«Je mehr ich singe, desto besser geht es mir»
17.11.2025 PersönlichDie Zuzger Sopranistin Sandra Rohrer Sacher ist rege tätig als Sängerin und Pädagogin. Neben ihrem Beruf als Musikerin ist sie auch als Kindergärtnerin an verschiedenen Schulen im Kanton Aargau anzutreffen. Die generationenübergreifende Musikvermittlung ist ihr ein ...
Die Zuzger Sopranistin Sandra Rohrer Sacher ist rege tätig als Sängerin und Pädagogin. Neben ihrem Beruf als Musikerin ist sie auch als Kindergärtnerin an verschiedenen Schulen im Kanton Aargau anzutreffen. Die generationenübergreifende Musikvermittlung ist ihr ein wichtiges Anliegen.
Birgit Schlegel
Singen und Musizieren ist von jeher präsent im Hause Sacher. Die Grossmutter war Organistin in der Kirche Zuzgen, der Vater Guido Sacher – ein herausragender Amateursänger – ist mit seiner klangvollen, warmen Stimme allseits bekannt. Keine Überraschung also, dass auch Sandra Rohrer Sacher bereits als Kind eine musikalische Laufbahn eingeschlagen hat. Noch existierte keine Musikschule im Tal, einzig der Dirigent der Brassband Zuzgen bot den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, ein Instrument zu lernen. Neben dem Cornet Spielen hat das Mädchen oft und gerne gesungen, hat kleine Bühnen gebaut und sich über den Applaus ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer gefreut. An der Bezirksschule Möhlin hat sie in ihrem Klassenlehrer Heini Kunz, dem äusserst kreativen Theatermann und Pädagogen, den ersten Förderer gefunden. «Das war das Beste, was mir passieren konnte. Da hat sich für mich eine Welt aufgetan», erinnert sich Sandra Rohrer Sacher. «In seinem Musikunterricht habe ich mich frei gefühlt!» Der Musiklehrer hat die Qualitäten ihrer Stimme erkannt und ihr nach dem Schulabschluss zu einer Gesangsausbildung geraten. Auch Dieter Studer, Musiklehrer am Lehrerseminar Brugg, hat sie während ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin dazu animiert. Schliesslich besuchte sie im anschliessenden Studium zur Rhythmiklehrerin an der Musikhochschule Basel parallel den Vorkurs in klassischem Gesang und schloss Studiengänge in Liedinterpretation und Gesangspädagogik ab. Heute kann die Sopranistin auf eine erfolgreiche internationale Karriere als Sängerin, Chorleiterin und Pädagogin zurückblicken und geniesst das facettenreiche Musikerinnenleben noch immer in vollen Zügen. Auch ihrer Tätigkeit als Kindergärtnerin ist sie treu geblieben und ist gerngesehene Stellvertreterin an verschiedenen Schulen im Kanton Aargau.
Atem – Körper – Stimme
Doch wie lernt man eigentlich das Singen? «Zu Beginn lasse ich die Schüler gerne mit freier Stückwahl vorsingen. Bei den jüngeren ist dies heutzutage oft ein aktueller Popsong», so die Sängerin. «Dann kommt die Atemtechnik.» Körperkontakt ist dabei hilfreich, etwa das Handauflegen im Lendenbereich und auf dem Bauch, damit die Lernenden spüren, wie sich beim Atmen der Lungenraum erweitert und wie das Zwerchfell zum entscheidenden Element wird. Dazu kommt das Bewusstwerden der unzähligen Muskeln und Organe, die im Alltag natürlicherweise eingesetzt, im Singen jedoch kontrolliert geführt werden müssen. Mit Zungen- und Mundübungen sowie unzähligen Stimmübungen lehrt die Sängerin das gezielte Einsetzen von Kehlkopf, Stimmlippen oder Stimmband und wie der Resonanzraum mit den Backen und der Mundhöhle erweitert werden kann. Dies auf spielerische Art und ohne Druck. «Meine Tätigkeit als Kindergärtnerin ist sicher ein Vorteil. Ich fühle mich den Kindern und Jugendlichen nahe. Und wenn jemand zu mir sagt, dass er sich im Unterricht frei fühlt, dann beglückt mich dies sehr.» Besonders wichtig ist der Pädagogin, die Freude am Singen zu vermitteln sowie die Musikalität und die Ausdrucksmöglichkeiten zu fördern. Stetig bildet sie sich selbst weiter und nimmt Gesangsstunden, momentan bei Petra Lang in Frankfurt. «Das Selbststudium ist als Pädagogin sehr wichtig, um das Gegenüber zu verstehen. Wenn man selber dranbleibt, können die Schüler auch sehr davon profitieren», so die Sängerin. Offen sein für ein Feedback von aussen ist fundamental, denn die Sopranistin hat beobachtet, dass sich ihre Stimmlage im Laufe der Zeit verändert hat. Hat sie ihr Studium als hoher Koloratursopran abgeschlossen (wer kennt sie nicht, die berühmten Arien der Königin der Nacht in Mozarts «Zauberflöte»), bezeichnet sie sich heute als lyrisch-dramatischen Sopran. Die Stimme ist tiefer und voller geworden, die Spannweite des Vibratos hat sich verändert. Die grossen Heldinnenrollen der spätromantischen Opern wie beispielsweise Bellinis «Norma» sind momentan Studienobjekt. Und doch umfasst ihr Stimmumfang immer noch beinahe drei Oktaven! «Ich glaube, als Sänger braucht man immer einen Coach. Das Betrachten von aussen ist enorm wichtig», ist sich Sandra Rohrer Sacher sicher. «Mein Körper wird zum Singen aber auch immer reifer. Ich spüre ihn besser. Das Körpergefühl hat sich gesteigert. Ich nehme alles, jeden Muskel, jede Faszie viel vertiefter war.»
Kammerensemble und Kinderoper
Neben ihres Teilpensums – zurzeit am Kindergarten Zuzgen – steht momentan die Arbeit mit dem Classic Ensemble «Salut d’Amour» im Mittelpunkt. Nach den erfolgreichen Konzerten vergangenen Herbst im Musik- und Kulturzentrum Don Bosco in Basel sowie in der Kirche Wallbach stehen weitere Auftritte in Aarau und dem Kloster Fischingen an. Besonders freut Sandra Rohrer Sacher, dass «Salut d’Amour» in den kommenden Jahren die Möglichkeit erhält, im angrenzenden Deutschland und Frankreich sowie in weiteren Schweizer Kantonen auf Tournee zu gehen. Arien und Lieder aus den grossen Opern bietet das Ensemble dar, instrumental reduziert auf ein Streichquartett und zwei Bläser. Die Zusammenarbeit und das Auftreten im kleinen Kreis geniesst Sandra Rohrer Sacher sehr. «Der Rahmen im Kammerensemble ist sehr feierlich. Die Freude beim Auftreten ist heute grösser als die Angst, Fehler zu machen.»
Ein wichtiges Anliegen ist ihr die Musikvermittlung an Kinder. Eine Kinderoper, szenisch konzertant aufgeführt, wie sie die Sängerin bereits erlebt hat, möchte sie in die Schweiz bringen. Die «Kinderoper in der Krypte», veranstaltet in der Wiener Peterskirche, dient als Vorbild. Warum nicht das klassische Musikgut den Kindern und Jugendlichen näherbringen, als Ergänzung zu Märli- und Kasperlitheater? Vielleicht in Zusammenarbeit mit den Schulen? Noch sind es erst Ideen, erste Kontakte zu den Verantwortlichen in Wien jedoch bereits geknüpft. Sandra Rohrer Sacher brennt für dieses Projekt. Man würde es ihr gönnen, wenn es zur Umsetzung kommen würde, fehlt es doch beinahe gänzlich im Kulturangebot und wäre nicht nur eine kulturelle Bereicherung, sondern auch eine wichtige pädagogische Massnahme zur Musikvermittlung.

