Kleiner Stich mit grosser Wirkung
26.09.2024 FricktalMücke überträgt die Blauzungenkrankheit bei Wiederkäuern
Seit Ende August breitet sich die Blauzungenkrankheit bei Schafen und Rindern in der Schweiz aus. Im Aargau wurde der erste Fall der Seuchenkrankheit vor zwei Wochen in Kaisten entdeckt. Mittlerweile sind viele Gemeinden betroffen.
Susanne Hörth
Nein, schüttelt die Frau an der Kasse eines Fricker Ladens den Kopf. «Die vielen Fliegengitter habe ich nicht für unsere Wohnungsfenster, sondern für die Ställe unserer Schafe gekauft.» Es sei nur eine der Vorkehrungen, die sie für den Schutz der Tiere vor einer Seuchenkrankheit ergreifen wolle, vielmehr müsse. Kantonstierärztin Barbara Thür bestätigt auf Anfrage der NFZ, dass die Blauzungenkrankheit (BTV 3) im Kanton Aargau vor kurzem als erstes in Kaisten entdeckt wurde. Seit Ende August sind in mehreren Kantonen Fälle der Seuche bekannt geworden. Eine Krankheit, die für Schafe und Rinder tödlich enden kann. «Aktuell sind über 70 Fälle im Aargau registriert. Die Fälle verteilen sich über den ganzen Kanton», erklärt Barbara Thür.
Diese Fricktaler Dörfer sind betroffen
Im Fricktal sind bisher folgende Gemeinden betroffen: Kaisten, Magden, Schupfart, Eiken, Mumpf, Obermumpf, Oeschgen, Möhlin, Wegenstetten, Zeihen, Zuzgen, Densbüren, Wallbach, Wölflinswil, Effingen und Gipf-Oberfrick.
Wie erkennen Besitzer von Schafen und Rindern, dass ihre Tiere infiziert sind? Darauf die Kantonstierärztin: «Die Infektion mit dem Blauzungenvirus des Untertyps 3, wie er auch im Aargau nachgewiesen wurde, verursacht besonders bei Schafen schwere Symptome. Dazu gehören Fieber, Entzündungen der Schleimhäute, Hautdefekte und Schwellungen im Kopfbereich und an den Zitzen und Beinen sowie Lahmheiten.» Bei Schafen sei zudem Atemnot möglich und die Sterblichkeit könne sehr hoch sein. «Bei Rindern verläuft die Krankheit meist milder, kann aber in Einzelfällen auch starke Symptome und einen Rückgang der Milchleistung verursachen.» Wenn Tierhalter verdächtige Symptome feststellen, so müssen sie umgehend einen Tierarzt, eine Tierärztin kontaktieren, mahnt Thür zu erhöhter Vorsicht. Die Blauzungenkrankheit ist eine meldepflichtige Tierseuche.
Die Viren werden durch die Stiche von Gnitzen, einer kleinen Mückenart, übertragen. «Eine Ansteckung von Tier zu Tier findet somit nicht statt», so Barbara Thür. Es gelte vielmehr, die Schafe und Rinder vor Gnitzen zu schützen. Sie erklärt, wie das möglich ist: «Da die Gnitzen dämmerungs- und nachtaktiv sind, sollen die Tiere während dieser Zeiten eingestallt werden. Der Einsatz von Insektenschutzmittel hält die Insekten von den Tieren fern und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere gestochen werden und das Virus so verbreiten.» Der Einsatz von Insektiziden könne zusätzlich helfen, die Anzahl der Gnitzen im Stall und in der Umgebung der Tiere zu reduzieren. Dass die eingangs erwähnte Frau mit dem Kauf der Fenstergitter richtig lag, verdeutlicht die Kantonstierärztin mit: «Feinmaschige Mückennetze können die Gnitzen daran hindern, in die Stallungen zu f liegen.» Zudem sollen allfällige Brutplätze der Gnitzen beseitigt werden. «Da deren Eier bevorzugt in feuchten oder nassen Boden mit frischem oder kompostiertem Mist oder Gülle abgelegt werden, stellen wassergefüllte Pfützen in der Umgebung des Misthaufens, sumpfige Stellen, Ansammlungen von Silosickersaft und stehende Gewässer beliebte Brutplätze dar, die es zu entfernen gilt.» Warum es so wichtig ist, vorbeugende Massnahmen zu ergreifen, wird in den folgenden Worten der Tierärztin deutlich: «Da es keine Therapie gibt, beschränkt sich eine Behandlung der Tiere auf die Linderung der Symptome. Tiere mit schwerem Krankheitsverlauf müssen vom Tierarzt oder der Tierärztin erlöst werden.» Gemäss BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen) gebe es zwar drei Impfstoffe gegen BTV-3, keiner davon ist aber in der Schweiz oder in der EU zugelassen. Auch wenn das erfolgt sei, könnten die Impfstoffe die klinischen Symptome zwar verringern, sie würden jedoch nicht die Infektion und die Weiterverbreitung des Virus verhindern.
Eine Entwarnung zur Seuchenausbreitung ist aktuell noch nicht in Sicht. Laut Barbara Thür werden zurzeit noch täglich neue Fälle entdeckt. «Erst mit deutlich tieferen Temperaturen über längere Zeit verringert sich die Ausbreitung.» Für Menschen ist der Erreger nicht gefährlich. Auch können das Fleisch sowie Milchprodukte von betroffenen Tieren bedenkenlos konsumiert werden, kann die Kantonstierärztin zumindest hier Beruhigung schaffen.