«Ich gebe mein Bestes und erwarte von niemandem etwas»
13.01.2025 MagdenWas motiviert einen jungen Mann aus Afghanistan, eine Ausbildung zum Fachmann Gesundheit (FaGE) zu absolvieren und wie ergeht es ihm dabei? Wir trafen uns mit Abdullah Azizi bei der Spitex in Magden.
Regula Laux
«Der Kontakt zu unseren Klientinnen und Klienten macht mir ...
Was motiviert einen jungen Mann aus Afghanistan, eine Ausbildung zum Fachmann Gesundheit (FaGE) zu absolvieren und wie ergeht es ihm dabei? Wir trafen uns mit Abdullah Azizi bei der Spitex in Magden.
Regula Laux
«Der Kontakt zu unseren Klientinnen und Klienten macht mir grosse Freude», erzählt der 18-jährige Abdullah Azizi voller Begeisterung. «Wir gehen zu Leuten nach Hause, meist ältere Menschen, die unsere Hilfe wirklich brauchen», beschreibt er seine Arbeit bei der Spitex Magden Olsberg Maisprach weiter und schiebt nach: «Wenn sie glücklich sind und lachen, macht mich das sehr zufrieden und gibt mir immer wieder neue Motivation.»
Als «UMA» in die Schweiz
Abdullah Azizi kam als 16-jähriger sogenannter «UMA» (Unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender) in die Schweiz. «Am 6. Juni 2022 reiste ich in die Schweiz ein», präzisiert er. Seine bisherigen Stationen führten ihn von Lugano nach Basel, über Villmergen und Aarau nach Magden. «Seit rund eineinhalb Jahren lerne ich Deutsch», erzählt er in fast perfektem Hochdeutsch und doppelt nach: «Neben Hochdeutsch möchte ich unbedingt auch Schweizerdeutsch lernen. Mein Ziel ist es, am Ende meiner Ausbildung auch fliessend Dialekt sprechen zu können.»
Er habe immer davon geträumt, im medizinisch/pf legerischen Bereich tätig zu sein, so Azizi. Doch bevor er sich für die Ausbildung bei der Spitex in Magden entschied, habe er auch in anderen Bereichen geschnuppert – z. B. als Automobilfachmann. Ihm sei aber schnell klar geworden, dass er unbedingt mit Menschen zu tun haben wolle, dies auch, um möglichst rasch Teil der Schweizer Gesellschaft zu werden.
Die Familie musste flüchten
Doch was bringt einen Jugendlichen aus Afghanistan dazu, in die Schweiz zu flüchten? «Viele in meiner Verwandtschaft haben beim amerikanischen Militär gearbeitet und mein Vater beim Geheimdienst», erzählt Azizi sehr offen. Unter dem Druck der Taliban musste seine Familie aus der Hauptstadt Kabul flüchten, seine Eltern und seine vier jüngeren Geschwister leben nun im Norden von Afghanistan – «hoffentlich möglichst lang unerkannt», so Azizi. Im Gegensatz zu ihm, der die Schule bis zur 10. Klasse besuchen konnte, gehen seine Geschwister heute nicht mehr zur Schule.
Die Trennung fällt schwer
Einmal pro Woche – meist am Wochenende – telefoniert Abdullah Azizi per WhatsApp mit seiner Familie, den Eltern, den 7-jährigen Zwillingsschwestern, dem 12-jährigen Bruder und der 13-jährigen Schwester. «Es fällt mir schon schwer, so weit weg von meiner Familie zu sein», erzählt Azizi, aber er sei auch extrem dankbar, hier in der Schweiz leben zu dürfen. Die Schweiz habe er in Afghanistan in der Schule kennengelernt und es habe ihn beeindruckt, dass dieses Land noch keinen Krieg direkt erlebt habe. Und seine Tante, die 20 Jahre im Kanton Zürich lebte, hätte ihm viel über die schöne Schweiz erzählt.
Vorbild für andere
Dass er nicht auf Kosten der Schweizer Gesellschaft leben wolle, sei ihm von Anfang an wichtig gewesen. Sein Leitspruch: «Ich gebe mein Bestes und erwarte von niemandem etwas.» Er sei nicht gekommen, um wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten. Ganz im Gegenteil: Er sei jung und wolle gern helfen und ein Vorbild sein für andere junge Männer aus Afghanistan.
In Magden lebt Abdullah Azizi unweit des Spitex-Büros zusammen mit drei ukrainischen Familien und einem jungen Mann aus Afghanistan. Mittlerweile habe er in der Schweiz nicht mehr das Gefühl, dass er im Ausland sei. Und seine nächsten Ziele? Die Fahrerlaubnis zu erhalten, die theoretische Prüfung hat er bereits bestanden, die praktische kann er im Januar oder Februar wiederholen: «Vielleicht ja am 1. Februar, meinem 19. Geburtstag», spekuliert Abdullah Azizi. Wann auch immer, wir drücken ihm auf jeden Fall die Daumen.