schiibesprenger. «Wir hatten hier oben auch schon 40 Zentimeter Schnee».
Marcel Hauswirth ist der Sohn von Josef Hauswirth und seit seiner Kindheit jedes Jahr vor Ort. Wenn er mit voller Kraft und gekonntem Schwung eine Scheibe ins Tal schleudert, hört man das Fetzen der Rute deutlich. Tagsüber wurden die verkohlten Scheiben vom vergangenen Jahr geschlagen. «Diese sieht man bei Helligkeit besser.»
800 bis 1000 Scheiben
Jeweils vor Weihnachten werden rund 800 bis 1000 Scheiben gefertigt. Die neuen Holzteile kommen zuerst für ein Jahr in die Reserve, ehe sie in den Himmel geschossen werden. «Je trockener die Scheiben sind, desto besser glühen sie.»
Die Scheiben landen beim Weg unterhalb des Bollhofes oder beim Acker dahinter. «Das sind rund 100 bis 150 Meter. Hin und wieder wird erzählt, dass eine Scheibe bis zur Autobahn geflogen ist. Gesehen habe ich das aber noch nie», so Marcel Hauswirth schmunzelnd. Wichtig sei der Wind. «Ohne Wind geht es nicht, zu viel ist nicht gut.» Die leichte Böe wie am Sonntag sei geradezu ideal für das Scheibensprengen, so Hauswirth weiter. Er stand zusammen mit rund 20 Vereinsmitgliedern im Einsatz. «Wir sind dem Bollhof-Landwirt dankbar, dass er uns das Land zur Verfügung stellt. Ohne ihn wäre der Anlass nicht durchführbar.»
Viel Publikum
Tagsüber wurde mit der Rute der perfekte Abschlag geübt; nach dem Eindunkeln wurden die Scheiben angezündet und in den Nachthimmel geschleudert. Das Spektakel zog wie immer viel Publikum an. Der Brauch sei ursprünglich keltischen Ursprungs und wird nach einem Unterbruch seit den siebziger Jahren wieder regelmässig gepflegt. «Erwähnt wurde das Scheibensprengen in Büchern erstmals anno 1472 .Die Oeschger liessen sich das Brauchtum im Jahre 1725 von den Herren von Schönau verbriefen», heisst es in der Vereinsgeschichte.
Abgeschlossen wurde der Funkensonntag in Oeschgen mit dem Anzünden des vier Meter hohen Feuerrades. Dieses ist ein Symbol für die Sonne. «Je länger es brennt, desto besser wird der Sommer, sagt man», so Hauswirth. Gute zehn Minuten lang flackerte es am Sonntagabend lichterloh, danach stiebten noch die letzten Funken übers Feld. «Das wird ein guter Sommer.»