«Grosse Vielfalt auf kleinem Raum» - Sarah Fasolin hat über 300 Schweizer Gärten besucht
31.03.2024 FricktalDie Gartenjournalistin Sarah Fasolin, die im Fricktal aufgewachsen ist, hat während eines Jahres eine Reise durch viele Gärten und alle Teile der Schweiz gemacht und einen Gartenführer geschrieben, der Ende März erscheint.
Karin Pfister
NFZ: ...
Die Gartenjournalistin Sarah Fasolin, die im Fricktal aufgewachsen ist, hat während eines Jahres eine Reise durch viele Gärten und alle Teile der Schweiz gemacht und einen Gartenführer geschrieben, der Ende März erscheint.
Karin Pfister
NFZ: Frau Fasolin, was fasziniert Sie an Gärten?
Sarah Fasolin: «Die Verbindung zwischen Mensch und Natur sowie die Geschichte des Gartens. Jeder Garten ist ein Porträt der Person, die den Garten angelegt hat oder pflegt. Aus dieser Beziehung entsteht etwas Besonderes, das ich sehr interessant finde. Gleichzeitig sind es Orte der Schönheit und des Lebens. Es ist die einzige Kunstform, die alle Sinne anspricht. Gärten sind auch eine Lebensschule. Sie sind schön und machen Freude; lehren aber auch, mit Niederlagen umzugehen. Jeder Gartenbesitzer kann Geschichten von Schwierigkeiten erzählen, von Stürmen, Trockenheiten und Verlusten bei den Pflanzen.
Welche Erinnerungen haben Sie an den Fricktaler Garten Ihrer Grossmutter in Hellikon?
Der Garten meiner Grossmutter war ein typischer Bauerngarten, eine Mischung aus Blumen- und Gemüsebeeten, der eine grosse Bedeutung für die Ernährung der Familie hatte. Ich erinnere mich, wie mir meine Grossmutter erzählte, dass sie manchmal abends im Dunkeln noch draussen gearbeitet hat, weil es einfach sein musste. Ein prägender Garten für mich war auch der grosse Garten meiner Mutter in Wölflinswil, wo ich als Kind gespielt habe und fürs Giessen der Tomaten zuständig war.
Wie lange haben Sie an Ihrem neuen Buch gearbeitet?
Rund ein Jahr habe ich gebraucht, um mich um die Finanzierung zu kümmern. Das war schwierig, es gibt keine Lobby für Gartenkultur. Im Frühling 2023 habe ich mit den Gartenbesuchen angefangen und war innerhalb eines Jahres in allen 26 Kantonen. Total habe ich rund 70 Tage in Gärten verbracht. Das Schreiben nahm dann zusätzlich viel Zeit in Anspruch, aber ich habe die Stunden nicht gezählt.
Was hat Ihnen besonders gefallen bei den Vorort-Besuchen?
Einmal mehr die Vielfalt und Geschichte der Schweiz zu erleben. Von den grossen blütenreichen Parks im Tessin bis zu den kleinen Kräutergärten im Appenzellerland gibt es so viel zu entdecken. Was mich auch immer wieder fasziniert, ist das Kennenlernen der unterschiedlichen Gärtnerinnen und Gärtner.
Was sind die Herausforderungen beim Schreiben eines Gartenführers?
Jeder Garten hat seine eigene Geschichte und es ist mir wichtig, dass ich jeden Garten treffend und auf seine Eigenheiten eingehend beschreiben kann.
Jede Region hat ihre eigene Gartenkultur. Was zeichnet den Aargau aus? Was das Baselbiet?
Im Aargau gibt es Gärten aus verschiedenen Jahrhunderten zu sehen, angefangen bei zwei bedeutenden mittelalterlichen Klostergärten. Im Kloster Fahr wird der Garten immer noch von der Klostergemeinschaft betrieben und die Gärten auf der Klosterhalbinsel Wettingen sind in grossen Teilen original erhalten. Dann gibt es Anlagen aus der Habsburger- und Patrizierzeit wie etwa auf Schloss Wildegg und Gärten aus der Epoche der Industrialiserung – allen voran die Parkanlage der Villa Boveri in Baden. Im Baselbiet sind einerseits einige bemerkenswerte englische Landschaftsgärten zu sehen wie die Ermitage in Arlesheim, andererseits verfügt die Region über einige aktive Gärtnerinnen und Gärtner, die gut vernetzt sind und mit ihrer Begeisterung andere anstecken.
Wie ist Ihr eigener Garten in Rosshäusern gestaltet?
Ich versuche Bestehendes von ehemaligen Besitzern in Ehren zu halten und auf unsere Bedürfnisse abgestimmt, weiterzuentwickeln. Es hat einen grossen Nutzgarten, aber auch Lebensraum für Insekten und Kleintiere. Mein Garten ist noch nicht da, wo ich gerne hinmöchte, aber er ist sich am Entfalten. Am wichtigsten ist mir, dass er mir grosse Freude macht und mein Ausgleich ist.
Was ist Ihre Lieblingsarbeit?
Vieles. Ich schneide im Frühling gerne die Bäume. Da ich gerne ernte, gefällt mir auch das Anpflanzen und Ausprobieren von neuen Gemüsesorten. Auch jäten und kompostieren mag ich. Das Rasenmähen habe ich an einen Jugendlichen aus dem Dorf ausgelagert, da ich diese Arbeit nicht gerne mache.
Gibt es den ultimativen Gartentipp, welchen Sie den NFZ-Leserinnen und Lesern für den Frühling mitgeben können?
Ich plädiere immer für Gelassenheit dem Garten gegenüber. Ich erlebe immer wieder Gartenbesitzer, die verkrampft sind und Angst haben, dass sie das oder jenes zu spät in Angriff nehmen oder etwas verpassen. Ich finde es wichtig, dass ein Garten ein Ort der Freude, des Ausgleichs und der Inspiration bleibt. Ein Garten verzeiht vieles; auch die Tiere freuen sich, wenn nicht immer alles perfekt aufgeräumt ist.
Gartenführer Schweiz
Auf 464 Seiten werden 330 Gärten und Parks aus allen Kantonen vorgestellt, darunter berühmte Gärten, aber auch unbekannte Privatgärten. Kurze Einführungen stellen die regionalen Gartenkulturen vor, die botanischen und gestalterischen Besonderheiten und erzählten von den Eigentümern und Erschaffern. Enthalten ist auch ein Informationsteil mit Adressen, Terminen und Festivals. Der Gartenführer erscheint Ende März im AT-Verlag. Porträtiert werden zum Beispiel der Privatgarten Nägelin aus Herznach, der schweizweit bekannte Garten von Hans Massler aus Linn sowie diverse Gärten aus der Region Wintersingen/Gelterkinden.
Menschen und Gärten
Sarah Fasolin ist in Wölflinswil aufgewachsen und immer noch sehr mit dem Fricktal verbunden, obwohl sie schon seit vielen Jahren zusammen mit ihrer Familie in der Nähe von Bern wohnt. Sie arbeitet als Gartenjournalistin und freischaffende Biografin. Sie schreibt am liebsten über Menschen und Gärten, für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften und hält schweizweit Vorträge zum Thema Garten.
Weitere Infos: www.sarahfasolin.ch