Bericht aus dem Grossen Rat

Der Grosse Rat widmete sich an der letzten Sitzung insbesondere dem Gebührenrecht. Mit 131 Ja zu 0 Nein-Stimmen wurde ein neues Gebührengesetz und ein Gebührendekret beschlossen, um das Gebührenrecht im Kanton Aargau zu vereinheitlichen. Diese Gesetzgebung geht auf einen Vorstoss des Fricktaler Alt-Grossrats Roger Fricker aus dem Jahr 2005 zurück, der eine Senkung der Gebühren des Strassenverkehrsamtes verlangte. Gut Ding will Weile haben, und so dauerte es fast 20 Jahre, bis mit dem neuen Gesetz auch diese Forderung umgesetzt wurde.

Wenn es nach den Plänen des Bundes geht, wird die Justiz mit Justitia 4.0 schon bald rein digital sein. Statt Papierakten herumzuschicken, sollen diese künftig nur noch über eine digitale Plattform ausgetauscht werden. Damit der Kanton Aargau diese Bundesvorgaben rechtzeitig umsetzen kann, stimmte der Grosse Rat einem Verpf lichtungskredit für das «Vorprojekt Justitia 4.0» in Höhe von 3.2 Mio. CHF zu. Damit werden zwei Projektstellen für die Jahre 2024- 2026 geschaffen. Diese Personen werden das Projekt Justitia 4.0 nun für den Kanton Aargau ausarbeiten und es ist davon auszugehen, dass der Regierungsrat dem Grossen Rat in wenigen Jahren einen weiteren Kreditantrag vorlegen wird, damit das Projekt realisiert werden kann.

Später beschäftigte sich der Grosse Rat mit dem Dekret über die Entschädigung der Anwälte. Der Regierungsrat schlug eigentlich nur Änderungen vor, die aufgrund einer neuen Bundesgesetzgebund erforderlich wurden, vor. Die vorberatende Kommission JUS beantragte aber eine Erhöhung des Stundensatzes für Anwälte und Anwältinnen um CHF 20.00 pro Stunde (Stundensatz neu in der Regel CHF 240.00 und CHF 220.00 bei amtlichen Mandaten) und begründete dies damit, dass der Tarif seit dem Jahr 2011 nicht angepasst wurde und eine Erhöhung angesichts der Teuerung notwendig ist. Die Erhöhung des Anwaltstarifs wurde vom Grossen Rat gegen den Willen der Regierung und einer Minderheit des Grossen Rats deutlich beschlossen.

Letztlich beschäftigte sich der Grosse Rat mit der Einführung eines kantonalen Programms zur Früherkennung von Brustkrebs, das auf eine überparteiliche Motion aus dem Jahr 2006 und einer Folgemotion aus dem Jahr 2018 zurückgeht. Für rund 12.4 Mio. CHF wird von der Aarg. Krebshilfe ein Programm initiiert, das künftig alle Frauen der Altersgruppe 50-69 Jahre alle 2 Jahre auffordern wird, sich einem Mammoscreening zu unterziehen und vorsorglich auf Brustkrebs untersuchen zu lassen. Die Teilnahme ist freiwillig und erfolgt zusätzlich zu den heutigen Möglichkeiten, bei begründetem Verdacht und auf ärztliche Anordnung hin ein Mammoscreening zu machen. Bei begründetem Verdacht und auf ärztliche Überweisung werden die Kosten bereits heute und auch weiterhin von der Krankenkasse übernommen. Der Grosse Rat stimmte der Einführung dieses Programms mit 91 Ja zu 37 Nein-Stimmen zu.

Da für einmal alle Traktanden speditiv abgehandelt wurden, konnte der Grosse Rat seine Sitzung bereits um 16 Uhr beenden.

KOMMENTAR

Wahrnehmung der Oberaufsicht

Der Regierungsrat hat mir nachweislich falsche Antworten auf meine Fragen in einer Interpellation gegeben. Da das Geschäft nach dem Votum im Grossen Rat beendet, das Thema aber weiterhin von grosser Wichtigkeit ist, entschied ich mich, eine Aufsichtsanzeige gegen den verantwortlichen Regierungsrat einzureichen, damit das Thema geklärt wird, nachdem all meine bisherigen Bemühungen erfolglos blieben.

Die SP-Fraktion griff mich an der letzten Sitzung an, warf mir Respektlosigkeit vor und forderte eine Entschuldigung.

Offenbar haben nicht alle unser Staatssystem verstanden: Der Regierungsrat übt die Aufsicht über die Verwaltung aus und dem Grossen Rat obliegt die Oberaufsicht. Doch wie soll die Oberaufsicht ihre Arbeit machen, wenn sie unwahre Angaben vom Regierungsrat erhält? Eine Aufsichtsanzeige ist ein legitimes, gesetzlich vorgesehenes Mittel.

Die SP vertuscht mit ihrem Angriff auf meine Person Missstände und deckt ihren Regierungsrat, den ich menschlich übrigens schätze.

Die einzige Respektlosigkeit und relevante Frage ist, ob meine Fragen vom Regierungsrat falsch beantwortet wurden. Ich nehme einzig meine Pflichten als Oberaufsicht wahr.

DÉSIRÉE STUTZ, MÖHLIN

«Justitia» wird digital

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title