Landfrauen bewegen: Freiwillige vor!
04.07.2025 KolumneKathrin Hasler, Hellikon
Ich wollte die bestellten Erdbeeren bei unserem langjährigen Kollegen und Produzenten abholen. Wir haben uns viele Jahre gegenseitig mit Obst und Beeren beliefert. Wieder einmal sind bei ihm Helfer trotz Zusage nicht im Erdbeerfeld erschienen. Ich kenne das ...
Kathrin Hasler, Hellikon
Ich wollte die bestellten Erdbeeren bei unserem langjährigen Kollegen und Produzenten abholen. Wir haben uns viele Jahre gegenseitig mit Obst und Beeren beliefert. Wieder einmal sind bei ihm Helfer trotz Zusage nicht im Erdbeerfeld erschienen. Ich kenne das zu gut! Helfer zu finden, welche mit der bescheidenen Entlöhnung mithelfen und verlässlich sind, sind heute kaum noch zu finden. Für Produzenten ein zunehmendes Problem.
Ich mache mir Gedanken bei der Heimfahrt. Auch Freiwillige zu finden, welche sich ehrenamtlich in Vereinen, oder sich allgemein in der Gesellschaft einsetzen sind rar. Wer sich heute engagiert, will keine langfristigen Verpflichtungen eingehen.
Unsere Wohlstandsgesellschaft tut sich schwer mit der Freiwilligenarbeit und der allgemeinen Hilfsbereitschaft. Die Gründe sind vielschichtig und liegen auch in der veränderten Arbeitswelt. Die geforderte, berufliche Flexibilität und die Ansprüche an Mobilität und Flexibilität machen die Übernahme eines Ehrenamts oft schwierig. Abstriche macht man nicht beim Hobby, oder bei der Familie. Man verzichtet auf Freiwilligenarbeit.
Durch die unendlich vielen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung hat das Ehrenamt als Freizeitbeschäftigung eine viel grössere Konkurrenz als noch vor einigen Jahrzehnten. Früher war man auf das beschränkt, was vor Ort angeboten wurde in Vereinen, der Feuerwehr oder der Kirchengemeinde. Die gegenseitige Unterstützung war selbstverständlich, in der Nachbarschaft aber auch in der Landwirtschaft.
Die Menschen werden allgemein immer egoistischer und verwöhnter und erwarten, dass der Staat immer und überall zur Stelle ist und einspringt, wo sich früher ganz selbstverständlich die Menschen gegenseitig unterstützt haben. Man konsumiert gerne, was andere durch ihr persönliches und freiwilliges Engagement der Gesellschaft zur Verfügung stellen, aber sich selbst zu engagieren ist keine Option. Eigene Bedürfnisse haben Vorrang und Priorität. Es ist heute auch die Regel, dass man kritisiert und alles besser weiss, nur besser machen will man es nicht.
Jeder kann sein Leben gestalten, wie er möchte. Ich bin der Meinung, dass jeder zumindest moralisch verpflichtet wäre, einen freiwilligen Beitrag zum Wohle der Gesellschaft zu leisten, denn ohne Freiwillige verarmt unsere Gesellschaft.
Gerade jetzt in der Kirschenernte wären helfende Hände gefragt. Hochstammbäume haben keine Zukunft, wenn nicht Freiwillige die Landwirtschaft unterstützen. Aber auch im sozialen Bereich sind Freiwillige unverzichtbar. Die Wertschätzung und der Dank sind die grössten Belohnungen der Freiwilligenarbeit. Es ist auch eine Möglichkeit, andere Bereiche und Menschen kennenzulernen.
«Freiwillige werden nicht bezahlt, nicht weil sie wertlos sind, sondern weil sie unbezahlbar sind.»
Sherry Anderson