Hotlabor als Meilenstein für Kerntechnik
15.11.2024 Aargau60 Jahre Jubiläum am Paul Scherrer Institut PSI
Das Hotlabor am PSI ist eine einzigartige Versuchsanlage zur materialanalytischen Untersuchung hoch radioaktiver Stoffe – sein 60-jähriges Bestehen markiert nicht nur einen Meilenstein in der Geschichte des Instituts, sondern ...
60 Jahre Jubiläum am Paul Scherrer Institut PSI
Das Hotlabor am PSI ist eine einzigartige Versuchsanlage zur materialanalytischen Untersuchung hoch radioaktiver Stoffe – sein 60-jähriges Bestehen markiert nicht nur einen Meilenstein in der Geschichte des Instituts, sondern der gesamten Schweizer Kerntechnik.
Das Hotlabor am Paul Scherrer Institut ist eine Anlage, in der Forschende hoch radioaktive Materialien in speziellen abgeschirmten Kammern – die «heisse Zellen» oder auch Hotzellen genannt werden – untersuchen. Die Anlage ist in der Schweiz einzigartig. Sie dient der angewandten Materialforschung stark radioaktiver Proben aus Kerneinbauten und Brennstäben von Kernkraftwerken, Forschungsreaktoren und den PSI-Bestrahlungseinrichtungen. Mit dem Betrieb des Hotlabors leistet das PSI auch einen Beitrag zur Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke. Rund 32 Mitarbeitende betreuen die sicherheitstechnische und analytische Infrastruktur dieses schweizweit einmaligen Labors.
Geschichte der Schweizer Kerntechnik
Die Ursprünge des Hotlabors gehen auf das Jahr 1955 zurück. Unter Federführung der Vereinten Nationen fand damals die erste Atomenergie-Konferenz in Genf statt, mit dem Ziel, die Atomkraft, welche ihre verheerende Wirkung im Krieg offenbart hat, künftig friedlich zu nutzen. Über 1000 Forschende tauschten sich an dieser zweiwöchigen Konferenz aus – damit wuchs auch das Interesse der Schweiz an dieser neuartigen Energiequelle. Die im März 1955 in Würenlingen gegründete Reaktor AG nahm sich der Umsetzung dieses Interesses an. Das Privatunternehmen wurde später vom Bund übernommen und zum Eidgenössischen Institut für Reaktorforschung (EIR) umbenannt, welches schliesslich 1988 mit dem Schweizerischen Institut für Nuklearforschung zum heutigen Paul Scherrer Institut PSI fusionierte.
Das Hotlabor spielte eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Schweizer Kernkraftwerke. Auch zur sicheren Entsorgung sowie zur Endlagerung radioaktiver Abfälle zeichnet sich die Forschung am Hotlabor aus. Zudem werden hier die radioaktiven Abfälle weiterverarbeitet, gelagert und entsorgt, welche bei den Untersuchungen anfallen.
Das Hotlabor befindet sich in einem komplett abgeschirmten Bereich, der nur via Sicherheitsschleusen zugänglich ist. Meterdicke Beton- und Bleiwände schützen das Personal vor der gefährlichen Strahlung. Dabei handelt es sich bei den Aussenwänden bloss um einen Sekundärschutz, der im Falle eines Unfalls den Austritt von radioaktivem Material verhindern soll – die eigentlichen Arbeiten mit den hoch radioaktiven Brennstäben finden nämlich nochmals abgeschirmt hinter 1,5 Meter dicken Betonwänden in den sogenannten Hotzellen statt. In diese heissen Zellen werden die teilweise vier Meter langen Brennstäbe über ein Schleusensystem angeliefert, voruntersucht, zerkleinert und für weitere Analysen in die kleineren bleiabgeschirmten Zellen überführt.
Einblick in die Zelle erlaubt ein kleines Fenster, das aus einer Kombination von drei Mal dreissig Zentimeter dicken Bleigläsern besteht. Das charakteristische, grünschimmernde Licht dahinter kommt nicht etwa von der radioaktiven Strahlung, sondern entsteht einerseits durch die Lichtquelle und andererseits durch die Optik der Gläser. Durch das dicke Bleiglas erscheint uns dieses Licht dann grün.
Ungewisse Zukunft
Welche genaue Rolle das Labor für die Schweizer Kerntechnik in Zukunft spielen wird, ist noch ungewiss. Für Marco Streit ist der Fall allerdings klar, das Hotlabor wird auch in den kommenden 30 Jahren und darüber hinaus noch seinen Beitrag leisten: «Solange die Kernkraftwerke in der Schweiz in Betrieb sind, wird es auch ein Hotlabor geben – dies nur schon aus Sicherheitsgründen», so der Laborleiter. «Aber auch später, wenn es um den Rückbau und die Endlagerung geht, ist eine solche Infrastruktur von zentraler Bedeutung – denn nur hier lassen sich die gefährlichen Stoffe sicher und präzise untersuchen.» (mgt/nfz)