Haus Salmegg wird 200 Jahre alt
05.02.2025 RheinfeldenDas Haus Salmegg am Rheinufer in Badisch Rheinfelden ist untrennbar mit dem Namen Franz Joseph Dietschy, Brauer und Stadtamman im Schweizer Rheinfelden, verbunden. Vor 200 Jahren wurde es fertiggebaut. Es steht als Symbol für die verwobene Geschichte beider Städte wie kein anderes ...
Das Haus Salmegg am Rheinufer in Badisch Rheinfelden ist untrennbar mit dem Namen Franz Joseph Dietschy, Brauer und Stadtamman im Schweizer Rheinfelden, verbunden. Vor 200 Jahren wurde es fertiggebaut. Es steht als Symbol für die verwobene Geschichte beider Städte wie kein anderes Gebäude.
Boris Burkhardt
Das Haus Salmegg gehört heute zu den ersten Adressen in Badisch Rheinfelden. Seit 1989 ist es ein Haus der Kultur, in dem Ausstellungen und Vorträge, Empfänge und Trauungen stattfinden. Das gehobene Restaurant im Kellergeschoss ist über die Stadtgrenzen hinaus für sein Ambiente mit Rheinterrasse bekannt. Auch wenn sich das Haus auf der deutschen Seite des Rheins befindet, steht es doch wie kein anderes Gebäude für die Verbundenheit der beiden Rheinfelden: Sein Erbauer Franz Joseph Dietschy (1770–1842) war Besitzer der Brauerei «Salmen» und Stadtammann im Schweizer Rheinfelden, stammte aber aus dem Bergdörfchen Pfaffenberg bei Zell im Wiesental. Sein Sommersitz am Nordufer des Rheins war 1825, vor 200 Jahren, fertiggestellt.
«Ruhe und Distanz»
Am Ende der Geschichte des Hauses Salmegg wird es politisch werden; am Anfang steht jedoch eine tragische Liebe. Dietschy hatte das Haus, so berichtet es Antoinette Habich-Jagmetti in den «Rheinfelder Neujahrsblättern» von 1994, vor allem für seine Frau Anna Maria Dietschy-Tschudin (1774–1826) gebaut, «um ihr hin und wieder die Möglichkeit von Ruhe und Distanz zu schaffen». Die Enge in der Brauerei in der Altstadt, zu der auch eine Schnapsbrennerei und ein Weinhandel gehörten, dazu das Vieh im Haus und der frühe Tod der Mehrzahl der zehn gemeinsamen Kinder nagten an den Kräften der Frau aus Wittnau. Die Häuser in der Rheinfelder Altstadt waren laut Habich-Jagmetti damals «kühl, feucht und schlecht heizbar» und die Bewohner bis ins 20. Jahrhundert hinein von Tuberkulose heimgesucht.
Wie ihre Lebensdaten bereits verraten, kam die Oase, die ihr Mann ihr schuf, für Anna Maria Dietschy-Tschudin zu spät: Sie konnte das Haus Salmegg noch ein gutes Jahr geniessen, bevor sie am 14. September 1826 starb. Ihr Tod muss Dietschy schwer getroffen haben, zumal kurz darauf mit seinem Sohn Johann auch der designierte Erbe verstarb. Eine Stele im Garten widmete Dietschy dem «theuern Angedenken an das stille Glück des ehelichen und häuslichen Lebens mit der getreuen Gattin und Mutter».
«Zur Aue»
Dietschy hat das Wohnhaus und das Wirtschaftsgebäude neben dem Zollhaus auf Fundamentresten der Befestigungsanlagen des einstigen Brückenkopfes gebaut. Bis 1744, als beide Seiten des Rheins noch zu Österreich gehörten, hatte hier mehrere Jahrhunderte das Gasthaus «Zur Aue» gestanden, das auch Gerichtsort war. Das Haus Salmegg wurde im Stil des Neoklassizismus errichtet; den Namen erhielt es von der früheren Salmenwaage an diesem Ort, ein Hebelgestell, mit dem Fischnetze ins Wasser gelassen und heraufgezogen wurden. Der heutige Dietschy-Saal war in zwei bis drei Räume aufgeteilt; die Küche im ersten Obergeschoss ist heute noch erkennbar. Der Keller diente als Weinlager.
Habich-Jagmetti geht davon aus, dass Franz Joseph Dietschy das neu gebaute Haus schon nach dem Tod seiner Frau kaum noch benutzte; jedenfalls wurde es im Nollinger Brandversicherungsbuch 1834 wegen «zerfallener Gebäulichkeiten» im Wert stark herabgesetzt. Das untere Stockwerk, schon stark von der Feuchtigkeit in Mitleidenschaft gezogen, liess Dietschy renovieren. Auch sein Sohn und Brauereierbe Alois (1810–1858) wohnte statt im Salmegg im Haus Sonne, dem Nachbarhaus des «Salmen», in dem heute das Fricktaler Museum untergebracht ist.
Erst Alois’ Tochter Josephine Benziger-Dietschy nutzte das Haus Salmegg ab 1878 mit ihrer Familie als Ferienhaus und ab 1899 als ständigen Wohnsitz. Nach ihrem Mann Martin Benziger, Verleger aus Einsiedeln, wurde das Haus damals das «Benziger-Haus» genannt. Benzigers liessen die Fassaden auf der Rheinseite verglasen; im Garten wurden Gemüse, Obst und Reben angepflanzt. Eine Dienstfamilie wohnte ständig im Haus; unter dem Sohn Josef Benziger war das Familie Burger aus Warmbach. Von Frau Burger gibt es noch ein Photo von 1939 im Garten mit Josefs Frau Hermine Benziger-Mader.
Schon um die Jahrhundertwende war die Grenze zwischen beiden Rheinfelden zunehmend ein Problem für die Bewohner und Besitzer des Haus Salmegg, die ja nach wie vor Schweizer waren. Während der beiden Weltkriege war die Grenze geschlossen und das Haus nicht erreichbar. Schon im Ersten Weltkrieg wurden Benzigers gezwungen, das Haus zu vermieten; unter der Naziherrschaft wurde das unerwünschte Schweizer Eigentum auf deutschem Boden, das zudem ideal für Fluchthilfe schien, 1942 schliesslich abgetauscht und gelangte so in den Besitz der Stadt Rheinfelden (Baden).
Diese vernachlässigte das Gebäude nach dem Krieg zusehends, sodass schon 1955 ein Abbruch zugunsten eines Hotelneubaus diskutiert wurde; das verwahrloste Wirtschaftsgebäude fiel tatsächlich 1962 den Baggern zum Opfer. Erst ab 1971 setzte sich Oberbürgermeister Herbert King für die Renovierung ein und wandelte den Garten in den heutigen Park um. 1979 wurde in Badisch Rheinfelden ein Kulturring gegründet, der später durch den «Haus-Salmegg-Verein für Kunst und Geschichte» ersetzt wurde. Noch einmal bis zum 21. April 1989 sollte es dauern, bis Um- und Ausbau des Hauses abgeschlossen waren und Oberbürgermeister Eberhard Niethammer es seiner neuen Bestimmung übergeben konnte.