Ich und wir
23.10.2025 PersönlichPsychiater Hanspeter Flury gibt Einblicke in seine Arbeit
Wie kommen individuelle und gesellschaftliche Perspektiven zusammen? Darüber diskutiert Soziologe Ueli Mäder am 29. Oktober im Hotel Schützen mit Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker Hanspeter Flury.
...Psychiater Hanspeter Flury gibt Einblicke in seine Arbeit
Wie kommen individuelle und gesellschaftliche Perspektiven zusammen? Darüber diskutiert Soziologe Ueli Mäder am 29. Oktober im Hotel Schützen mit Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker Hanspeter Flury.
Der langjährige Chefarzt und Direktor der Klinik Schützen und Vorsitzende der Geschäftsleitung der Schützen Rheinfelden AG geht darauf ein, was wir aus dem machen, was die Gesellschaft mit uns macht. Wer Probleme nur individualisiert, banalisiert sie. «Aber aufgepasst», so Flury, «wer alles auf die Gesellschaft abschiebt, klammert persönliche Spielräume und Verantwortung aus».
«Viele Menschen leiden an Erschöpfung»
Zur Schützen AG gehören: eine Klinik für Psychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie sowie die drei Hotels Schützen, Schiff und Eden. Die AG ist mit über 400 Mitarbeitenden einer der grössten Arbeitgeber der Stadt Rheinfelden. Nebst seinen Leitungsaufgaben arbeitet Flury mit Patientinnen und Patienten. Er forscht, hält Vorträge, führt Fachtagungen durch und übergibt nun seine Hauptaufgaben an Dr. med. Katharina Gessler.
Flury übernahm die Klinikleitung anno 2007. Die NFZ fragte ihn damals, ob er selbst auch Burnout gefährdet sei. «Wahrscheinlich wie alle, die viel arbeiten», antwortete Flury. Und Burnout sei immer noch aktuell, stellt er heute fest, in der belasteten Lage sogar verschärft. «Viele Menschen leiden an Erschöpfung durch hohe Kosten, Veränderungen bei der Arbeit und steigende Erwartungen im Privaten.»
Burnout sei zwar keine medizinische Diagnose im engeren Sinne, der Diskurs helfe aber, psychische Erkrankungen zu thematisieren und Unterstützung zu suchen. Wichtig sei, bewusst mit der Zeit umzugehen und ein Gegengewicht zur Arbeit zu finden. Zum Beispiel mit der Familie, Sport oder Musik.
Jeder fünfte Mensch erkrankt an einer Depression
Auf das ganze Leben betrachtet, erkranke bei uns auch jeder fünfte Mensch einmal an einer Depression. In der Regel mit guter Prognose, wenn wir Symptome früh wahrnehmen, ganzheitlich angehen und psychosozial auf körperliche Befunde sowie seelische Hintergründe achten.
Quälende Gedanken, Gefühle der Hoffnungslosigkeit, Nervosität und Schlafstörungen erforderten zunächst gezielte therapeutische Aufhellungen. Oft reichten ambulant begleitende Behandlungen. Psychische Stabilität verlange aber auch, soziale Umstände einzubeziehen, die Heilung langfristig fördern. Umgekehrt spiele die Psyche ebenfalls beim Behandeln von körperlichen Erkrankungen mit. Ob jemand etwas eher optimistisch oder pessimistisch sehe, sei durchaus relevant. Hinzu kämen familiäre Prägungen und Muster sowie die soziale Einbettung. Wer einsam lebe, habe nach einem Herzinfarkt schlechtere Prognosen. Therapeutische Massnahmen müssten das beachten.
Psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen sind bei psychisch kranken Menschen wirksam. Das ist laut Flury wissenschaftlich nachgewiesen. «Psychotherapeutisch tätig zu sein», sagt er, «ist auch für uns als Behandelnde dankbar und interessant. Wir setzen uns mit Menschen, ihren Leiden wie ihren Entwicklungen auseinander und erhalten so vertiefte Einblicke in das Erleben einzelner wie in gesellschaftliche Entwicklungen.»
Eindrücklich können wir auch immer wieder erleben, was Gesundheit und hochstehende, allen zugängliche Einrichtungen für Individuum, Gesellschaft, Lebensqualität und den sozialen Frieden bedeuten. Diese Errungenschaften weiter zu fördern, sei für uns alle zentral. «In Zukunft wohl noch mehr als heute», so Flury. Statt individuelle und gesellschaftliche Perspektiven egomanisch auseinander driften zu lassen, gelte es, sie konstruktiv miteinander zu vereinbaren. Dies im Sinne von: Ich und Wir – zusammen. (mgt)
«Ich und Wir»: am Mittwoch, 29. Oktober, um 19.30 Uhr, im Hotel Schützen (Bahnhofstr. 19) in Rheinfelden.
Mit Hanspeter Flury. Musikalische Begleitung: Peter Schmid. Moderation: Ueli Mäder. Eintritt: 15 Franken. Anmeldung über: https://www.schuetzenhotels.ch/de/entdecken

