«Ich empfinde eine gewisse Wehmut»
03.12.2025 PersönlichInterview mit dem abtretenden Rheinfelder Stadtammann
Der Abschied fällt ihm nicht leicht: Franco Mazzi ist seit 2003 Stadtrat von Rheinfelden, seit 2006 Stadtammann. Auf Ende Jahr tritt er ab. Er hat bereits eine neue Aufgabe übernommen. Die NFZ traf ihn zum Gespräch im ...
Interview mit dem abtretenden Rheinfelder Stadtammann
Der Abschied fällt ihm nicht leicht: Franco Mazzi ist seit 2003 Stadtrat von Rheinfelden, seit 2006 Stadtammann. Auf Ende Jahr tritt er ab. Er hat bereits eine neue Aufgabe übernommen. Die NFZ traf ihn zum Gespräch im Stadtratszimmer.
Valentin Zumsteg
NFZ: Herr Mazzi, langsam zeichnet sich das Ende Ihrer Amtszeit als Stadtammann ab. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die Amtsübergabe?
Franco Mazzi: Das sind gemischte Gefühle. Auf der einen Seite freue ich mich, dass ich mehr Zeit für die Familie und für mich bekommen werde. Auf der anderen Seite empfinde ich eine gewisse Wehmut, denn wir hatten 20 gute Jahre in Rheinfelden. Die Zusammenarbeit mit vielen Leuten, die ich schätze, werde ich vermissen.
Am 10. Dezember steht die letzte Gemeindeversammlung an. Freuen Sie sich darauf?
Freuen ist nicht das richtige Wort. Ich spüre eine gewisse Spannung, aber das war bei jeder Gemeindeversammlung so. Ich glaube, das ist auch gut, denn man soll es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Natürlich hat man nach 20 Jahren eine gewisse Routine, aber man weiss nie genau, was einen erwartet und welche Impulse aus der Versammlung kommen.
Ihre Stadtratskolleginnen und -kollegen beantragen der Versammlung, dass Sie zum Ehrenbürger ernannt werden. Was bedeutet Ihnen das?
Wenn die Bürgerinnen und Bürger dazu ja sagen, dann ist das eine grosse Ehre für mich. Ich würde es als Zeichen der Dankbarkeit werten für die Arbeit, die ich geleistet habe. Der Vorschlag meiner Stadtratskolleginnen und -kollegen kam für mich überraschend, ich habe nicht damit gerechnet.
Welches war in den letzten 20 Jahren als Stadtammann Ihr grösster Erfolg?
Es ist schwierig, ein einzelnes Ereignis hervorzuheben. Was mir nach wie vor sehr viel Freude bereitet, ist der Wakkerpreis, den Rheinfelden 2016 verliehen bekommen hat. Er ist ein Symbol für eine erfolgreiche Stadtentwicklung in der Vergangenheit und eine Verpflichtung für eine gute Entwicklung in der Zukunft. Das war ein sehr schöner Moment.
Auf der anderen Seite: Welche Niederlage schmerzt Sie noch heute?
Ich glaube, es ist die Tatsache, dass die Fricktaler Mittelschule nicht nach Rheinfelden gekommen ist. Das gemeinsame Projekt mit Möhlin wäre eine grosse Chance gewesen. Die Rheinfelder sagten mit grossem Mehr ja dazu. Die Möhliner konnten sich leider nicht dazu durchringen, dem Projekt ebenfalls zuzustimmen. Das war enttäuschend. Die Mittelschule hätte eine Entwicklung im Gebiet Rheinfelden Ost beim Bahnhof Möhlin angestossen. Es wäre ein wichtiger Impuls gewesen.
Ende Jahr scheiden Sie aus dem Amt. Welches Projekt hätten Sie gerne noch abgeschlossen?
Die Entwicklung des Bahnhofareals unter dem Titel «Neue Mitte» ist ein spannendes Projekt, das Rheinfelden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten prägen wird. Aber so ist das in der Politik: Manchmal erntet man das, was die Vorgänger gesät haben. Manchmal sät man, was die Nachfolger ernten können. In 20 Jahren konnten wir aber auch viel ernten, das wir selbst gesät haben.
Als Stadtammann ist man exponiert, wird für vieles verantwortlich gemacht. Wie haben Sie das erlebt?
Das blieb für mich immer im akzeptablen Rahmen. Ich musste praktisch keine persönlichen Angriffe erleben.
Hätten Sie sich manchmal mehr Lob gewünscht?
Das darf man nicht erwarten. Ich bin da realistisch. Es kam aber auch vor, dass mir Leute sagten: Ihr macht gute Arbeit im Rathaus. Das hat mich natürlich gefreut. Die Wahlen alle vier Jahre waren ein Zeichen, ob die Leute zufrieden sind oder nicht.
Was wünschen Sie dem künftigen Stadtrat als Gremium?
Ich wünsche ihm, dass er sich schnell zusammenfindet zu einer Einheit; nicht im Denken, dort braucht es die Diskussion der unterschiedlichen Aspekte, aber dann im beschlossenen Handeln. Und ich wünsche mir, dass es gelingt, das Vorwärtsschreiten weiterhin so gut zu entwickeln wie in den vergangenen Jahren.
War der bisherige Stadtrat eine Einheit?
Nach aussen, ja. Wir hatten intensive Diskussionen, doch am Schluss ist es immer gelungen, einen Entscheid zu fällen, der von allen mitgetragen wurde. Das hat die Bevölkerung gemerkt, deswegen wurde nur wenig abgelehnt.
Welche Entwicklung erwarten Sie für Rheinfelden und das Fricktal in den nächsten Jahren?
Ich bin zuversichtlich, dass die gute Entwicklung weitergehen wird. Wir erleben weiterhin eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung aus der Stadt Basel und den umliegenden Gemeinden ins Fricktal.
Hier gibt es noch Landreserven. Mit der Ansiedlung von Firmen kommt Wohlstand ins Fricktal. Das merkt man auch daran, dass das Fricktal insgesamt seit wenigen Jahren ein Netto-Einzahler in den kantonalen Finanzausgleich ist. Vorher hat die Region während vieler Jahre mehr bezogen als eingezahlt.
Schauen wir noch in die persönliche Zukunft: Seit kurzem sind Sie Präsident der neuen Stiftung, welche die Trägerschaft des Fricktaler Museums bildet. Was reizt Sie an diesem Amt?
Es ist ein Kreis, der sich schliesst. Mein Einstieg in die Politik – auch wenn ich das damals noch nicht wusste – erfolgte als Mitglied der Rheinfelder Museumskommission. Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass man die Geschichte dieses Städtchens kennt. Rheinfelden hat eine reiche Geschichte, die noch zu wenig erzählt ist. Wer seine Wurzeln kennt, trägt Sorge zur Stadt. Wir müssen lernen aus der Geschichte – das Museum ist der richtige Ort dafür.
Was werden Sie ab Januar 2026 sonst noch machen?
Der Töff steht parat – auch wenn das Fahren im Winter weniger Spass macht. Ich freue mich darauf, ins Café zu gehen, wann ich will. Der Terminkalender war bisher sehr voll. Im neuen Jahr sieht es besser aus, da ist noch vieles frei. Es gab bereits zahlreiche Anfragen für Ämter, die ich übernehmen könnte. Doch da bin ich noch zurückhaltend. Ich könnte mir aber vorstellen, irgendwann Stadtführer zu werden. Aber noch nicht gleich.

