«Heute hätte ich den Mumm für vieles nicht mehr»
24.10.2025 PersönlichKurt Rosenthaler erzählt von seinen Weltreisen in den Siebzigern
Kurt Rosenthaler führt seit 40 Jahren als Stadtführer Einheimische und Touristen durch die Altstadt Rheinfeldens. In der Schwesterstadt sprach er anlässlich des «Abendgesprächs» in der VHS hingegen über seine Abenteuer weit ausserhalb Rheinfeldens: in der Sahara, in den USA, im Franco-Spanien.
Boris Burkhardt
Ein paar Mal habe er Angst um sein Leben gehabt, beantwortete Kurt Rosenthaler eine Frage aus dem Publikum: Der Weltenbummler aus Rheinfelden, der am vergangenen Donnerstag im «Abendgespräch» der Volkshochschule in Badisch Rheinfelden mit deren Leiterin Veronika Plank vor rund 20 Zuhörern sprach, wäre einmal in der Sahara auf der 700 Kilometer langen Strecke des berühmten mauretanischen Eisenerzzuges in einem Tunnel am Staub fast erstickt. Ein anderes Mal wurde er an der Grenze von korrupten mexikanischen Bundespolizisten mit Waffengewalt ausgeraubt.
Weil sie selbst im Schweizer Rheinfelden wohne und sich zwischen beiden Städten bewege, lade sie gerne Menschen zum Gespräch ein, die das ebenso tun, erklärte Plank die Wahl ihres Gesprächspartners. Rosenthaler ist der VHS seit 40 Jahren verbunden, gibt Kurse über Stadtführung und indianische Spiritualität und begleitet immer wieder die organisierten Reisen.
Tausendsassa und Freigeist
Rosenthal ist das, was man einen Tausendsassa oder auch einen Freigeist nennen könnte. «Ich habe nie Karriere machen wollen, nie Menschen führen wollen», sagte er selbst über sein Berufsleben: Beim Uhrenhersteller Omega in Biel habe er beispielsweise gekündigt, als man ihm als Chemiker die erste Beförderung angeboten habe. Immerhin habe er zu Testzwecken für zwei Wochen jene Uhr am Handgelenk gehabt, die danach Neil Armstrong auf dem Mond getragen habe. An der Schwelle der Siebzigerjahre habe er in der Branche genug Geld verdient, um sich die Reisen in alle Erdteile zu finanzieren: «Damals brauchte man dafür nicht viel Geld: Ich fuhr meist mit dem Zug und schlief im Schlafsack.»
Rosenthaler der Weltenbummler
Kurt Rosenthaler ist vieles, wie Plank feststellte: Schriftsteller, Maler, Wissenschaftler, Gesellschaftskritiker, Senn, seit 40 Jahren Stadtführer im Schweizer Rheinfelden. Um den Faden nicht zu verlieren im Gespräch mit dieser «schizophrenen» Persönlichkeit, wie sich Rosenthaler selbst scherzhaft bezeichnete, liess Plank sogar das Publikum abstimmen, über welchen Aspekt von Rosenthalers Leben sie sprechen sollten. Die klare Mehrheit entschied sich eben für den Weltenbummler – oder wie Plank ihn lieber bezeichnete, den «Weltenbeobachter».
Die Zeit in den Siebzigern, über die Rosenthaler sprach, war den Zuhörern vom Alter her wohlvertraut: In die Sahara zu reisen, in die USA und Mexiko, nach Südostasien, bedeutete damals eine völlig andere Erfahrung als heute. «Heute hätte ich den Mumm für vieles nicht mehr. Damals dachte ich mir aber: Es wird schon gutgehen», sagte Rosenthaler. Gef logen sei er auf seinen Reisen nur, wenn es wirklich nicht anders gegangen sei: «Fliegen kostete damals das Zehn-, wenn nicht Hundertfache wie heute.» Stattdessen sei er oft auf Frachtschiffen mitgefahren, die wenige Passagiere mitnehmen durften. «Zum Frühstück gab es Fischsuppe, zum Mittagessen Fischsuppe und zum Abendessen Fischsuppe», schilderte er zum Beispiel den Komfort auf einem Bananendampfer zum Amüsement der Zuhörer.
Die drei Hs
An Land habe er absichtlich Bummelzüge gewählt, um Land und Leute kennenzulernen, etwa auf der ersten Fahrt ins Franco-Spanien, wo die Bauern ihn reichlich mit Speis und Trank versorgt hätten. Alleine durch sein Äusseres habe er immer Aufmerksamkeit erregt, erzählte Rosenthaler: «Der dünne, grosse Kerl, der sich seit dem letzten WK 1969 nicht mehr die Haare geschnitten hatte.» Hippies seien aber gerade im faschistischen Spanien sehr unwillkommen gewesen, habe er etwa in unzähligen Kontrollen der Guardia Civil zu spüren bekommen. Das Franco-Regime sei auch der einzige Ort auf seinen vielen Reisen gewesen, wo er die Klappe gehalten habe. «Mein Credo, um überall auf der Welt durchzukommen, waren die 3 Hs», erklärte Rosenthaler: «Höflichkeit, Herzlichkeit und Humor.» In jeder Landessprache habe er gelernt, «wenigstens Grüezi und Danke zu sagen».
Rosenthaler zeigte ausserdem eine kurze Diashow mit Bildern aus seinem Leben. Von seiner Zeit mit Indianern in New Mexico übernahm er die Tradition, auf eine Tierhaut für jedes Lebensjahr ein repräsentatives Symbol zu malen, die spiralförmig angeordnet sind. «Demnach kann ich 110 Jahre alt werden; danach habe ich keinen Platz mehr», bewies der Weltenbeobachter erneut seinen Humor.

