«Im Winter können wir auf dem Meer spazieren»
20.11.2023 OberhofSamy Kramer erzählt über sein Leben im finnischen Helsinki
Endlose Wälder und tausend Seen. An Finnland gefällt Samy Kramer die Weite und die Natur. Seit 2008 wohnt er in Helsinki. Im Sommer reist er gerne durchs Land. «Man kann hier tagelang wandern, ohne ...
Samy Kramer erzählt über sein Leben im finnischen Helsinki
Endlose Wälder und tausend Seen. An Finnland gefällt Samy Kramer die Weite und die Natur. Seit 2008 wohnt er in Helsinki. Im Sommer reist er gerne durchs Land. «Man kann hier tagelang wandern, ohne einem andern Wanderer zu begegnen.»
Karin Pfister
Finnische Winter sind dunkel und kalt, die Temperaturen fallen schnell unter den Nullpunkt. «Manchmal gefriert das Meer. Dann gehen wir auf dem Meer spazieren oder fahren mit den Schlittschuhen übers Eis.» Momentan werde es um halb fünf Uhr dunkel und um acht Uhr morgens hell. «Es wird in den nächsten Wochen dann noch etwas härter.» Es sei schon gewöhnungsbedürftig, wenn die Sonne um drei Uhr nachmittags untergehe, aber die dunkeln Winter seien auch «eine ruhige und schöne Zeit.»
Aufgewachsen in Oberhof
Einen Grossteil seiner Kindheit hat Samy Kramer in Oberhof verbracht. Seine Mutter ist die bekannte Künstlerin Susi Kramer. Auch Samy Kramer ist im kreativen Bereich tätig. Er ist audiovisueller Gestalter und arbeitet in seinem eigenen Tonstudio in Helsinki für Film, TV sowie im Musikbereich. Einst hat Samy Kramer die Bezirksschule in Frick besucht und danach in Aarau die Wirtschaftsmatura absolviert, bevor er nach Basel an die Hochschule für Gestaltung und Kunst ging, wo er sich vor allem auf Videoprojekte konzentriert hat. 2005 war Samy Kramer im Rahmen eines künstlerischen Projektes, einem Atelieraufenthalt, zum ersten Mal für einen längeren Zeitraum in Finnland. Während dieser Zeit konnte er viele Kontakte im kreativen Bereich knüpfen. Und: «Ich habe meine heutige Partnerin kennengelernt.» Outi Vuoriranta ist Schauspielerin. 2008 ist Samy Kramer von Basel nach Finnland gezogen. «Ich habe mich in Basel heimisch gefühlt und hatte einen grossen Freundeskreis. Es fiel mir damals schwer, diesen zurückzulassen.» Zur Familie gehören inzwischen die beiden Töchter Hedda und Martha, die 11 und 9 Jahre alt sind. Die Kinder wachsen dreisprachig – finnisch, englisch und schweizerdeutsch – auf. «Wir schauen regelmässig Schweizer Fernsehen, zum Beispiel ‹1 gegen 100› oder ‹Auf und davon›». Er selber spreche und verstehe nach der langen Zeit im Land auch finnisch, aber: «Tiefsinnige Gespräche kann ich auf Finnisch nicht führen. Die Sprache ist schwierig und mit Englisch kommt man gut durch den Alltag.»
«Die Kinder sind mehr im Fricktal als ich», erzählt Samy Kramer. Einen Teil des Sommers verbringen die beiden Töchter gerne bei den Grosseltern Susi und Hans Kramer in Oberhof oder bei ihren Cousinen in Effingen, wo Samy Kramers Schwester Larissa mit ihrer Familie lebt.
Es hat von allem mehr als in der Schweiz
Samy Kramer und Outi Vuoriranta wohnen in einer Wohnung im Zentrum von Helsinki. Über sein Leben im Norden sagt er zusammenfassend. «Es hat von vielem etwas mehr als in der Schweiz – mehr Natur, extremere Temperaturen, vielleicht mehr Freiheiten, aber der Lebensunterhalt ist allgemein bescheidener.» Die Finnen seien stolz auf die Natur, auf ihr noch junges Land und das System, in welchem vieles vom Staat geregelt ist. Es gebe zum Beispiel eine staatliche Gesundheitsversorgung und staatlich finanzierte Krippen. Finnische Sommer sind hell und können auch heiss sein. Samy Kramer reist im Sommer gerne mit einem VW-Bus durchs Land. «Die Wälder scheinen endlos und es hat so viele Seen, dass man jeden Tag einen andern besuchen kann. Man kann hier tagelang wandern, ohne einem andern Wanderer zu begegnen.»
Die Finninnen und Finnen beschreibt Samy Kramer als tiefsinnige Menschen. «Smalltalk gibt es nicht. Finnen reden nicht, um sich einfach nur so zu unterhalten. Wenn du jemanden, den du nur flüchtig kennst, fragst, wie es ihm geht, kann es gut sein, dass er dir offen und ehrlich über gravierende Probleme berichtet.» Er nehme die Menschen als geerdet wahr. «Die Natur verbindet und gehört zum Alltag. Im Sommer gehen die Finninnen und Finnen nach draussen, suchen Pilze oder Beeren.»
Trotz der beeindruckenden nordischen Natur: «Manchmal vermisse ich die fricktaler Jurahügel, die Bäche und die Wälder. Diese riechen anders als die finnischen. Manchmal habe ich den Schweizer Waldduft noch in der Nase.» Obwohl Samy Kramer sich in Finnland wohlfühlt, könnte er sich zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Rückkehr in die Schweiz vorstellen oder wieder mal für ein berufliches Projekt in die Schweiz zu reisen. «Pläne gibt es diesbezüglich momentan keine.»