Kleine Schritte zurück zu mehr Natur
29.04.2025 RheinfeldenWaldgang mit dem abtretenden Rheinfelder Stadtoberförster Kurt Steck
Stadtoberförster Kurt Steck führte am Samstag rund sechzig Ortsbürger durch die Wälder von Magden und Rheinfelden, um zu zeigen, wo man der Natur in den letzten Jahren wieder etwas ...
Waldgang mit dem abtretenden Rheinfelder Stadtoberförster Kurt Steck
Stadtoberförster Kurt Steck führte am Samstag rund sechzig Ortsbürger durch die Wälder von Magden und Rheinfelden, um zu zeigen, wo man der Natur in den letzten Jahren wieder etwas nähergekommen ist. Es ging um Ökologie und Nachhaltigkeit, aber auch darum, wie man den Wald verantwortungsvoll für die Gewinnung von Energie nutzen kann.
Edi Strub
Erste Station: Ängi an der Grenze zwischen Rheinfelden und Magden. Hier ist im Sommer 2023 ein Renaturierungsprojekt abgeschlossen worden. Der Magdenerbach fliesst nun stellenweise wieder wie vor der Gewässerkorrektur. Er schlängelt sich durch die Unebenheiten der Landschaft, ist bei der Ängi nicht mehr gefangen in einem engen, geraden Bett. Bei Hochwasser wird er dort wie früher über die Ufer treten und die Wiesen beidseits des Bachlaufs überschwemmen. Das gibt den Wasserfluten mehr Raum und bremst sie. Das Wasser kann auch vermehrt wieder versickern. Der Bach soll aber nach wie vor sicher sein. Das ist erreicht: Gleich nach dem Umbau des Bachbetts gab es ein ordentliches Hochwasser und alles funktionierte wie geplant. Denn die Gefahren zu unterschätzen, wäre falsch. 1784 führte der alte Bachlauf zu einer Katastrophe, erzählte Steck. Eine Jahrhundertflut setzte grosse Teile von Rheinfelden und Magden unter Wasser. Insgesamt 74 Menschen kamen ums Leben. Das dürfe nicht mehr passieren. Darum sind dem freien Lauf des Bachs beim Umbau 2023 an neuralgischen Punkten Grenzen gesetzt worden. Die Kosten des offenkundig geglückten Bachumbaus beliefen sich auf rund 3 Millionen Franken. Bezahlt wurde er grösstenteils vom Bund und vom Kanton.
Zweite Station: Rosshimmelbrücke
Am 29. November 1974 wurde die Autobahn zwischen Rheinfelden und Frick eröffnet. Unzählige Wildwechsel wurden dadurch unterbrochen. Unter anderem auch derjenige zwischen Schiffacker und Sonnenberg. Nun ist aber wieder eine Verbindung zwischen den beiden Seiten der A3 hergestellt worden, indem der Fahrweg auf der Rosshimmelbrücke von 7 auf 5 Meter reduziert wurde. Das schaffte Platz für einen künstlichen Wildübergang auf dem Seitenstreifen über die Autobahn. Der Rheinfelder Forstbetrieb ersetzte zwei Meter Asphalt auf der Brücke mit natürlichem Bodensubstrat und erstellte einen Blendschutz. Damit wagten die Wildtiere die Autobahn wieder zu überqueren, ist Kurt Steck überzeugt. Der Beweis mit Fotofallen ist freilich noch nicht erbracht. Kostenpunkt bescheidene 200 000 Franken.
Dritte Station: Eichenreservat
Rheinfelden will, dass in seinen Wäldern etwa 20 Prozent der Grossbäume Eichen sind. Die Eiche sei ein Baum, der auch lange Trockenperioden relativ gut überstehe. Er passe daher zu den sich verändernden Bedingungen im Zeichen des Klimawandels. Buchen zum Beispiel könnten mit Wassermangel nur schlecht umgehen. Wenn sie einmal ausgetrocknet seien, würden sie sich nie mehr wirklich erholen. Oberförster Kurt Steck zeigte auf dem Waldrundgang denn auch immer wieder Bäume, die durch Dürre und Schädlinge derart stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass sie nun nach und nach absterben. Die Eichenpflanzungen, die in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren angelegt wurden, hätten sich demgegenüber sehr gut entwickelt, erzählte Oberförster Steck.
Vierte Station: Totholz und Urwald
Die Schweiz hat sich verpf lichtet, mindesten sieben Prozent der Schweizer Wälder unberührt zu lassen. Bäume dürfen dort nicht mehr gefällt werden, Totholz muss liegen bleiben und breite Wege und Strassen werden zurückgebaut. Diese Zielsetzung des Bunds vermag Rheinfelden in absehbarer Zeit nicht vollumfänglich zu erfüllen. Man wolle sich neben dem grossen Naturwaldreservat auf die Eichenreservate konzentrieren, sagte Steck.
Auf ein paar Hektaren im Rheinfelder Forst ist aber dennoch ein solcher «Urwald» im Entstehen. Wildtiere bleiben in solchen Waldpartien weitgehend ungestört, denn nach einer Weile liegt in solchen Waldpartien so viel Totholz, dass sie für den Menschen ziemlich undurchdringlich sind.
Schwarze Zahlen
Das meiste Holz, das in den Wäldern in Rheinfelden und Magden wächst, wird für die Energiegewinnung genutzt. Das sei heute ein gutes Geschäft, sagt Oberförster Steck. Die beiden Gemeinden verkauften die in ihren Wäldern geernteten Holzschnitzel der AEW für den Betrieb der Wärmezentralen Rüchi und Chloosfeld. Ein wesentlicher Teil der Wärmeversorgung Rheinfeldens sei damit sichergestellt. «Wir schreiben schwarze Zahlen», erklärte Oberförster Kurt Steck. Eine solche Nutzung der Waldressourcen sei auch umweltschonend. Denn die Holzschnitzel müssten nicht über grosse Distanzen transportiert werden wie beispielweise Oel oder Gas. Der gemeinsame Forstbetrieb der beiden Gemeinden sei sehr schlank aufgestellt. Abgeholzt werde nie mehr, als in einem Jahr nachwachse. Meist sogar weniger. Denn der Sturm Lothar, die trockenen Sommer und der Borkenkäfer hätten die verwertbaren Mengen in den letzten Jahren deutlich reduziert. Darauf gelte es Rücksicht zu nehmen. Der Kanton überwache alles streng und bewillige keine Erntemengen, die den Erhalt gesunder Waldbestände gefährden.