«Ich liebe den Kampf – aber mit Respekt»
29.12.2025 PersönlichDer 13-jährige Ostap Nykyforets ist Weltmeister in Grappling und MMA
Vor drei Jahren war Ostap Nykyforets mit seinen Eltern und Geschwistern noch auf der Flucht von der Ukraine in die Schweiz. Seine Geschichte ist die eines Kindes zwischen Angst, Neuanfang und unglaublicher ...
Der 13-jährige Ostap Nykyforets ist Weltmeister in Grappling und MMA
Vor drei Jahren war Ostap Nykyforets mit seinen Eltern und Geschwistern noch auf der Flucht von der Ukraine in die Schweiz. Seine Geschichte ist die eines Kindes zwischen Angst, Neuanfang und unglaublicher Disziplin.
Monika Irion-Bürger
Ostap wohnt mit seiner Familie im Augarten, wo er Freunde fand und sich in der Schweiz akzeptiert und zuhause fühlt. Bevor er in die Schweiz kam, war Ostap bereits mit sechs Jahren ein grosser Fan von Grappling und MMA. Diese beiden Kampfsportarten gehören zusammen und sein Vater Heorhiy, selbst aktiver Kampfsporttrainer, unterrichtete ihn. Ostap wurde in der Oblast Iwano-Frankiwsk geboren, einer südwestlichen Region der Ukraine an der Grenze zu Rumänien. Sein Vater war Trainer in der Kampfsportart «Freefight» und trainierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ostap verbrachte von klein auf viel Zeit im Sportstudio, durfte jedoch erst mit sechs Jahren mit dem Training beginnen und an Wettkämpfen teilnehmen. Dabei erlebte er nicht nur Siege, sondern auch Niederlagen.
Neue Freunde gefunden
Mit zehn Jahren kam er in die Schweiz und setzte sein Training fort: Schwimmen, Kickboxen und Judo. Die Kampfsportart «Freefight» gab es hier zunächst nicht. Das Deutschlernen war für die ganze Familie eine grosse Herausforderung. Die Kinder konnten die Integrationsklasse der Robersten-Schule besuchen. Heute ist Ostap in der 7. Klasse in Kaiseraugst. Sein Wunsch ist es, in die Engerfeld-Schule zu wechseln, weil seine besten Freunde dort sind. Er prahlt nicht mit seinen Erfolgen und erzählt auch niemandem von seinem Sieg in Bregenz. Doch diejenigen, die davon wussten, waren sehr überrascht und freuten sich mit ihm.
Vom Flüchtlingskind zum Titelträger
Am 25. November fand in Bregenz (Österreich) die Weltmeisterschaft in Grappling und MMA statt. Ostap ist sich bewusst, dass es mehr braucht als nur Spass – es braucht Kraft, Technik und Köpfchen. Ruhe bewahren, jedoch schnell reagieren. Vor dem Finale war er sehr nervös und spürte den grossen Druck. Doch im Kampf zählt für ihn nur eines: Fokus!
Ostap erklärt: «Ich bin flink und treffe gut. Ich habe keine Angst und kann mich voll und ganz auf den Kampf konzentrieren. Zuerst scanne ich meinen Gegner. Ist er gross und kräftig, dann weiss ich, dass ich alles geben muss. Sieht er kleiner und nicht so stark aus, habe ich weniger Angst. Wenn der Kampf beginnt, denke ich nur noch ans Gewinnen.» Nach seinem Sieg war Ostap glücklich und dankbar und empfand eine Mischung aus Freude, Stolz und Erleichterung. Bei einem Wettbewerb von solchem Ausmass nahm er zum ersten Mal teil.
Grappling und MMA – zwei Welten, ein Ziel
Grappling ist ein reines Boden- und Clinch-Training. Es beinhaltet keine Tritte, sondern Würfe, Takedowns sowie Bein- und Armhebel; Würgegriffe sind ebenfalls erlaubt. Ziel ist es, den Gegner ohne Schläge zur Aufgabe zu bringen. Hier geht es vor allem um Technik und Kontrolle.
MMA dagegen ist Vollkontakt. Hier geht es richtig zur Sache, denn vieles ist erlaubt: Striking (Boxen, Kickboxen, Muay Thai) und das dazugehörende Grappling. Da Schläge und Tritte erlaubt sind, besteht ein höheres Verletzungsrisiko. Darum ist MMA nichts für Einsteiger.
Die UA-DO-Sportschule befindet sich in Sisseln und bezweckt die Förderung des ukrainischen Nationalsports Kosakenduboi sowie Judo und Jiu-Jitsu. Zwischen Trainingseinheiten in Sisseln, Schule und Familie reift ein Talent heran. Geprägt von der Erfahrung seines Trainers aus Turkmenistan trainiert Ostap seit drei Monaten in der Schule UA-DO. Vorher trainierte er im Genesis Gym in Rheinfelden. Lange Trainingszeiten sind geplant, denn der Erfolg ist kein Zufall. Konzentration, Willen, Respekt – ohne das geht es nicht. Unter den strengen Augen seines turkmenischen Trainers trainiert er fast täglich, verfeinert seine Technik und Kondition – und bleibt dabei erstaunlich bodenständig.
Ein junger Kämpfer mit einem zweiten Traum
Ostap hat zwei Geschwister: einen älteren Bruder, Sviatoslav, der ebenfalls Kampfsport betreibt, und eine jüngere Schwester, Zlata. Alle fühlen sich in Rheinfelden wohl und sind gut integriert. Während Ostap im Moment noch viel Sport treibt und sich zum Profikämpfer entwickelt, träumt er für die Zukunft einen ganz anderen Traum. Er möchte Chirurg werden. Dieses Ziel verfolgt er entschlossen. Er liest viel über Anatomie, denn der Aufbau des menschlichen Körpers fasziniert ihn. Und: er möchte Menschen helfen!
Zum Schluss möchte Ostap ein Zitat weitergeben: «Beherrsche deinen Geist und erreiche jedes Ziel.»

