Graffiti im Schulheim Effingen – und alles ganz legal
Angeleitet von einem Profi, haben die Schüler zuerst skizziert und dann freihändig gesprayt. Jeder den Anfangsbuchstaben seines Vornamens. Entstanden ist ein kreatives Gemeinschaftswerk, eine schrill-bunte ...
Graffiti im Schulheim Effingen – und alles ganz legal
Angeleitet von einem Profi, haben die Schüler zuerst skizziert und dann freihändig gesprayt. Jeder den Anfangsbuchstaben seines Vornamens. Entstanden ist ein kreatives Gemeinschaftswerk, eine schrill-bunte Graffiti-Wand. Zu besichtigen am 4. Juni, am Tag der offenen Türe im Schulheim in Effingen.
Simone Rufli
Eine Spraydose zur Hand nehmen, Deckel ab und lossprayen – «So einfach ist das nicht!» Pirmin Breu nimmt einen Bleistift zur Hand, vor ihm auf dem Tisch liegt ein weisses Blatt Papier. Um ihn herum sitzen die Schüler. Einer nach dem anderen ruft ihm seinen Buchstaben zu; den Anfangsbuchstaben seines Vornamens. Breu notiert alle, fängt an, macht Beispiele. Zeigt, wie man Buchstaben unterschiedlich gestalten kann, wie mit wenigen Strichen Tiefe entsteht, was Schattierungen zu bewirken vermögen. «95 Prozent meiner Arbeit besteht aus Vorbereiten», erklärt er den Jungs. Dazu gehöre das Anfertigen von Skizzen und je nach Schwierigkeitsgrad des Motivs das Üben der Bewegungsabläufe. Noch sind die Spraydosen zu.
Nicht immer habe er so professionell gearbeitet, erklärt der gelernte Schriften- und Reklamemaler. «Angefangen habe ich als illegaler Sprayer in Muri.» Bis er erwischt und bestraft wurde. Auch das erklärt er den Jungs, die jetzt sehr aufmerksam zuhören. Sein Glück: «Es gab Menschen, die meine Graffiti nicht einfach als Schmierereien abtaten, sondern das künstlerische Potential in meiner Arbeit erkannten.» Er bekam Aufträge, jetzt legal; immer mehr, immer grössere – bis hin zum Besprayen von ganzen Flugzeugen der Stanser Pilatus-Werke.
Seit 13 Jahren engagiert sich der 50-jährige Künstler, mit Atelier in Wohlen, im Rahmen des Programms «Kultur macht Schule». Unter diesem Titel fördert, vernetzt, berät, finanziert und ermöglicht der Kanton jährlich rund 85 000 Aargauer Schülerinnen und Schülern den Besuch von Kulturinstitutionen und das Erleben künstlerischer Praxis. Begegnungen mit Kunstschaffenden und Kulturinstitutionen sollen so zum festen Bestandteil der Bildung werden.
Früher, erzählt Pirmin Breu jetzt mit der Spraydose in der Hand vor der weissen Wand im Gestaltungsraum, hätte er möglichst schöne Graffitis gewollt. «Heute liegt für mich der Reiz darin, die Fantasie und Energie der Kinder zu wecken. Das Ziel ist erreicht, wenn wir am Ende des Tages ein farbiges Resultat haben, auf das die Kinder stolz sind.» Die Jungs beweisen Geduld an diesem Freitag. Bevor die Wand besprayt wird, lernen sie den Umgang mit der Spraydose. Wie halten, wie lange den Sprühkopf gedrückt halten, nicht zu viel Farbe aufs Mal, was machen, wenn es dennoch tropft. Wer oben an der Wand sprayt, muss rauf aufs Gerüst. Die Kleinen steigen auf Harassen, die Grossen bücken sich. «Gemeinsam» ist das Motto – sie leben und sie sprayen es; mit Freude, und für manch einen überraschend, mit Talent. Das Ergebnis lässt sich sehen.
Für die Kinder im Schulheim sei mit dem Graffiti-Tag ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gegangen, sagt Schulleiterin Regula Lutz. «Ziel erreicht», meint Pirmin Breu.
Tag der offenen Türe im Schulheim Effingen, Sonntag, 4. Juni, von 11 bis 16 Uhr.