Gemeinde muss Alterszentrum retten
14.01.2025 KaiseraugstWeil es eilt: ausserordentliche Gemeindeversammlung in Kaiseraugst
Die Stiftung, welche das Alterszentrum Rinau-Park in Kaiseraugst betreibt, ist in einer finanziellen Schieflage. Ohne die Unterstützung der Gemeinde droht die Zahlungsunfähigkeit. Am 29. Januar entscheiden die ...
Weil es eilt: ausserordentliche Gemeindeversammlung in Kaiseraugst
Die Stiftung, welche das Alterszentrum Rinau-Park in Kaiseraugst betreibt, ist in einer finanziellen Schieflage. Ohne die Unterstützung der Gemeinde droht die Zahlungsunfähigkeit. Am 29. Januar entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über ein Darlehen von sieben Millionen Franken.
Valentin Zumsteg
Die Lage ist ernst, um nicht zu sagen dramatisch: «Wenn wir der Stiftung das Darlehen nicht gewähren, dann droht die Insolvenz und das Alterszentrum Rinau-Park geht hops», erklärt Markus Zumbach, Vizegemeindepräsident von Kaiseraugst. Mitte 2024 hat der Gemeinderat davon erfahren, dass die Stiftung Rinau-Park, welche das gleichnamige Alterszentrum betreibt, in finanziellen Schwierigkeiten steckt. «Damals gingen wir von einem Finanzbedarf von rund vier Millionen Franken aus», so Zumbach. Seit Mitte Dezember ist aber klar, dass es bis zu sieben Millionen braucht, um die Situation zu stabilisieren.
Konkurs droht
Wie konnte es soweit kommen? Das hat verschiedene Gründe: Die Stiftung hat 2021 mit einem Neubau-Projekt begonnen. Es umfasst ein Pflegeheim mit 65 Betten, das 2023 bezogen werden konnte, sowie zwei Häuser für betreutes Wohnen mit 30 Wohnungen, die im Sommer in Betrieb gehen. Zum Baubeginn war mit Kosten von total 50,1 Millionen Franken gerechnet worden. Wegen der gestiegenen Teuerung, höheren Materialkosten sowie einer Erhöhung der Mehrwertsteuer wird aktuell mit einer Überschreitung der Baukosten um rund fünf Millionen Franken gerechnet.
Da die Stiftung über wenig Eigenkapital verfügt, musste das Bauprojekt zu 90 Prozent fremdfinanziert werden. Das hat zur Folge, dass zur Amortisation der Kredite jedes Jahr rund eine Million Franken an die Bank zurückbezahlt werden muss. Hier beginnt das zweite Problem: In den vergangenen zwei Jahren konnte das prognostizierte Betriebsergebnis nicht wie geplant erreicht werden. Deshalb entsteht ab Frühjahr 2025 ein Liquiditätsengpass. Konkret bedeutet dies, dass die Stiftung ohne Hilfe ihre Rechnungen in ein paar Monaten nicht mehr bezahlen könnte und ein Konkurs drohen würde. «Die Stiftung Rinau-Park ist deshalb auf zusätzliche Mittel von maximal sieben Millionen Franken angewiesen. Als Geldgeberin kommt nur die Gemeinde in Betracht», erklärt Markus Zumbach.
«Wir wollen keinen Scherbenhaufen»
Um ein entsprechendes Darlehen (mit Nachrangvereinbarung) bewilligen zu lassen, wird am 29. Januar eine ausserordentliche Gemeindeversammlung durchgeführt. Dies ist nötig, weil es im Hinblick auf den drohenden Liquiditätsengpass eilt. Haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger angesichts der Lage überhaupt eine Wahl, etwas anderes als Ja zum Darlehen zu sagen? «Eigentlich nicht», meint Markus Zumbach. «Alles andere als ein Ja wäre ein Desaster, sowohl für den Rinau-Park als auch für die Gemeinde Kaiseraugst. Als Gemeinde sind wir verpflichtet, für die Langzeitpflege der Bewohnerinnen und Bewohner etwas anbieten zu können. Wir wollen keinen Scherbenhaufen.» Er betont, dass wegen des Darlehens der Steuerfuss nicht erhöht werden müsste.
Die Einwohnergemeinde Kaiseraugst ist bislang mit einem Darlehen von 500 000 Franken und einer Solidarbürgschaft über zehn Millionen Franken in das Neubauprojekt der Stiftung involviert. «Mit dem Darlehen über sieben Millionen Franken minimieren wir das Risiko, dass die Solidarbürgschaft über zehn Millionen Franken zum Tragen kommt», erklärt Zumbach. Das neue Darlehen soll vorerst zinslos und längstens über 35 Jahre gewährt werden. Der Gemeinderat hat aber auch klare Forderungen: Der Stiftungsrat muss künftig halbjährlich über den Geschäftsgang informieren. Es soll zudem geprüft werden, ob die Rechtsform der Stiftung noch das Richtige ist. Markus Zumbach: «Die Einwohnergemeinde möchte aufgrund ihres finanziellen Engagements eine angemessene Vertretung erhalten.» Bislang ist sie nur mit einem Gemeinderat im Stiftungsrat vertreten.
«Der Businessplan ist optimistisch»
Um eine neutrale Aussensicht der finanziellen Situation der Stiftung Rinau-Park zu erhalten, hat der Gemeinderat von einem spezialisierten Unternehmen eine Analyse erstellen lassen: «Zusammengefasst ist der Businessplan der Stiftung als optimistisch zu bezeichnen. Er basiert auf einer hohen Betriebsauslastung (zirka 96 Prozent), einer überdurchschnittlichen Personaleffizienz und Taxen im oberen Bereich», heisst es in der Botschaft zur Gemeindeversammlung. Kommt hinzu: Die Abschreibungen auf den Liegenschaften sind mit einer maximalen Zeitdauer gerechnet und es sind keine wesentlichen Rückstellungen für Unterhalt und Erneuerungen vorgesehen. «Dies bedeutet, dass die Stiftung im Moment über keine Möglichkeiten verfügt, selbst innert nützlicher Frist genügend Eigenkapital respektive Liquidität zu erwirtschaften», heisst es weiter. Gemäss Gemeindeschreiber Rolf Dunkel liegt die Auslastung aktuell bei rund 100 Prozent.
Zu den geringen Eigenmitteln der Stiftung gibt es eine Vorgeschichte: Die Gebäude des Altersheims wurden 1989 nicht zum Verkehrswert in die Buchhaltung des Altersheims aufgenommen. Dadurch wurden Taxen ohne den Kostenbestandteil «Gebäude» erhoben; die Refinanzierung der Gebäude wurde nicht berücksichtigt. «Die Bewohnerinnen und Bewohner hatten somit in der Vergangenheit einen günstigen Tarif, weil die Amortisation der Gebäude in den Taxen nicht berücksichtigt war», hält die Gemeinde fest. Der Verein Alterswohnheime bildete somit bis zur Gründung der Stiftung nur wenig Eigenkapital. 2018 hat die Stiftung das Gebäude des Altersheims im Rahmen einer Schenkung von der Einwohnergemeinde erhalten. Die Stiftung ist aber nie mit genügend Eigenkapital ausgestattet worden. Künftig wird eine Erhöhung der Tarife wohl unumgänglich sein.
Ortsbürger sind auch involviert
Nicht nur die Einwohnergemeinde muss sich mit dem Thema befassen, sondern auch die Ortsbürger. Sie werden am 29. Januar ebenfalls eine ausserordentliche Versammlung durchführen. Das Land, auf dem das Alterszentrum Rinau-Park steht, gehört den Ortsbürgern. Weil beim Neubau leicht verunreinigtes Erdreich und ein Brunnenschacht entdeckt wurden, sind zusätzliche Kosten entstanden. Wegen des belasteten Standorts verursachte zudem ein provisorischer Parkplatz, der während der Bauzeit zur Verfügung stand, zusätzliche Ausgaben. All dies summiert sich auf knapp 910 000 Franken. Diese Kosten soll die Ortsbürgergemeinde als Landbesitzerin übernehmen – dadurch würde die Rechnung der Stiftung ebenfalls entlastet. (vzu)